Aus der Pistole geschossen

Im Innenausbau und bei der Montage sind Nagelpistolen für vieles anwendbar. Bild: Bea Gruppe

Nageln.  In Schreinereien und auf Baustellen werden Nagelpistolen oft stiefmütterlich behandelt. Zu Unrecht, denn der richtige Nagler ist in fast jeder Situation einsetzbar. Die Auswahl ist gross und die Technologien sind unterschiedlich. Ein Überblick.

«Schreiner nageln nicht», lautet einer der Grundsätze, welcher den Schreinerlernenden meistens sehr schnell vermittelt wird. Denn für Eckverbindungen setzt der Schreiner Zapfen, Zinken und Dübel in Verbindung mit Klebstoffen ein und wenn es gar nicht anders geht, kommt eine Schraube zum Einsatz. Dennoch, es gibt wohl kaum eine Schreinerei, in der nicht mindestens eine Nagelpistole zu finden ist. Ganz so konsequent sind die Schreiner also doch nicht, wenn es um das Nageln geht. Immerhin verwenden sie schon seit Langem Nägel zum Befestigen von Verkleidungen, Zier- und Glasleisten, Täfer sowie Beschlägen.

Heute braucht man Nagelpistolen in der Werkstatt hauptsächlich noch für das Befestigen von Rückwänden und Schubladenböden, den Zusammenbau von Sockeln oder das Heften von kleineren Teilen. Gemäss den Anbietern von Nagelpistolen und Zubehör ist die Nachfrage in diesem Bereich aber zurückgegangen. «Durch die CNC-Technologie werden heute viel mehr Teile gedübelt oder eingenutet, da braucht es nicht mehr so viele Klammern», sagt Stefan Wey. Er ist Verkaufsleiter Befestigungstechnik bei der Arthur Bründler AG in Ebikon LU. Hinzu komme, dass man heute auch schneller mal zu Schrauben greife.

Dezent befestigen

Im Holzbau hingegen ist das Nageln nach wie vor ein grosses Thema, insbesondere aufgrund des Elementbaus. Dort können die Nagelpistolen ihre Stärken voll ausspielen: Durch die hohe Schusskadenz lässt sich eine grosse Anzahl Laufmeter verhältnismässig günstig abarbeiten. Ähnlich sieht die Situation im Innenausbau und Trockenbau aus. Überall dort, wo grössere Flächen beplankt werden müssen, ist man mit der Nagelpistole unschlagbar schnell. Hinzu kommt, dass mit schlanken Stauchkopf-Nägeln oder Stiften verschiedenste Teile sehr dezent, aber dennoch effizient befestigt werden können. Das macht sie gerade für jene Anwendungen interessant, wo Schrauben schlicht zu grob und zu umständlich sind.

Nageln in speziellen Situationen

Im Segment der Nagelpistolen hat sich in den letzten Jahren auf verschiedenen Ebenen so einiges getan. Insbesondere für spezielle Anwendungen haben die Hersteller verschiedenste Nagler auf den Markt gebracht. Von KMR gibt es zum Beispiel einen speziellen Nagler für das Befestigen von genuteten Akustikplatten. Möglich macht dies ein dünner Kopf, der in die Nuten passt. Die Sicherung ist ebenfalls für diese Anwendung konstruiert. Ausgerüstet mit einer Rolle, kann man den Kopf durch die Nut führen, ohne die Oberfläche zu zerkratzen. Gemäss Stefan Wey gibt es inzwischen für fast jeden Anwendungsfall eine Nagelpistole. «Und sonst bieten die Hersteller sogar individuelle Modifikationen an.»

So hat Bostitch eine Nagelpistole für das Befestigen von Glasleisten entwickelt. Diese kann sehr nahe am Glas im Falz der Glasleiste angesetzt werden. Beim Eintreiben wird der Nagel so geführt, dass er leicht nach innen gebogen wird. So ist sichergestellt, dass der Nagel nicht das Glas trifft. Zudem treibt nicht Druckluft, sondern ein Akku den Nagler an.

