Die Kunst des Holzlesens

Der gelernte Schreiner Martin Schürch (65) lebt seinen Traum von Holzbild-Kunst und macht aus Unscheinbarem Grossartiges. Bild: Michael Berger

Geht man entlang der schmalen Strasse am Ortseingang von Langnau, hinauf auf den Illfisstalden, so sieht man vor dem Wald ein Holzhaus mit liebevoll angelegtem Garten. In diesem Holzhaus wohnt und arbeitet der gelernte Schreiner Martin Schürch. Vor 36 Jahren hat der 65-Jährige die Schreinerei Schürch von seinem Vater übernommen. Er blickt auf 40 Jahre Berufserfahrung zurück. In dieser Zeit arbeitete er vorwiegend mit Massivholz. «Wenn man das Holz richtig liest, so kann man damit die tollsten Gegenstände anfertigen», schwärmt der Handwerker. Als sich der Schreinerberuf zu wandeln begann und das Massivholz immer mehr von furnierten oder kunstharzbelegten Platten verdrängt wurde, fing Schürch an, aus Holzresten mit Holzfehlern Kunstwerke anzufertigen. «Holz riecht so unterschiedlich, fühlt sich so natürlich an und ist viel zu schade zum Verbrennen oder Entsorgen», findet er. Mit den Begriffen schwungvoll, kreativ und farbenfroh lassen sich seine Werke am passendsten umschrei- ben. «Wenn ich ein Holzstück mit einer speziellen Maserung oder Struktur sehe, entdecke ich automatisch Gesichter, Wesen oder Formen», sagt der Künstler. «Manchmal habe ich aber auch eine Figur im Kopf und suche zu dieser das passende Holz», meint er. Das ist aber nicht immer so einfach. Seine Kunstwerke sehen nie gleich aus und sind gefragte Unikate. «Es macht mir Spass, etwas komplett Neues zu erschaffen», verrät Schürch.

Im Waldhaus in Lützelflüh zeigte er seine Werke 1997 zum ersten Mal einem grösseren Publikum. Seither stellt er ein bis zwei Mal pro Jahr in verschiedenen Ausstellungsräumen und Galerien aus. In einem seiner aufwendigsten Werke zeigt er den Kreislauf verschiedener Bäume auf. Ein Jahr lang sammelte er Blätter, Äste und Früchte der jeweiligen Bäume, eine grosse Herausforderung für den kreativen Handwerker vor allem deshalb, weil er selber hohe Erwartungen an das Werk hatte. Zwar wurde dieses pünktlich zu seiner damaligen Ausstellung fertig, jedoch war sich der 65-Jährige nicht sicher, ob er nach diesem enormen Aufwand auch einen passenden Kunden finden würde. Doch das Werk war schliesslich bereits vor Ausstellungsbeginn verkauft. «Hätte ich niemanden gefunden, so hätte ich es ganz einfach für mich behalten, da beim Anfertigen so viele Emotionen mitspielten», sagt er. Neben seiner Holzbild-Kunst erledigt er noch ab und zu kleinere Schreinerarbeiten. «Ich finde es schade, wenn Gegenstände nicht mehr repariert, sondern ersetzt werden, nur weil die Reparatur zu teuer oder zu aufwendig ist», erklärt der Handwerker. Seit so vielen Jahren ist seine Begeisterung für den Beruf des Schreiners ungebrochen. «Mir macht die Arbeit Spass.» Was ihn besonders fasziniert, sind die Vielfalt des Holzes und die schier unendlichen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. So wird die Holzbild-Kunst in Schürchs Leben auch weiterhin eine zentrale Rolle spielen, obwohl er in Zukunft etwas kürzer treten und weniger Kundenaufträge annehmen will. Doch solange er zusammen mit seiner Frau im liebevoll gestalteten Holzhaus an idyllischer Lage oberhalb des Illfisstaldes wohnt, werden ihm die künstlerischen Inspirationen wohl nicht ausgehen.

«Ich finde es schade, wenn Gegenstände nicht mehr repariert, sondern ersetzt werden, nur weil die Reparatur zu teuer oder zu aufwendig ist.»

MIB

Veröffentlichung: 27. März 2014 / Ausgabe 13/2014

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