Die Chance zur Verbesserung


Zwei Pilotbetriebe haben mit dem VSSM-Handbuch eine WPK umgesetzt. Bild: Philipp Heidelberger


Zwei Pilotbetriebe haben mit dem VSSM-Handbuch eine WPK umgesetzt. Bild: Philipp Heidelberger
Normen. Noch ist nicht sicher, wann genau die neue Norm für Innentüren in Kraft tritt. Inzwischen hat der VSSM ein Hilfsmittel erstellt und dieses mit zwei Schreinereien getestet. Die ersten Erkenntnisse daraus vermitteln einen positiven Eindruck.
Nach wie vor ist nicht klar, wann die Norm EN 14351-2 für Innentüren harmonisiert wird und wie lange die Koexistenzphase dauern soll. Aus dem Normen-Gremium ist lediglich zu vernehmen, dass man auf eine Harmonisierung im November 2019 hofft. Hersteller von Brandschutztüren hängen diesbezüglich also immer noch in der Luft. Früher oder später wird die Norm aber in Kraft sein und wer in Zukunft noch selber Brandschutztüren herstellen will, kommt nicht darum herum sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Dazu zählt zum Beispiel das Erstellen einer Leistungserklärung und das Einführen der dafür nötigen werkseigenen Produktionskontrolle (WPK). Diese ist im AVCP-System festgelegt. Das sogenannte Assessment and Verification of Constancy of Performance System gibt je nach Sicherheitsrelevanz eines Bauproduktes unterschiedliche Stufen von zu erbringenden Prüf- und Bewertungsprozessen vor. Brandschutztüren fallen aufgrund der hohen Sicherheitsrelevanz in das System 1 (siehe Tabellen S. 14).
Bezüglich WPK konnten die Verbände zusammen mit dem Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) eine KMU-freundliche Lösung erwirken. So müssen Betriebe, die weniger als 50 Brandschutztüren pro Jahr herstellen, nur eine abgespeckte WPK in Form einer Selbstdeklaration abliefern. Wer mehr Türen produziert, muss zusätzlich von einer externen notifizierten Stelle überprüft werden. Für die Bestimmung der Anzahl Türen pro Jahr wird der Mittelwert des Produktionsvolumens über drei Jahre genommen.
Für das Aufgleisen einer WPK hat der VSSM die Dokumentation «VSSM-WPK Qualitätshandbuch Schreiner» erarbeitet. Sie enthält auch ein Musterhandbuch, welches die Betriebe individuell auf sich anpassen können, und Vorlagen für das Erstellen der Leistungserklärung. Die Dokumentation soll noch im Verlauf dieses Sommers kostenlos zur Verfügung gestellt werden – auch für Nicht-VSSM-Mitglieder. Im Moment laufen noch die letzten Anpassungen und Bereinigungen. Denn zuvor haben zwei Pilotbetriebe testweise mit der Dokumentation gearbeitet, eine WPK implementiert und sich von einer notifizierten Stelle überprüfen lassen. Sich als Pilot zur Verfügung gestellt hatte sich die Creatop AG aus Uznach SG, welche ein grosses Produktionsvolumen an Brandschutztüren hat. Die zweite Schreinerei ist die Ziehli AG aus Lobsigen BE.
Als klassische Schreinerei mit einer grossen Produktepalette stellt die Ziehli AG auch immer wieder Türen her. Insgesamt handelt es sich aber nur bei einem sehr kleinen Teil davon um Brandschutztüren.
Man habe diesen Test als Chance gesehen, die Prozesse im Betrieb zu verbessern, sagt der zuständige Projektleiter Michael Fankhauser. «Das Thema einfach hinauszuschieben, bringt nichts, die Norm kommt ja sowieso.» Bisher hatte man im Unternehmen kaum Erfahrung mit solchen Zertifizierungen und betrat somit Neuland. Über mehrere Monate begann Fankhauser mithilfe der VSSM-Dokumentation die nötigen Kontrollen und Abläufe umzusetzen. Dazu gehören Punkte wie Organisation und Verantwortung, Wartung und Instandhaltung, Mess- und Prüfmittelüberwachung sowie Arbeitsanweisungen für die Avor, den Wareneingang und die Produktion.
Gemäss Michael Fankhauser hatte dies aber kaum direkte Auswirkungen auf die Produktionsabläufe. Vielmehr gehe es darum, die Kontrollen und somit eine konstante Qualität sowie eine Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. Die Konsequenz daraus ist, dass beispielsweise nach jeder Arbeitsstation der zuständige Mitarbeiter mit seiner Unterschrift bestätigt, dass die Arbeiten gemäss den Anweisungen ausgeführt wurden.
