Lösungen für alle Fälle

Die Fenster der Villa Frohberg in Winterthur haben VIG von der Fensterbauer Vogel AG bekommen. Dadurch konnten die alten Bauteile ertüchtigt und erhalten werden. Bild: Vogel Fensterbauer AG

Vakuumisolierglas.  Mit hervorragenden thermischen und akustischen Eigenschaften stellen Vakuumisoliergläser eine Alternative zur Dreifachverglasung dar. Bei der Ertüchtigung von historischen Fenstern spielen die Gläser ihre Vorteile immer öfter aus.

Routine gibt es für Erich Gschwend und Davide Menegola bei der Vogel Fensterbauer AG praktisch kaum. Das Unternehmen in Goldach SG hat sich auf historische Fenster spezialisiert. In der Werkstatt werden diese originalgetreu nachgebaut oder ertüchtigt und wiederhergestellt. Und da der Denkmalschutz bei den Restaurierungsprojekten oft ein Wort mitzureden hat und Vogel in der ganzen Schweiz tätig ist, liegt jeder Fall ein wenig anders. Davon zeugen auch die zahlreichen Exponate an historischen Fenstern, die man seit fast 50 Jahren sammelt und in einem Museum zeigt.

Vakuum als erste Wahl

Alte Fenster energetisch zu ertüchtigen, ist ein anspruchsvolles Unterfangen. Dabei kommen immer öfter Vakuumisoliergläser zum Einsatz. Welches Glas im konkreten Fall eingesetzt wird, hängt massgeblich von den spezifischen Anforderungen sowie den Dimensionen des bestehenden Fensters ab. Bei Vogel Fensterbau liegt die Priorität im Erhalt des historischen Bestands. «Besondere Sorgfalt ist bei der Bearbeitung geboten, um die ursprünglichen Profilierungen zu bewahren. Zu tiefe Fräsungen können die feinen Details unwiederbringlich zerstören. Zudem führen geneigte Profilierungen bei zu tiefer Ausfräsung schnell zu einer Vergrösserung des Lichtmasses», erklärt Projektleiter Menegola die Zusammenhänge. Auch die Befestigung von Beschlägen muss bei der Bearbeitung immer im Blick behalten werden.

Oft ist eine energetische Ertüchtigung von Fenstern in schützenswerten Gebäuden wegen der nötigen Dicke der Gläser nur mit einer Aufdoppelung möglich. Das verändert den Querschnitt und damit auch das Erscheinungsbild. Dreifachisolierglas sei oft nicht erlaubt oder nicht ratsam, bemerkt Menegola.

Eine wirksame Wärmedämmung ohne Aufdoppelung lässt sich etwa mit Vakuumisolierglas (VIG) umsetzen. Die Vogel Fensterbauer AG verwendet dafür das VIG Fineo von AGC. Bei VIG ist es hinsichtlich der Wärmedämmung unerheblich, welche Stärke das Glas und das Vakuum haben. Wenn ein Flügel anstelle einer Einfachverglasung mit 4 Millimeter Stärke ein Fineo-Vakuumglas mit 6,7 Millimeter Dicke erhält, verbessert sich der Ug-Wert von 6 auf 0,7 W/m2K. Der Aufwand einer Aufdoppelung und die sich daraus ergebenden Herausforderungen lassen sich so manchmal umgehen.

Ist eine noch bessere Wärmedämmung gefordert, verwendet Vogel das Hybridglas. Dabei wird das Fineo-VIG in eine Isolierglaseinheit integriert und ersetzt in diesem die zweite Scheibe. So erhält man einen Ug-Wert von ≤0,5 W/m2K.

Daneben gibt es oft noch weitere Ansprüche, wie etwa die Integration eines Goethe-Glases. Und damit rücken Einbautiefe und Glasgewicht auch bei VIG für den Praktiker in den Fokus. Während das Gewicht eines VIG von den meisten alten Rahmen getragen werden kann, wird es bei der Hybridvariante oder mit weiteren Scheiben schlicht schwer. Denn dann hat man es mit dem drei- bis vierfachen Gewicht der ursprünglichen Scheibe und auch mit einer ansehnlichen Glasdicke zu tun. Die Einschätzung der Tragfähigkeit alter Beschläge wie die typischen Winkelbänder und die Befestigung der Beschläge brauchen Erfahrung. Die Güte der Eckverbindungen und der Querschnitt nach dem Fräsen sind weitere Parameter bei der Beurteilung der Massnahmen zur Ertüchtigung.

VIG der nächsten Generation

Einfacher ist es, wenn nur ein VIG verwendet wird. Das Gewicht in Kilogramm eines VIG lässt sich übrigens einfach nach der Formel Fläche in Quadratmeter × Glasstärke in mm × 2,5 als Faktor für die Dichte des Glases berechnen und so schnell abschätzen, welches Gewicht auf einen Flügel einwirkt.

In den letzten Jahren wurde in den Fachmedien und von Fachleuten immer wieder auf das Potenzial von VIG hingewiesen. So richtig durchstarten konnte die Technologie jedoch bislang nicht. Hilfreich könnte sein, dass die VIG von Fineo, einer Tochter von AGC in Europa, produziert werden. Am Standort in Belgien wird auch weiter investiert. In der Schweiz ist die Starwall Glass GmbH in Moutier BE für den Vertrieb von Fineo zuständig. Andere Angebote an VIG haben ihren Ursprung in der Regel in China, Taiwan oder Südkorea. Auch Japan soll die Technologie nutzen.

