«Bitte ein Pack Strom zum Mitnehmen!»

Erst das Zusammenspiel von Akkupack und Maschine macht die gute Leistung aus. Illustration: Milwaukee

Akkusysteme.  Kabellose Geräte gehören heute zum ganz normalen Alltag. Gerade die technische Entwicklung bei den Akkupacks erlaubt ein immer entspannteres Arbeiten auf Baustellen und in schlecht zugänglichen Situationen. Und es wird immer noch mehr möglich.

Kaum ein Schreiner wird in der vergangenen Woche mehrere Schrauben nacheinander von Hand mit einem gewöhnlichen Schraubenzieher eingedreht haben. Dafür gibt es schon sehr lange Akku-Schrauber, die das viel schneller und ausdauernder können. Die anfänglich verwendeten Nickel- Cadmium-Akkus (Ni-Cd) wurden wegen des enthaltenen, giftigen Schwermetalls für den Verkauf verboten und von Nickel-Metall- hydrid-Akkus (Ni-MH) abgelöst. Mit diesen konnte sogar eine höhere Energiedichte erreicht werden. Das bedeutet dann weniger Gewicht und Volumen, bei gleicher Leistung. Heutige Lithium-Ionen-Akkus (Li-Ion) ermöglichen nochmals eine deutliche Steigerung. Mittlerweile gibt es Akkugeräte, die vergleichbaren, kabelgebundenen Geräten durchaus ebenbürtig sind. Und es geht dabei nicht nur um Schrauber und Bohrmaschinen.

Das chemische «Kraftwerk»

Strom, der aus der Steckdose kommt, wird irgendwo hergestellt und in ein Netz von Kabeln und Leitungen gespeist, welche diese Energie gut isoliert bis in die angeschlossene Handmaschine transportieren. Ist ein Kabel überlastet, erhitzt es und es kann zu einem Brand kommen, weshalb immer bessere Sicherungen eingebaut werden.

Akkus für Handmaschinen bestehen aus einer Anzahl Zellen, die optisch in etwa gewöhnlichen Haushaltsbatterien entsprechen, nur dass sie immer wieder aufgeladen werden können. Ihr chemischer Inhalt wird beim Aufladen so angeregt, dass ein Prozess beginnt, der elektrische Spannung aufbaut. Die elektronische Steuerung einer solchen Zelle ist hier die Sicherung, die vor Überlastung und Überhitzung schützt.

Die Explosionszeichnung rechts zeigt einen 18-Volt-Akku von Milwaukee mit 9,0 Amperestunden (Ah) – die Firma wird in der Schweiz von der Techtronic Industries Switzerland AG in Zollikofen BE vertreten. Auf drei Ebenen sind jeweils fünf Zellen fix in einem formschlüssigen Kunststoffgehäuse gehalten. Mit den seitlichen Leiterplatten und der Elektronik darauf steckt alles zusammen in einem robusten Aussengehäuse aus Kunststoff mit der Koppelungsmechanik sowie der Ladeanzeige. Der doppelte Rund- umschutz ist notwendig, damit diesem kleinen «Kraftwerk» im rauen Arbeitsumfeld nichts passiert. Die Firma zeigt bei einer Vorführung auch gleich, dass ein Fall aus zwei Metern Höhe noch keinen Schaden verursachen kann.

Ihr neuestes Akkusystem «High Output», welches seit 2018 auf dem Markt ist, verfügt über eine Elektronik, welche die Zellen einzeln überwacht und so die jeweilige Stromabgabe korrigiert. Die Zellen selbst sind zudem etwas grösser als beim Vorgängermodell, was alles zu einer hohen Netzleistung von 2200 W führt.

Die Sache mit der Leistung

Die Revotool AG aus Uetendorf BE vertritt unter anderem die Firmen Panasonic und Hikoki. Laut ihrer Aussage ist Panasonic der einzige Hersteller, welcher seine Zellen selber herstellt. Somit besteht der Unterschied bei den einzelnen Marken darin, wie diese Standardzellen angewendet werden und auf welche Weise die jeweilige Elektronik die Leistung abruft. Mittlerweile bauen alle Hersteller fast ausschliesslich 12- oder 18-Volt-Maschinen. Bei grösseren Geräten, wie mobilen Tischkreissägen, finden sich auch 36-Volt-Maschinen. Oft werden dann zwei 18-Volt-Akkus eingesetzt. Das Beispiel Milwaukee zeigt aber, dass auch für ein solches Gerät ein einzelner 18-Volt-Akku genügen kann, dann allerdings mit 12 Ah. Von Hikoki gibt es «Multivolt»-Akkus, die sowohl 18 als auch 36 Volt liefern.

Es zeigt sich somit: Wirkliche Leistungsvergleiche sind markenübergreifend kaum möglich. Innerhalb der gleichen Marke passen dafür in der Regel alle 18-Volt-Akkus auf alle 18-Volt-Maschinen, das Gleiche gilt im 12-Volt-Bereich. Je mehr Amperestunden (Ah) die Akkus aufweisen, desto grösser und ausdauernder ist die Leistung. Vergleicht man die neuesten mit etwas älteren Akkumodellen einer Firma, dann kann es allerdings sein, dass ein neues 3-Ah-Modell eine ähnliche Leistung wie das vorangegangene 5-Ah-Modell bringt.

