Das absolute Unikat ist immer natürlich

Das Spiel der Formen findet auf der Oberfläche statt und setzt, gekonnt angewendet, mass-gebende Akzente. Bild: Andreas Brinkmann

Furnier.  Längst hat die Moderne auch den traditionell behafteten Furnierbereich mit trendigen Produkten erreicht. Holz ist nicht wirklich reproduzierbar und Furnier erlaubt es Gestaltern und Handwerkern, mit dessen Möglichkeiten zu spielen.

Immer bessere Dekore mit Synchronporen und gekonnt strukturierten Oberflächen sollen wie edles Holz wirken und billige Alternativen zu den echten Naturprodukten bieten. Was ist heute aber mit dem echten Material möglich, welches als Vorbild dient und so intensiv kopiert wird?

Ein buntes Tuch aus Holz

Auch richtige Furniere aus echtem, natürlich gewachsenem Holz werden weiterentwickelt und erlauben die Umsetzung von überraschenden, individuellen Lösungen, die den Zeitgeist aufnehmen und ganz persönliche Unikate von Wert schaffen. Die italienische Firma Tabu Spa hat sich beispielsweise über Jahrzehnte einen Namen mit durchgefärbten und zu Mustern zusammengesetzten Furnierflächen gemacht. Das dünne Holz wird dabei auf ein Vlies kaschiert, wodurch dem Schreiner auch gleich das mühsame Zusammensetzen abgenommen wird. Vertrieben werden diese Produkte in der Schweiz von der Bollinger Furnier AG in Nürensdorf ZH.

Antworten auf kubische Formen

Neben immer neuen und raffinierteren Mustern gab es bei den Produkten von Tabu auch starke Verbesserungen bei der Lichtechtheit der Farben. Zusammen mit den heute üblichen UV-beständigen Lacken sollen Farben kaum noch ausbleichen. Damit können Akzente gesetzt werden, die auch Jahre später noch ihre Wirkung haben. Ganz dem Zeitgeist entsprechend sind aber naturbelassene, leicht graue oder dunkle Hölzer. Grosse Muster mit Wechseln in der Richtung des Faserverlaufes verschaffen gerade rein kubischen Objekten eine gewisse Dynamik.

Absolut schlicht

Bildaufbauten mit Furnierbahnen bieten weit mehr als nur eine Brettoptik. Sie erlauben beispielsweise Angleichungen in der Dimension, ohne die optische Wirkung zu verändern, und können Raum- oder Möbelbereiche modellieren.

Manchmal braucht es aber auch einfach Holzflächen mit einem definierten Faserverlauf, aber ohne Bildaufbau. Das können die «Technischen Furniere», wie sie von der Herzog-Elmiger AG in Kriens LU angeboten werden. Durch das Zusammensetzen sehr schmaler Streifen entstehen grosse, auf Vlies kaschierte Blätter mit einer geraden, feinjährigen und sehr schlichten Wirkung. Der Bildaufbau wird bewusst durch Mischen der Streifen verhindert, denn so hat jede der naturbelassenen Flächen weitgehend den gleichen Farbton und die gleiche Wirkung. Selbst spätere Nachbestellungen unterscheiden sich kaum noch.

Auch runde Formen sind furnierbar

Furniere für dreidimensionale, runde Formen werden ebenfalls aus solch schmalen Streifen hergestellt. Sie werden allerdings durch quer laufende, dünne Bänder auf der Rückseite zusammengehalten. Wird dann in einer Membranpresse ein rundes Element belegt, können sich die Furnierstreifen entsprechend leicht verschieben. Das Vlies der «Technischen Furniere» wirkt hingegen versteifend, verhindert dafür etwas den Leimdurchschlag. Grundsätzlich sollte der Leim, vor allem bei dunklen Hölzern, dem Holzfarbton angepasst werden.

Zusätzliche Strukturen

Neue Furnierbearbeitungsmethoden erlauben die Herstellung von Oberflächen mit Tiefenwirkung, die fühlbar ist. Bei den «Rough»- und «Wave»-Furnieren, die von der Atlas Holz AG in Trübbach SG angeboten werden, entsteht die sägerohe oder wellen- förmige Oberfläche durch entsprechend bearbeitete Messer.

Solche Flächen können nicht mehr geschliffen werden. Durch ein leichtes Bürsten mit Kunststoffborsten oder die Bearbeitung mit «Scotch-Brite» können Leimreste entfernt und die Ausgangslage fürs Behandeln geschaffen werden.

Um die Furnierbahnen miteinander zu verbinden, empfiehlt Marc Quirici von der Atlas Holz AG aus diesem Grund eher ein Leimfadengerät zu verwenden. Einer direkten Fugenverleimung sollten erst ein paar Versuche vorangehen, damit es keine Leimwülste gibt, die in den Strukturübergängen kaum noch zu erreichen sind.

