Des Schreiners liebste Säge

Ein Touchscreen auf Augenhöhe und ein auf beide Seiten schwenkbares Säge-aggregat sind bei einer Tischkreissäge schon fast Standard. Bild: Felder Group

Standardmaschinen.  Die Tischkreissäge ist für eine Schreinerei nach wie vor unverzichtbar. Die Schreinerzeitung hat bei den Händlern nachgefragt, auf welche Modelle Schweizer Schreiner setzen. Bei den Herstellern stehen besonders Sicherheit und Digitalisierung im Fokus.

Zum Standardmaschinenpark einer Schreinerei gehört eine Tischkreissäge. Daran ändern auch die vertikalen und horizontalen Plattensägen oder CNC-Bearbeitungszentren nichts. Zwar werden grosse Platten hierzulande kaum mehr auf der Tischkreissäge aufgeteilt. Dafür ist die Maschine für das präzise Ablängen und Zuschneiden von kleineren Formaten sowie das Absetzen von Gehrungen weiterhin unverzichtbar. Auch das Besäumen und Auftrennen von Massivholzbrettern gehört nach wie vor zu den Aufgaben der Maschine.

Bedient werden die meisten Modelle inzwischen über eine Steuereinheit auf Augenhöhe, und der Trend geht klar hin zur Digitalisierung und Vernetzung.

Cloudbasierte Steuerung

Wie auch die Standardmaschinen in Zukunft in Datendurchgängigkeit eingebunden werden können, zeigte die Eigenmann AG aus Dietfurt SG an der Holz 2022. So ist die neue Generation an Tischkreissägen und Kehlmaschinen von Martin mit dem Steuerungskonzept «Connect Control» ausgestattet.

Das Konzept umfasst einen fest installierten 7-Zoll-Touchscreen, über welchen alle motorischen Achsen bedient werden können. Das Bedienpult verfügt zudem über eine magnetische Halterung, um ein Apple iPad Pro zu befestigen. Damit ist die drahtlose Vernetzung von Maschine und Cloud möglich. Mit der «Connect App» kann der Anwender auf Funktionen wie beispielsweise Werkzeug- und Auftragsverwaltung oder die Schnittplanerstellung zugreifen. Ob er an der Maschine steht oder im Werkstattbüro sitzt, macht dabei keinen Unterschied mehr.

Den Fingern zuliebe

Mit der vernetzten Steuerung bei Standardmaschinen nimmt die Otto Martin Maschinenbau GmbH & Co. KG eine Vorreiterrolle ein. Bei einer anderen Technologie hingegen müssen sich die Kunden noch etwas gedulden. So wird es mittelfristig noch keine Martin-Tischkreissäge mit integriertem Sicherheitssystem geben. Wie das Unternehmen mitteilt, ist ein eigenes System zwar in der Planung und Entwicklung, bis zur Marktreife wird es allerdings noch etwas Zeit brauchen.

Solche Systeme sind aber durchaus schon erhältlich. So bietet die Altendorf Group für ihre Tischkreissägen gleich zwei Sicherheitssysteme. Mit «Rip Fence Security» sollen laut Unternehmen Schnittspuren und Kick-back-Effekte bei Schnitten am Parallelanschlag der Vergangenheit angehören. Möglich macht dies ein Sensorsystem, welches den Zeitpunkt erkennt, wann das Werkstück komplett durchtrennt wird. In diesem Moment wird automatisch der Parallelanschlag um 4 mm weggefahren. So kann das Werkstück einfacher und sicherer am Sägeblatt vorbeigeführt werden.

Beim System «Hand Guard» überwachen zwei optische Kameras, ob sich eine Hand im Gefahrenbereich bewegt. Das Konzept setzt auf Früherkennung und -warnung. Bewegt sich eine Hand nur langsam auf das Sägeblatt zu, wird der Benutzer zunächst durch ein optisches Signal vorgewarnt. Bei einer plötzlichen Bewegung senkt sich das Sägeblatt innerhalb einer Viertelsekunde ab und stoppt augenblicklich. Das Aggre-gat bleibt bei diesem Vorgang unbeschädigt und ist auf Knopfdruck wieder einsatzbereit.

Beim «Preventive Contact System» (PCS) der Felder Group dient das Sägeblatt als Sensor. Dieser ist so sensibel, dass auch Impulse im Umfeld des Sägeblattes wahrgenommen werden. Auch hier wird bei einem drohenden Unfall das Absenken des Sägeblattes ausgelöst. Bisher kam das System ausschliesslich bei der Marke Format 4 der Felder Group zum Einsatz. Neu wird auch das Modell «Felder K 945 S» mit PCS ausgestattet. Schritt für Schritt sei die Ausweitung auf weitere, kleinere Baureihen geplant.

