Die Hobelbank neu erfunden

David Zäch baute eine neue Hobelbank, die das bietet, was der Schreiner grad braucht. Bild: Franziska Hidber

Hobelbank.  David Zäch hat die traditionelle Hobelbank neu interpretiert und sich für den nationalen Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht» beworben. Die Werkbank des 21-Jährigen ist ein überzeugendes Stück für den Alltag – egal wie die Jury Ende April entscheidet.

David Zäch nimmt den Gehörschutz von den Ohren, stellt die Schleifmaschine ab und wischt mit seinen Händen den letzten Holzstaub von der hellen Ahornoberfläche. «Ich bin noch nicht ganz fertig», sagt er, geht einen Schritt zurück und betrachtet sein Werk, zufrieden und kritisch zugleich. Sein Werk, das ist die Wettbewerbsarbeit für «Schweizer Jugend forscht»: eine Hobelbank, die mehr Funktionen hat als das üblicherweise der Fall ist. Sie hat eine bessere Spannmöglichkeit, einen integrierten Frästisch mit einer Handoberfräse als günstige Alternative zur Kehlmaschine und ein multifunktionales Anschlagsystem mit Führungsschiene für verschiedene Säge-, Fräs-, Bohr- und Anreissarbeiten.

Die Bank ist tatsächlich «sein Werk»: Der junge Schreiner hat sie von A bis Z selbst entwickelt und gebaut. Ursprünglich war sie seine Vertiefungsarbeit zum Lehrabschluss, nun steht bereits sein zweites, erweitertes Modell vor ihm – er hat es extra für den Wettbewerb gefertigt.

Konzentriert auf der Zielgeraden

An diesem Märznachmittag gleicht das Ausbildungszentrum in Schaan (LI) einem Bienenhaus. Oberstufenschüler schnuppern erstmals Schreinerluft, üben sich im Messen, Zuschneiden, Sägen; rufen, lachen und scherzen. David Zäch lässt sich davon nicht aus dem Konzept bringen. Er wirkt hochkonzentriert, wenn er mit geübten Bewegungen die Einlegeplatte entfernt oder die Handoberfräse demonstriert.

Das Kurszentrum ist aktuell sein Arbeitsplatz – Kursleiter Martin Bernegger hat ihm den Platz für seine Wettbewerbsarbeit zur Verfügung gestellt. Nun befindet sich der Ostschweizer auf der Zielgeraden: Noch 9 Stunden wird er brauchen, schätzt er, rund 150 werden es insgesamt sein. Anfang April ruft das Militär, dann sind seine Bank und er bereit für den Auftritt am nationalen Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht» (SJf) vom 26. bis 28. April in Neuenburg. Das mehrstufige Auswahlverfahren hat er mühelos geschafft, im Januar bei der Kurzpräsentation die Experten auf Anhieb überzeugt und die Zulassung an den Wettbewerb erhalten. «Am Wettbewerb selber geht es nur noch um die Bewertung», sagt er gelassen und demontiert mit schnellen Griffen die Kantenschleifvorrichtung.

Das Optimum herausholen

Das stimmt nicht ganz. Denn der talentierte Entwickler hofft darauf, dass seine Nullserie beim Publikum auf Interesse stossen wird. «Es ist eine Hobelbank vom Profi – für Profis und Amateure. Sie spart Platz und Kosten, weil man keinen mobilen Arbeitstisch und keine Kehlmaschine braucht», erklärt David Zäch, der erst letzten Sommer seine Schreinerlehre abgeschlossen hat. Und zwar als Bester des Kantons St. Gallen, mit der Note 5,5. Für seine Vertiefungsarbeit erhielt er eine glatte 6.

Trotzdem war der frisch gebackene Berufsmann nicht ganz glücklich mit der ersten Version der Hobelbank: «Ich sah schon bei der Fertigstellung, was ich noch hätte besser machen können.» Doch sein Allgemeinbildungslehrer Matthias Kunz war begeistert von der Leistung seines Schülers und riet ihm zur Bewerbung bei SJf.

Als der Bescheid positiv ausfiel, traf der junge Schreiner eine Entscheidung: Er würde seine Hobelbank für den Wettbewerb weiterentwickeln, zum Teil anderes Zusatzmaterial wählen, Schwachstellen ausmerzen. Und noch einmal 150 Stunden investieren. Plus: unbezahlten Urlaub nehmen, auf Freizeit verzichten. «Warum tust du dir das an? Das ist ja ein riesiger Aufwand», fragten die Schulkollegen ungläubig. Ihm aber gefiel die Idee, das Optimum herauszuholen.

Bereit für die Serienproduktion

Ginge er mit seiner Wettbewerbsarbeit in Serie, wären es nur noch 40 Stunden Produktionszeit pro Bank: Denn nun sind sämtliche Pläne, Arbeitsabläufe und Fräsprogramme vorhanden. Die Materialkosten von 3000 Franken – davon entfällt beinahe ein Drittel aufs Ahornholz – seien reduzierbar, zum Beispiel durch Mengenrabatte, die Wahl von Buchenholz oder weniger Zubehör, sagt er. In seinen Augen ist der noch saftige Preis für das hochwertige Zubehör der einzige Wermutstropfen. «Da», er schraubt ein Wägelchen aus Eisen an, «das kostet nur 10 Franken, aber die vielen Teile summieren sich.»