Fortschritte im Akku-Bereich

Beim Thema Akku-Nagler rümpfen so manche Anwender die Nase. Tatsächlich waren solche Geräte in der Vergangenheit teilweise zu wenig zuverlässig oder nicht genügend leistungsfähig. Hinzu kommt das grössere Gewicht aufgrund des Akkus und des Elektromotors. Mittlerweile hat aber die Akku-Technologie bekanntlich grosse Fortschritte gemacht und Hersteller wie Makita, Dewalt, Bosch, Bostitch und zuletzt Hikoki haben ihre Geräte weiterentwickelt oder neue auf den Markt gebracht. Hikoki verspricht bei seinem neuen Nagler mit «Air-Spring-System» sogar eine Eintreibgeschwindigkeit von bis zu zwei Nägeln oder drei Stiften pro Sekunde.

Unabhängig mit Gas

Schon länger verfügbar sind Gas-Nagler. Ähnlich wie bei einem Verbrennungsmotor wird im Zylinder ein Gas aus einer Kartusche mit Luft vermischt und gezündet. Dadurch sind relativ hohe Eintreibkräfte möglich, es gibt Geräte für Anwendungen in Stahl und Beton. Die Eintreibgeschwindigkeit liegt ebenfalls bei etwa drei Nägeln pro Sekunde. Vielen Benutzern passt aber der Geruch der Verbrennungsgase nicht. Aufgrund dieser dürfen Gas-Nagler nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen eingesetzt werden. Zudem benötigen die Geräte einen kleinen Akku für die Zündung und eine Gaskartusche. Die Kartuschen haben ein Ablaufdatum, welches beim Einkauf und der Lagerung beachtet werden muss. Hinzu kommt, dass es je nach Temperatur und Höhe über Meer zu Leistungseinbussen kommen kann.

Eine interessante Alternative hat Prebena im Sortiment: Das Unternehmen bietet Nagelpistolen an, welche mit Druckluftkartuschen betrieben werden. Mit dem passenden Kompressor kann man diese selber wieder auffüllen. Und es gibt sogar einen speziellen Adapter, mit dem die Kartuschen an alle Druckluftgeräte bis zehn Bar angeschlossen werden können.

Welches System für welchen Einsatz?

Spricht man mit Befestigungstechnik-Experten, ist das Ende der klassischen Druckluft-Nagler noch weit entfernt. Die Geräte haben sich bewährt, sind einfach im Aufbau sowie in der Handhabung und sie haben ein geringes Gewicht. «Dadurch sind sie sehr wartungsfreundlich und langlebig», sagt Stefan Wey. Ausserdem ist die Auswahl an Druckluft-Naglern und somit auch die Bandbreite an Stiften, Nägeln und Klammern weitaus am grössten.

Da ist die Frage berechtigt, ob sich die Investition in einen Akku- oder Gas-Nagler lohnt. «Für stationäre Anwendungen in der Werkstatt empfehle ich bis auf Weiteres normale Druckluftgeräte», sagt Wey. Denn in der Werkstatt stehe ja sowieso ein Druckluftnetz zur Verfügung.

Anders kann es auf der Baustelle oder in grossen Montagehallen aussehen: Muss man nur wenige Nägel an ständig wechselnden, verwinkelten oder schlecht zugänglichen Orten einschiessen, kann ein Gerät ohne Druckluftschlauch schnell sinnvoll sein. In solchen Situationen ist das ständige Umpositionieren des Kompressors und Verlegen der Schläuche im Verhältnis zur eigentlichen Arbeit sehr aufwendig.

Alternativen und Kompromisse

Einen Kompromiss stellt der Einsatz eines kompakten Akku-Kompressors dar. Diese Kompressoren machen mittlerweile einen guten Eindruck und man kann so bereits vorhandene Druckluft-Nagler relativ unabhängig einsetzen.

Eine weitere oft vergessene Alternative stellen Hand-Tacker und Hefthämmer dar. Für das Befestigen von Dampfbremsen, Folien, Vliesen und Abdeckmaterialien reichen diese meistens völlig aus. Insbesondere beim Heften von Dampfbremsen muss man aber darauf achten, dass der Hefthammer mit einer grossen Auflageplatte versehen ist. Diese verhindert eine Beschädigung der Folie durch das Aufschlagen.

