Der Allrounder von der AG 2 (Jörg Künzle).
Ob er ein angefressener Bähnler sei? Jörg Künzle, 66, überlegt einen Moment. «Eigentlich nüd», sagt er dann und blinzelt in die Sonne, die an diesem Morgen den Bahnhof Wasserauen weit hinten im innerrhodischen Schwendetal überstrahlt, als wolle sie einen Wettbewerb gewinnen. Die rote Appenzeller Bahn hält mit einem Zischen. Aus dem Depot gegenüber dringt Lärm: Sägen, Hämmern, Poltern. Wie jeden Dienstag und jeden Samstag im Sommerhalbjahr. Dann sind die Mitglieder von «AG 2 – Verein historische Appenzeller Bahnen» am Werk: Sie restaurieren historische Trieb-, Personen- und Sommerwagen, machen sie wieder betriebsfähig und bieten nostalgische Fahrten inklusive Apéro oder Brunch an, und immer im September das «Kino im Depot».
«Das kommt gut an», freut sich Jörg Künzle, Vorstandsmitglied der ersten Stunde und Aktuar. Oder wäre Allrounder treffender? Die Stunden, die er für den Verein aufwendet, hat der pensionierte Schreiner nie gezählt. «Ein paar sind es schon», meint er gelassen, «die Sitzungen, die Protokolle, die Organisation von Anlässen, die Suche nach Gönnern und Sponsoren, das Mitteilungsblatt, die Flyer, die Werbung und schliesslich die Arbeit an den Wagen.» Als ausgebildeter Maschinenschlosser (erste Lehre) und langjähriger Schreiner (Zusatzlehre) legt Jörg Künzle gern selber Hand an – im Moment hat er die Bauleitung für den aktuellen Wagen inne. «Wir passen natürlich auf, dass es nicht zu streng wird», scherzt er. «Um 9 Uhr geht es los, am Mittag machen wir Pause in der ‹Alperose›, und um 15 Uhr ist dann Firobig. Es soll ja ein Hobby bleiben.»
Ohne seinen ehemaligen Lehrer wäre der Gaiser vielleicht nie zu seinem aussergewöhnlichen Hobby gekommen. Dieser nämlich hatte ihn gefragt, ob er nicht mithelfen wolle, die «AG 2» (die Übersetzung für Laien geht so: der Triebwagen 2 der Altstätten-Gais-Bahn, Baujahr 1911, 16 Sitzplätze) zu restaurieren und wieder fahrtüchtig zu machen. Diese Idee gefiel Künzle. Er ist an der Bahnlinie in Gais aufgewachsen und kannte die alten Triebwagen schon als Bub. «Manchmal legte ich einen kleinen Stein auf die Schienen», gibt er mit einem Schmunzeln zu. Der erste Anstoss versandete wieder, doch dann machten die Appenzeller Bahnen Dampf. Das Resultat: Vereinsgründung im Jahr 2002. Inzwischen ist der Triebwagen AG 2 längst restauriert, ausserdem ein Personenwagen, ebenfalls aus dem Jahr 1911, sowie ein Sommerwagen mit Baujahr 1899.
Der grösste Wunsch des Vereins indes blieb bis dato unerfüllt: den Triebwagen wieder mit dem Zahnradbetrieb auszurüsten – auf dass er auf seiner ursprünglichen Strecke von Altstätten nach Gais verkehren kann. Jörg Künzle verwirft die Hände: «Das kostet eine halbe Million!», was eine intensive Suche nach Sponsoren bedeutet. Ausserdem würde er die restaurierten Wagen gern im vereinseigenen Museum sehen. Der dritte Wunsch hört sich da direkt bescheiden an: «Für unser Bauteam suchen wir dringend einen Schreiner. Oder zwei.» – Künzle nutzt den Moment für einen Werbespot. Und wo er gerade beim Wünschen ist, fügt er ein viertes Anliegen hinzu: «Eine andere, isolierte Einstellhalle. Im Winter ist es viel zu kalt im Depot, da müssen wir die Arbeit ruhen lassen.» Wobei das im kommenden Winter vielleicht ganz gut ist, denn im November wird Jörg Künzle zum ersten Mal Grossvater. Heute schon freut er sich darauf, dem Enkelkind dereinst «seine» Bahnen zu zeigen. hid
Veröffentlichung: 08. September 2011 / Ausgabe 36/2011
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