Das Interesse besteht

«In den Schweizer Schreinereien kommt die neue Technologie noch nicht oft zum Einsatz», sagt Raphael Betschart, Geschäftsführer der HM-Spoerri AG in Bachenbülach ZH. Die Nachfrage nehme aber langsam zu. «Besonders Schulen und Institutionen sind an dem Sicherheitssystem interessiert. In den drei Jahren seit der Markteinführung ist der Preis schon gesunken, was die Technologie auf Dauer immer attraktiver machen wird», sagt Betschart.

Auch Marco Sonderegger, Spezialist Sägetechnologie bei der Bründler AG in Ebikon LU, ist überzeugt, dass sich diese Systeme etablieren werden. Seit letztem Herbst sind die Altendorf-Tischkreissägen mit «Hand Guard» lieferbar. «Wir präsentierten das System an der Holz 2022. Das Interesse der Besucher war gross, allerdings zeigen sich die Schweizer Schreiner beim Kauf noch zurückhaltend», sagt Sonderegger.

Individuell konfigurierbar

Inzwischen bieten viele Hersteller ihren Kunden die Möglichkeit, die Maschinen individuell nach Wunsch zu konfigurieren. Allerdings haben aufgrund der Geschehnisse auf den Weltmärkten die Lieferzeiten in den letzten Jahren teilweise massiv zugenommen. Dies hat einige Händler dazu veranlasst, wieder mehr vorkonfigurierte Maschinen einzukaufen.

«Die Schweizer Schreiner wollen in etwa immer dieselben Ausstattungsoptionen», sagt Betschart. Die HM-Spoerri AG setzt deshalb auf einen Mix aus vorkonfigurierten Modellen und Bestellungen nach Kundenwunsch. «Wir können die Konfiguration noch bis zu vier Wochen vor Produktionsstart der Maschine bei Felder anmelden», erklärt Betschart.

Die Bründler AG setzt bei den Altendorf-Tischkreissägen hingegen hauptsächlich auf die Bestellung und Produktion nach Kundenwunsch. So habe das Unternehmen im Jahr 2022 in der Schweiz rund 30 Stück der Tischkreissäge F45 von Altendorf verkauft. Jede davon in einer anderen Konfiguration. Deshalb ist die Maschine in der nachfolgenden Tabelle nur ein Beispiel, wie eine F45 konfiguriert sein kann. «Die meisten Punkte sind individuell wählbar», sagt Marco Sonderegger. «Unsere Kunden müssen deswegen aber nicht länger auf ihre Maschine warten. Die Firma Altendorf garantiert uns kurze Lieferfristen.»

Leichter, aber besser

Früher galt: je schwerer eine Maschine, desto weniger Vibrationen. Heutzutage trifft dies allerdings nur noch bedingt zu. «Die heutige Motoren- und Lagertechnik ist so gut, dass auch bei geringen Gewichten ein ruhiger Lauf gewährleistet werden kann», erklärt Michael Boller, Verkauf und Produktmanagement der Standardmaschinen bei der Ineichen AG in Ermensee LU. Verschweisste Stahlkonstruktionen haben Maschinenständer aus Grauguss abgelöst. Oft werde mit Betonsockel die Laufruhe noch optimiert. «Das Gewicht der Maschine wird vorrangig durch den gusseisernen Maschinentisch und die Grösse der Anbauteile wie Schiebeschlitten, Ausleger oder Anschlagsystem bestimmt», sagt Boller.

Kraftvoll auch bei buchsigem Holz

Moderne Motoreinheiten haben einen weiteren Vorteil ihren Vorgängern gegenüber. So lassen sich die Drehzahlen mittlerweile oft stufenlos über das Bedienfeld anwählen und verstellen. Ein Riemenwechsel entfällt, was eine deutliche Zeiteinsparung bedeutet. Möglich macht dies ein Frequenzumrichter, der die Drehzahl regelt. Ein Motoraggregat mit stufenloser Drehzahlregelung habe über einen kurzen Moment eine bedeutend höhere Leistungsspitze, wie Sonderegger sagt.

«Solche Maschinen können über eine kurze Zeitspanne das Drehmoment des Sägeblattes trotz grösserem Schnittdruck beibehalten.» Bei einer Motoreinheit mit Riemenantrieb falle das Drehmoment hingegen unmittelbar bei mehr Widerstand. So zum Beispiel beim Sägen von buchsigem Holz. «Deshalb lassen sich die Kilowatt-Angaben bei diesen beiden Motorentypen oft nicht direkt vergleichen», erklärt Sonderegger.

Sven Bürki

Veröffentlichung: 06. Juli 2023 / Ausgabe 27-28/2023

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