Nagelpistolen warten

Ein reibungsloser und effizienten Einsatz setzt allerdings auch ein Minimum an Wartung voraus. Dies scheint aber in der Praxis nicht zu funktionieren. In den Reparaturabteilungen der Händler und Hersteller landen regelmässig Nagelpistolen in schlechtem Zustand. Selbstverständlich kann immer mal etwas kaputtgehen. «Häufig entstehen Schäden aber auch durch Fehler in der Handhabung und Wartung», erzählt Stefan Wey.

Ein Klassiker sind verbogene Treiber. Meistens geschieht dies, wenn sich im Nagler etwas verklemmt – beispielsweise, weil man die falschen Nägel eingesetzt hat. Wird dann einfach weitergenagelt, kann es sein, dass der Treiber verbogen wird. Im schlechtesten Fall führt dies dann auch zu einer Beschädigung des Zylinders oder Kolbens. Bei Druckluft-Geräten kommt es zudem immer wieder vor, dass diese nicht richtig oder mit dem falschen Öl gewartet werden. Falsche Schmierstoffe können die Dichtungen und Gummipuffer angreifen. Ein weiteres Problem ist Kondenswasser im Druckluftsystem: «Die Feuchtigkeit kann mit der Zeit zu Verkalkungen in der Nagelpistole führen», sagt Stefan Wey.

Aber Achtung: Akku-Nagler dürfen auf keinen Fall geölt werden. Sie enthalten bewegliche Teile, welche in geschmiertem Zustand nicht mehr richtig funktionieren. Das Öl könnte zudem in die elektronischen Bauteile oder den Elektromotor gelangen und dort zu Schäden führen.

Ebenfalls kein zusätzliches Öl benötigen Gas-Nagler. Bei diesen Geräten ist der Schmierstoff dem Gas beigemischt, der so in den Zylinder gelangt.

Sicherheit geht vor

Bei Problemen oder Schäden lohnt es sich also, seinen Händler oder Hersteller um Rat zu fragen oder den Nagler gleich in den Service zu geben. Stefan Wey erlebt immer wieder Fälle, in denen selber rumgebastelt und das Problem noch verschlimmert wurde. «Dann wird die Reparatur meistens noch teurer oder sie lohnt sich erst gar nicht mehr und man muss einen neuen Nagler kaufen.» Nicht zuletzt geht es bei Nagelpistolen auch immer um die Sicherheit. Selbst wenn Bilder mit angeklammerten Fingern auf den ersten Blick lustig erscheinen – solche Verletzungen sind schmerzhaft und können böse enden. Das Tragen eines Gehörschutzes und einer Schutz- brille ist beim Einsatz von Nagelpistolen Pflicht. Hilfreich beim sicheren Umgang mit diesen Geräten ist die Suva-Checkliste «Nagel- und Klammerpistolen», Bestellnummer 67141.d.

Stärken kennen und einsetzen

Mit der passenden, gut gewarteten Nagelpistole am richtigen Ort kann somit auch der Schreiner ihre Vorzüge voll ausspielen. Wer sich mit dem Thema auseinandersetzt, wird schnell feststellen, dass sich aufgrund der immensen Auswahl an Stiften, Nägeln und Klammern Nagelpistolen auch für ganz bestimmte Spezialanwendungen oder Aufträge eignen können. Für einmalige Einsätze bieten die Händler und Hersteller auch Nagler zum Mieten an.

www.bruendler.chwww.bea-group.comwww.kmreich.comwww.hikoki.chwww.bostitch.ch

Häufige Fehlerquellen

Druckluft-Nagler

  • Falsche Nägel oder Klammern eingesetzt
  • Zu kleiner Durchmesser beim Druckluftschlauch
  • Luftdruck zu hoch eingestellt
  • Wasser im Kompressor
  • Kein oder falsches Öl

Gas-Nagler

  • Falsche Nägel oder Klammern eingesetzt
  • Akku nicht geladen
  • Gaskartusche abgelaufen
  • Gaskartusche falsch gelagert
  • Brennraum verschmutzt
  • Luftfilter verstopft

Akku-Nagler

  • Falsche Nägel oder Klammern eingesetzt
  • Akku nicht geladen
  • Gerät wurde geölt oder geschmiert

ph

Veröffentlichung: 21. März 2019 / Ausgabe 12/2019

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