Bei aller Transparenz wirklich sicher

Doppelschalteranlage der MS Protect AG auf der Bedienerseite mit seitlichem Fenster. Bild: MS Protect AG

Sicherheitsverglasung.  So manche Arbeitsplätze können zwischendurch der Gefahr von Gewalteinwirkungen von aussen ausgesetzt sein, weshalb diese gezielt geschützt werden müssen. Den heutigen Hochsicherheitsglaslösungen sind dabei kaum mehr Grenzen gesetzt.

Viele Situationen im täglichen Leben verlangen nach Fenstern, die mehr Schutz als nur den gegen Wind und Wetter bieten. Das reicht von der «kleinen Sicherheit» gegen den Fussball der Nachbarkinder, über die Absturzsicherung, bis hin zum Einbruch-, dem Brandschutz und sogar der Durchschusshemmung. Schön ist, dass moderne Gläser mit erhöhten Sicherheitseigenschaften weder den Lichteinfall noch eine optimale Durchsicht beeinflussen. Sie wirken auch sonst nicht anders als normale Scheiben, ausser vielleicht was ihre Dicke betrifft. Die Dicke der Elemente nimmt in der Regel mit dem Schutzanspruch zu, der situativ gestellt wird.

Ziel der Sicherheit

Laut Schweizerischem Institut für Glas am Bau (Sigab), mit Sitz in Schlieren ZH, können Sicherheitsgläser im Sinne der Verletzungshemmung (Safety) oder des Personenschutzes (Security) betrachtet werden. Jeder ist froh, dass Autowindschutzscheiben auch den Aufprall kleiner Steine aushalten. Und, wenn sie doch zerbrechen, fallen sie nicht zusammen und ermöglichen weiter die Durchsicht, damit noch kontrolliert angehalten werden kann (Security). Hier reicht noch ein Verbundsicherheitsglas (VSG) mit entsprechender Verbindungsfolie zwischen den zwei ungehärteten Gläsern. Da grosse Glasscherben scharfkantig sind, werden die Seitenfenster aus gehärtetem Einscheibensicherheitsglas (ESG) gefertigt. Ihre Eigenspannung macht sie äusserst widerstandsfähig – und, wenn sie doch einmal brechen, zerfallen sie in kleine Teile, die keine scharfen Kanten aufweisen (Safety).

Verbundsicherheitsglas und mehr

Wenn von Security-Gläsern die Rede ist, wird in der Regel Glas in einem Verbund mit Spezialfolien oder auch mit Polycarbonatscheiben zu Verbundsicherheitsglas (VSG) oder zu Panzerglas (PZB) zusammengefügt. In einzelnen Fällen können besonders weiterverarbeitete Einzelscheiben oder besondere Zwischenlagen zum Einsatz kommen. Das ist herstellerabhängig.

Von VSG wird in der Regel im Zusammenhang mit Einbruchhemmung und Einbruchsicherheit gesprochen und von PZB im Zusammenhang von Beschuss- und Explosionshemmung.

Die Sicherheit des ganzen Systems

Solche Sicherheitslösungen sind, wie beim Brandschutz, Systemlösungen, also eine Kombination von Bauteilen, die als Gesamtes die Anforderungen an die Prüfnorm erfüllen müssen. Insbesondere diejenigen, die über die reguluären Einwirkungen und Belastungen hinaus gehen. So werden Glaselemente für sich geprüft und zertifiziert. Ebenso muss aber jeweils auch noch das ganze System einer Prüfung unterzogen werden. Die Vetrotech Saint-Gobain International AG mit Sitz in Flamatt FR beschreibt das so: «Rahmen, Profil, Dichtungen, Verklotzung, Wandanschluss sowie darüber hinaus Wandkonstruktion und Einbauweise müssen immer ganzheitlich betrachtet und aufeinander abgestimmt werden, sodass das Ergebnis am Ende stimmt und die gewünschten Widerstandsklassen erreicht werden.»