«Den Mitarbeitern den Sinn dieser Kontrollen zu vermitteln, war eigentlicht die grösste Herausforderung bei der Umsetzung», sagt Fankhauser. Denn auf den ersten Blick entsteht tatsächlich der Eindruck, es gehe nur darum, Papiere zu erstellen, die nachher dazu dienen, jemandem die Schuld für einen Fehler zu geben.
Mittlerweile gibt es mit der Tiger GmbH und der Willax & Partner GmbH Beratungsunternehmen, die verschiedene Dienstleistungen rund um die Tür anbieten. Dazu gehört auch die beratende Funktion bei der Umsetzung einer WPK. Peter Liechti von der Tiger GmbH sieht die Situation ähnlich: «Ich konnte inzwischen schon verschiedene Betriebe in Sachen WPK begleiten. Wichtig ist es, sich auf den Nutzen dieser Kontrollen zu fokussieren», sagt Peter Liechti.
Effektiv bestätigen Michael Fankhauser und Peter Liechti unabhängig voneinander, dass die klar geregelten Zuständigkeiten spürbar die Fehlerquoten senkten und die Qualität der Produktionsabläufe verbesserten: «Unsere Mitarbeiter waren zunächst etwas unsicher. Aber sie haben es schnell verstanden, die Kontrollen als Checklisten für sich zu nutzen und sich so selber mehr Sicherheit zu geben», erzählt Fankhauser. Sobald jemand für etwas verantwortlich ist, wird sich die Person auch darum kümmern.
Bei der Ziehli AG hat sich dies am stärksten im Büro und bei der Avor bemerkbar gemacht. Die Aufträge gehen nun erst in die Produktion, wenn auch wirklich alles abgeklärt und visiert wurde. Früher habe das auch immer wieder zu Missverständnissen oder nachträglichen Änderungen geführt.
Um die geforderte Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, hat man bei Ziehli zudem eine digitale Archivierung geschaffen. Bisher wurde ein Teil der Produktionsunterlagen immer noch in Papierform abgelegt. Seit Einführung der WPK werden nun nach Abschluss des Auftrags alle Dokumente, Pläne sowie Lieferscheine wieder zurück ins Büro gebracht, eingescannt und im ERP abgespeichert. Für Fankhauser hat dies gleich mehrere Vorteile: «Falls jemand in der Produktion oder auf der Baustelle etwas auf dem Plan vermerkt hat, dann ist dies nun auch Jahre danach noch nachvollziehbar.» Zudem habe man so auch keine Probleme mit der vorgeschriebenen Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren. Deshalb werden sämtliche Dokumente und Pläne im PDF-Format gespeichert. Zusammen mit einer regelmässigen Datensicherung an einem externen Ort stellt dies eine hohe Verfügbarkeit sicher.
Da es sich um einen Pilotversuch handelte, führte die VKF ZIP selbst eine Erstinspektion vor Ort durch. Gemäss Michael Fankhauser verlief diese fast ohne Probleme. Zwar gebe es noch ein paar Punke zu verbessern am Qualitätshandbuch Schreiner. «Das Handbuch ist aber genial. Nimmt man sich Zeit und hält sich daran, dann sollte ein Betrieb in unserer Grösse eigentlich kein Problem mit der WPK haben.»
Kein zwingender Bestandteil der WPK ist übrigens die Montage. Experten empfehlen, diese dennoch mit einzubeziehen, wenn man sowieso schon an der Umsetzung ist. «Gerade im Brandschutzbereich ist die Montage auch ein kritischer Faktor», sagt Liechti. Ausserdem ist im Moment noch nicht klar, wie und in welcher Form Brandschutztüren künftig während der Produktion gekennzeichnet werden müssen.
Unter dem Strich ist es für einen Betrieb aber sicherlich empfehlenswert, wenn er sich bereits jetzt mit der Leistungserklärung und der WPK auseinandersetzt – sofern er künftig noch Brandschutztüren herstellen will. Spätestens wenn die VSSM-Dokumentation verfügbar ist, haben die Schreinereien dann eine gute Basis für die Umsetzung.
www.vssm.chwww.ziehli.chwww.creatop.chwww.tigergmbh.chwww.willax-partner.ch
Veröffentlichung: 29. August 2019 / Ausgabe 26/2019
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