Strom für viele Geräte

Viele neue Akkumodelle sind auch mit älteren Maschinen des gleichen Herstellers kompatibel, was dem Nutzer zusätzliche Vorteile bringt: So reduziert sich die Anzahl notwendiger Akkus und Ladegeräte. Beim Beispiel von Milwaukee sind diese Akkus noch mit Maschinen von 2008 kompatibel. Die Firma gibt zu bedenken, dass die Geräteleistung einerseits vom Aufbau des Akkupacks und dessen Elektronik, andererseits aber auch von der Geräteelektronik sowie der Motorentechnologie abhängt. Neue, bürstenlose Motoren erreichen eine sehr viel höhere Leistung als ihre Vorgänger. Zusammen mit dem neuesten Akkupack kann ein Netzkabel wirklich überflüssig werden.

Gefahren, die man kennen muss

Worauf alle Hersteller achten müssen, ist, dass die Zellen gut geschützt sind. Bei Revotool wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Akkus nie beschädigt oder ins Feuer geworfen werden dürfen. Eine verletzte Lithium-Zelle ist selbstentzündend und kann nicht mehr gelöscht werden, ausser durch den vollständigen Entzug von Sauerstoff. Auch Überlastung und damit Überhitzung kann dieses explosionsartige Brennen auslösen, weshalb die elektronische Steuerung so wichtig ist. Wird zu viel Strom abverlangt, muss der Akku automatisch abschalten und sich erholen.

Wann überhitzt eine Zelle ohne Überlastung? Bei der Fein Suisse AG in Dietikon ZH wird die optimale Umgebungstemperatur mit +5 bis +45 °C angegeben. Die Elektronik kann den Akku schon mal abschalten, wenn der im Sommer auf einem Blech auf dem Dach liegt. Da hilft dann etwas Schatten. Umgekehrt fällt die Leistungsfähigkeit bei tieferen Temperaturen. Ein Betrieb ist effektiv bis ca. –20 °C möglich. Da sich der Akku im Betrieb durch die Stromabgabe schnell erwärmt, kommt er sogar wieder auf die volle Leistung. Längeres Aufbewahren bei kalten Temperaturen schadet aber den Zellen. Ideal sind +5 bis +20 °C bei einer Ladekapazität von 40 bis 50 %. Der Akku sollte beim Lagern mit keinem Gerät verbunden sein. Die Spannung darf nie auf null Volt sinken. Deshalb schützt die Elektronik auch vor einer Tiefentladung. Durch Selbstentladung verliert ein Lithium-Ionen-Akku pro Monat ca. 3 bis 5 % seiner Ladung.

Erweiternde Möglichkeiten

Fein bringt im März das Schnellladegerät «ALG 80 BC» auf den Markt, das via Bluetooth und eine ebenfalls neue App hilft, die aufgesteckten Akkus zu verwalten. Man kann sich dann sogar «smart» informieren lassen, wie weit ein Akku schon geladen ist. Bis zu einer Ladekapazität von 80 % wird mit dem maximalen Ladestrom geladen. Die restlichen 20 % der Ladung erfolgen dann langsam und schonend. Bei Milwaukee spricht man davon, dass es für die 80 % etwas die halbe Ladezeit braucht. Eine höhere Lebensdauer für den Akku ist zu erwarten, wenn dieser weder ganz geleert noch ganz gefüllt wird.

Wie bei den Marken Bosch und Metabo gibt es auch bei Hikoki noch andere Gerätehersteller, die deren Akkus verwenden. Für diese ist es praktisch, dass Hikoki einen Akku-Rucksack und einen Netzadapter für 36-Volt-Maschinen anbietet, wenn wirklich viel Leistung gefordert ist.

Und wer für seine gut erhaltene, alte Maschine keinen originalen Akku mehr bekommt, sollte nach Firmen wie der Accu-swiss GmbH in Liestal BL Ausschau halten. Dort gibt es moderne Nachbauten.

Strom für einen Arbeitstag

Auch wer mit netzabhängigen Maschinen auf einer Baustelle arbeiten muss, ist nicht mehr von vorhandenen Steckdosen abhängig. Die Festool Schweiz AG in Spreitenbach AG bietet ganz neu Strom aus dem Gerätekoffer. Ihre «SYS-Powerstation» steckt in einem «Systainer3» mit einem Gewicht von 16,5 kg. Ausser durch das Gewicht unterscheidet sich der Koffer von anderen durch die Schalter und vor allem die Steckdose in seiner Front.

Mit 1500 Wattstunden, satten 3680 Watt Dauerleistung und einer Spitzenleistung von bis zu 11 000 Watt liefert der portable Energiespeicher dauerhaft eine stabile Netzspannung von 230 Volt. Das genügt, um etwa eine Kappsäge samt Absaugmobil ausgiebig zu benutzen. Und in rund 3,5 Stunden lässt sich der spritzwassergeschützte Kofferinhalt wieder laden.

dech.milwaukeetool.euwww.revotool.comwww.fein.chwww.cordless-alliance-system.dewww.festool.chwww.accuswiss.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 02. Februar 2021 / Ausgabe 6/2021

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