Hochsichere Schalteranlagen

Wenn die Firma MS Protect AG mit Sitz in Lenggenwil SG beispielsweise Schalteranlagen baut, dann geschieht das je nach Anforderung vom Boden bis zur Decke in der gewünschten Widerstandsklasse. Das betrifft auch den Glaseinsatz und allfällige Verbreiterungen der Metallkonstruktion. Holzverkleidungen und Korpusmöbel vom Schreiner sorgen dann noch für die stimmige optische und auch haptische Erscheinung sowie den bürotypischen Gebrauchswert.

Notwendig sind solche Schalter im öffentlichen Sektor – also bei Steuerverwaltungen, Betreibungs- sowie Sozialämtern, in der Justiz, der Polizei und dergleichen. Dazu kommen noch zum Beispiel Rechenzentren, Banken, Auktionshäuser und in der Gesundheitsbranche die Notaufnahmen und Empfangsschalter.

«Mitarbeitende in unterschiedlichen Berei-chen sind an der Front immer wieder mit aussergewöhnlichen und zum Teil auch gefährlichen Situationen konfrontiert. Hier gilt es, die Situationen nebst einer guten Sicherheitsschulung auch durch physische Sicherheitsmassnahmen zu entschärfen», weiss Patrick Manser von der MS Protect AG. Bei diesen Massnahmen müssen dann in einem solchen Raum auch alle anderen Zugänge, Verbindungen, Fenster und Wände berücksichtigt werden.

Sandwichaufbauten

Die Glashersteller arbeiten bei den meisten Sicherheitsglaselementen mit Schichten aus verschiedenen Glasqualitäten und Kunststoffen in unterschiedlichen Stärken. Dabei kommen auf die Bedürfnisse abgestimmte Verbindungsfolien zum Einsatz, um die jeweiligen Anforderungsziele dann mit der Summe des ganzen Elementes zu erreichen. Beispielsweise bei Paniktüren, die eine grosse Glasfüllung haben, die in den Bereich von Drücker oder Panikstange reicht, werden besondere Auflagen bezüglich Einbruchschutz gestellt, da ein kleines Loch im Glas reicht, um die Tür von aussen zu öffnen. Ein VSG mit zäh-elastischer Polycarbonateinlage verhindert genau das. Die Flachglas Schweiz AG mit Sitz in Wikon LU bietet eine zertifizierte VSG-Lösung nur aus Glas und Folien an. Dieses erreicht auch so die Sicherheitsklasse P6B.

Mit Axtschlägen geprüft

Die Firma Glas Marte GmbH in Bregenz (A) prüft die Widerstandsklassen nach SN EN 356 wie folgt:

  • Durchwurfhemmende Verglasungen gehen von P1A bis P5A und werden mit einer fallenden 4,11 kg schweren Stahlkugel geprüft.
  • P6B bis P7B gelten als durchbruchhemmend und müssen 31 bis 70 Axtschläge aushalten.
  • Bei P8B hält das 25 mm dicke Glaselement von Marte 12 schweren Hammerschlägen als Vorschädigung und danach mindestens 71 Schlägen mit einer Axt stand.

Durchschusshemmende Glaselemente werden nach SN EN 1063 mit drei beieinanderliegenden Schüssen getestet. Diese Klassen reichen von BR1, das für leichte Handfeuerwaffen ausgelegt ist, bis BR7, das militärische Munition abwehren kann, sowie SG1 und SG2. Die Unterschiede liegen in der Dicke des Glases und den verwendeten Materialien. Die Norm unterscheidet zwischen nicht splitternden Verglasungen (NS) und Typen, die auf der Schutzseite einen Splitterabgang (S) aufweisen.

Grosse Kombinationsmöglichkeiten

Vetrotech Saint-Gobain weist auf die Vorteile der Schichtaufbauten hin: Jedes Sicherheitsglas kann auch in einer Isolierverglasung verwendet werden oder lässt sich mit einem Brandschutzglas kombinieren – auch im Innenbereich. Als Isolierverglasung sind zudem praktisch alle Beschichtungen im Fassadenbereich möglich. Manche neuen Entwicklungen haben zu dünneren und auch deutlich leichteren Elementen geführt, was das Gesamtsystem entlasten kann.

www.sigab.chwww.vetrotech.comwww.msprotect.comwww.flachglas.chwww.glasmarte.at

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 05. Juni 2025 / Ausgabe 23/2025

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