Beim Verpressen braucht es etwas mehr Druck und absolut saubere Pressflächen. Jegliche Rückstände führen zu unschönen Prägungen im Holz, die sich dann kaum noch korrigieren lassen.

Der Furnierspezialist Beat Näpflin von der Herzog-Elmiger AG weist noch auf eine gerne unterschätzte Besonderheit hin: Wer mit strukturierten Oberflächen arbeitet, sollte vor der Produktion unbedingt den Strukturverlauf auf der Möbelkante ausprobieren und dann die Kanten produzieren. Ansonsten verliert das tolle Bild seine Wirkung.

Echtholz mit 3D-Musterprägung

Bei auf Vlies kaschierten Furnieren können auch vielfältige Strukturen mit hohem Druck und hoher Temperatur eingepresst werden. Mit «Fleece & Flex+» führt die Bollinger Furnier AG ein Sortiment mit diversen Ausführungsmöglichkeiten. Zum Verpressen empfiehlt Bollinger die Verwendung eines «Soft-Pads» (Furnierteppich). All diese Flächen stellen immer noch absolute Unikate dar, denn die Holzstrukturen und -farben sind bei einem Naturprodukt nun mal einzigartig.

«Natürliches» Grau

Echtes Holz bietet eine Vielzahl von Farbschattierungen, die in der Gesamtheit den Ton einer Fläche ausmachen. Normalerweise verschwindet das, wenn künstlich eingefärbt wird. Die baselländische Roser Furnier AG wollte die wunderschönen Mooreichenfarbtöne grundsätzlich und auch bei anderen Hölzern anbieten können.

Zusammen mit der Berner Fachhochschule wurde ein Verfahren entwickelt, das die Verfärbungen von hellem Grau bis Schwarz fast wie aus der Natur und durchgängig ermöglicht (SZ 25/2017, «Graustufen wie von Geisterhand»). Bei Bedarf eingebrachte Gerbstoffe und Metalloxide bewirken eine kontrollierte Oxidation.

Die erreichten trendigen Grautöne sind reproduzierbar, farbstabil und auch gegen UV-Strahlen sehr resistent. Nach wie vor spielen aber die holztypischen Besonderheiten, was ein Objekt umso edler erscheinen lässt. Und selbst nach vielen Jahren und Abriebstellen durch starke Nutzung werden keine hellen Stellen auftauchen.

Verfärbungen durch UV-Licht

Qualitative Verbesserungen sind sogar bei echtem Holz möglich, die eine konstante Oberflächenwirkung selbst über lange Zeit gewähren. Die je nach Lichteinfall unregelmässigen Verfärbungen bei Möbeln und Wandverkleidungen können schon bald deutlich geringer ausfallen. Das Team von Ingo Burgert an der ETH Zürich und der Empa in Dübendorf ZH beschäftigt sich seit Längerem damit, für Holz einen zuverlässigen UV-Schutz ohne Farbpigmente zu schaffen (SZ 7/2016, «Das differenzierte Produkt Holz»). Diese Forschungen haben zu konkreten Lösungen geführt, die unter anderem bei Furnieren zur Marktreife gebracht werden sollen. Auch helle Hölzer wie Ahorn oder Esche werden dann bei direkter Sonneneinstrahlung weniger auf UV-Strahlen reagieren, was zu geringeren unschönen Vergilbungsschatten führt. Die weit weniger starke natürliche Verfärbung aufgrund des sichtbaren Lichts bleibt dennoch bestehen, nur stören dann keine Farbpigmente mehr das Bild.

Kunden träumen lassen

Viele Menschen, die in der Lage sind, etwas nach ihren individuellen Wünschen anfertigen zu lassen, suchen neben einer Innovation und der Funktionalität auch das Erlebnis des Authentischen. Schreiner zählten schon immer zu den kreativen Köpfen mit dem handwerklichen Können, Visionen real werden zu lassen. Furniere und Kombinationen damit sorgen für immer neue Dimensionen in der Veredelung von Objekten.

www.bollinger.chwww.herzog-elmiger.chwww.atlasholz.chwww.roser-swiss.comwww.ethz.ch

ab

Veröffentlichung: 14. September 2017 / Ausgabe 37/2017

Artikel zum Thema

25. April 2024

Simple, praktische Designexponate

Möbel.  Als weltweit grösste Designmesse lockt der Salone del Mobile jedes Jahr unzählige Besucher nach Mailand. So auch heuer wieder, wo sich Interessierte aus allen Herren Länder von den neusten Trends, Farben, Formen und Materialien inspirieren liessen.

mehr
24. April 2024

Horgenglarus zügelt in ehemalige Wolltuchfabrik

Möbel. Die AG Möbelfabrik Horgenglarus verlagert ihre Produktion bis April 2027 komplett in die frühere Wolltuchfabrik Hefti in Hätzingen GL. Der neue Sitz der 144-jährige Traditionsfirma liegt ebenfalls im Kanton Glarus, nur wenige Kilometer südlich des jetzigen Standorts.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Möbel