Die Platznot zur Tugend gemacht

Mit der Hobelbank hat David Zäch aus der Not eine Tugend gemacht. Angefangen hatte alles mit Platznot. In seiner kleinen Werkstatt im ehemaligen Stall seines Elternhauses am Grabserberg SG stand eine Hobelbank und «nahm extrem viel Platz weg – aber nutzen konnte ich sie nur, um Teile festzuspannen». Auch in seinem Lehrbetrieb bei Paul Stricker, ebenfalls am Grabserberg, empfand er die Hobelbank mit ihren 2,20 Metern Länge als «Platzfresser» und die Spannvorrichtungen als ungenügend. In einer Fachzeitschrift stiess er auf eine Multi-Werkbank. Eine gute Inspiration, doch für den damaligen Lehrling war klar: «Ich will etwas Eigenes entwickeln – eine neue multifunktionale Hobelbank als Vertiefungsarbeit.» Nur etwas Schriftliches abzuliefern, kam nicht infrage. Sein Lehrmeister Paul Stricker unterstützte die Idee und sponserte das Holz, sein Allgemeinbildungslehrer Matthias Kunz am Berufsbildungszentrum Buchs sowie die Lehrer der Schreinerfachschule Buchs zeigten sich interessiert, die Eltern unterstützten ihn finanziell.

Das Traditionelle neu interpretiert

So setzte sich der Lehrling hin und schrieb alle Anforderungen und Kriterien auf. Er wählte die mechanischen und technischen Komponenten, entwarf eine Hobelbank, in der diese Platz fanden und zeichnete das Ganze im CAD.

Der Plan diente ihm als Grundlage für die Beschaffung oder Herstellung der mechanischen Teile, Beschläge und das Massivholz. Danach fertigte der junge Schreiner alle Rohteile aus Massivholz an und bearbeitete sie auf einer vierachsigen CNC-Fräsmaschine – die Programme dazu schrieb er mit dem Wissen aus seiner Ausbildung selber. Zum Schluss setzte er die Einzelteile zur multifunktionellen Hobelbank zusammen.Heute steht sie in seiner kleinen Holzwerkstatt, wo er am Feierabend oder am Wochenende gerne «ohne Zeitdruck Dinge ausprobiert», den Bau von Stabellen etwa.

«Die verbaute Mechanik arbeitet sehr gut», sagt er zufrieden. Dass er sämtliche Anschläge aus Rexroth-Profilen selber produziert hat, habe sich gelohnt. «Sie sind stabil und präzise, die Passgenauigkeit aller Teile ist einwandfrei, und dank guter Konstruktion bleiben sie verschleissarm.»

Zur Freude über das Resultat gesellen sich die positiven Reaktionen von Fachleuten und Holzwerkern, die ihn bereits erreicht haben. Auch Christoph Rellstab, David Zächs Experte und Betreuer bei «Schweizer Jugend forscht», ist angetan: «An der multifunktionalen Hobelbank hat mich fasziniert, dass David Zäch etwas sehr Traditionelles aus dem Schreinerhandwerk neu interpretiert hat. Seine Arbeit ist für mich ein Beispiel, was in der Schreinerlehre alles möglich ist – und dass begabte junge Leute hier ein Tummelfeld erhalten, um ihre Ideen zu verwirklichen.»

Vorbild für Lernende

Für Christoph Rellstab, Leiter Höhere Fachschule Holz Biel, ist der Schreiner ein Vorbild für Lernende: «Querdenken, spezielle Projekte anpacken und Neues wagen, das ist etwas, das ich mir vermehrt auch für Lernende wünsche.» Im Vorfeld des Wettbewerbs legte Rellstab ein vorläufiges Prädikat für die Arbeit fest. Dieses wird er in die Jury einbringen. Ihr obliegt der definitive Entscheid. Rellstab sagt aber jetzt schon: «Ich kann mir gut vorstellen, dass aus der Wettbewerbsarbeit eine Serienherstellung wird.»

Sollte das eintreffen, wird David Zäch weiterhin alle Hände voll zu tun haben. Er kehrt nach dem Militär wieder in seinen Lehrbetrieb zurück und hat sich bereits für den Lehrgang als Fertigungsspezialist angemeldet. Und zu seinem Glück wird er «nie ganz fertig» sein.

Wettbewerb

Schweizer Jugend forscht

Mit David Zäch werden vom 26. bis 28. April über hundert Jungforscherinnen und Jungforscher ihre Arbeiten in Neuenburg der Jury und der Öffentlichkeit vorstellen: vom digitalisierten Skistock bis zur künstlerischen Bearbeitung des «Moments des Hatschi», von der Konstruktion eines Sonnenhauses bis hin zur App. Die Finalistinnen und Finalisten durchliefen ein mehrstufiges Selektionsverfahren. Nur rund die Hälfte aller im Herbst 2017 angemeldeten Arbeiten schaffte es an den SJf-Workshop im Januar 2018. Dort präsentierten die jungen Frauen und Männer ihre Ergebnisse der Jury in Kurzvorträgen. Wer also Ende April in Neuenburg einen Auftritt hat, gehört zu den den Talentiertesten des Jahrgangs. Die Ausstellung ist öffentlich. Die Öffnungszeiten:

  • 26. April, 14.30 bis 17 Uhr (Eröffnungszeremonie um 14.30 Uhr)
  • 27. April, 13.30 bis 17.30 Uhr
  • 28. April, 9 bis 12 Uhr
www.sjf.ch

hid

Veröffentlichung: 12. April 2018 / Ausgabe 15/2018

Artikel zum Thema

01. Februar 2024

Spannender Anschlag

mehr
01. Februar 2024

Schraubstock für unterwegs

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Betriebseinrichtungen