Die Produktion von Fineo unterscheidet sich von den Herstellungsverfahren anderer VIG. Dabei wird eine Floatglasscheibe mit derzeit maximal 2,5 × 1,5 Metern wie beim Nesting mit den gewünschten Formaten eingeteilt. Jede gewünschte Form ist dabei möglich. Die Abstandhalter werden platziert, und die Randpartie eines jeden VIG und der «Nestingscheibe» wird mit einer Masse aus Keramik und Glas umfahren. Dann wird die zweite Scheibe aufgelegt, das Ganze wird unter Hitze gepresst und die Luft dabei durch kleine nicht benetzte Stellen an den Rändern herausgezogen. Dabei verschliesst sich diese Evakuierungsöffnung während der Pressdauer. Am Ende werden die VIG mittels Wasserstrahl herausgetrennt. Dank diesem besonderen Verfahren mit der Glasverschmelzung sprechen Glasexperten von einer Fusion und nicht mehr von einem Randverbund. Durch diese Verschmelzung der beiden Scheiben werden diese im Grunde zu einem Glas, und der unansehnliche Evakuierungsstopfen auf der Fläche fällt weg.

Der Preis wiegt schwer

Diese Einheit hilft offensichtlich auch bei der Schalldämmung. Gegenüber einer Dreifachverglasung fällt diese mit 35 dB etwas höher aus, wie auch die Lichtdurchlässigkeit von 79 % einen guten Wert darstellt.

Das besondere Herstellungsverfahren von Fineo hat noch weitere Vorteile. Durch den festen Verbund der beiden Scheiben kann man von einer dauerhaften Dichtigkeit des VIG ausgehen. Das ist ein entscheidender Punkt, denn bei der Produktion von VIG ist die grösste Herausforderung, genau diese dauerhafte Dichtheit des Randverbundes sicherzustellen. Durch das Prozedere der Fusion scheint diese Aufgabe bewältigt. Die aufwendige Produktion bedingt allerdings auch Lieferzeiten von mehreren Wochen.

Bei der Produktion von Fineo kommen Floatgläser zum Einsatz, was wohl ebenfalls einzigartig ist. Auf einer derzeit entstehenden zweiten Produktionsstrasse sollen ab Spätsommer noch grössere VIG von bis zu 1,6 × 3,6 Meter produziert werden.

Die auf der Fläche sichtbaren und in der Vergangenheit oft als störend empfundenen Abstandhalter sind klein geworden. Je nach Lichteinfall sieht man diese oft gar nicht. Damit ist auch dieser Punkt kein Kriterium mehr gegen einen Einsatz von VIG. Schwarz hat sich als Farbe dabei durchgesetzt und ist weniger auffällig als Weiss oder Transparent. Als Vogelschutzglas kann VIG aber nicht dienen, denn dafür sind die Punkte schlicht zu klein.

Sind die VIG also doch die Eier legende Wollmilchsau in Sachen Glas für gut gedämmte Fenster? «Nein, das sind sie noch nicht», sagt Gschwend. Denn den vielen positiven Eigenschaften steht der noch hohe Preis entgegen. Dieser soll beim Zwei- bis Dreifachen einer Dreifachverglasung liegen. Hybridgläser oder andere Varianten mit Funktionsaufbau und VIG sind noch kostspieliger. «Wir bieten VIG inzwischen häufig an, und es kommt auch zunehmend zum Zuge. Der Preis ist allerdings noch häufiger ein Hinderungsgrund bei der Auswahl», erklärt Gschwend. Der Preis müsse deshalb runter und werde auch sinken, weil es eben immer öfter eingesetzt werde. Besonders häufig würden VIG in Holland und auf der britischen Insel verwendet. Dort ersetzen VIG die üblichen einfachen Scheiben. Wünschenswert wäre für Gschwend auch das Angebot eines noch breiteren Formates, damit die VIG auch bei der Ertüchtigung von Schaufensterscheiben eingesetzt werden können.

«Aktuell haben wir ein Objekt, bei dem wir 200 VIG einbauen. Das ist schon enorm und widerspiegelt eine zunehmende Verbreitung der Vakuumgläser», erklärt Gschwend. Diese würden sich etablieren, zeigt sich der Experte überzeugt. 2020 habe Vogel Fensterbau mit dem Einsatz von VIG angefangen, und inzwischen kämen auch grössere Aufträge zustande. Auch seitens der Architektur würde die Entwicklung aufmerksam beobachtet. «In diesem Jahr kommen wir vielleicht auf 500 verbaute VIG», sagt Gschwend.

Neue Holzfenster mit VIG abseits des Restaurierungssegments würden ein völlig neu erdachtes Fenster bedingen. Die Schwierigkeiten lägen auch hier im Detail. So könne man zwar schlanke Rahmen umsetzen, aber dann hätte man Einbussen bei der Wärmedämmung. Ohnehin sei die fehlende thermische Trennung durch den Fusionsrand zu bedenken. Gespannt darf man trotzdem sein, wann das erste neu erdachte VIG-Fenster auf den Plan tritt.

www.vogel-fensterbauer.chwww.starwall-glass.chwww.fineoglass.eu

christian härtel

Veröffentlichung: 05. Juni 2025 / Ausgabe 23/2025

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