Die Physik kann niemand überlisten

Erfüllt der Estrich die geforderten Feuchtigkeitswerte, steht dem fachmännischen Ver-legen des Parketts nichts mehr im Wege. Bild: Werner Eugster AG

Belegreife.  Die Feuchtigkeit ist der grösste Feind des Parkettbodens. Zwar sind die Richtwerte des zu belegenden Untergrunds bekannt und genormt. Schäden jedoch rufen trotzdem da und dort die Experten auf den Plan. Die SchreinerZeitung hat nachgefragt und sucht nach Gründen.

Bodenfachexperten, Parkettleger, Planer, Parketthersteller und -händler sind sich einig: Bei den Richtwerten rund um die Be- legreife eines Estrichs gibt es keinen Spielraum. Die Normen nach SIA hinsichtlich Trockenheit, Ebenheit, Festigkeit und Höhenlage lassen diesbezüglich keine Fragen offen. In Bezug auf die maximalen Feuchtigkeitsgrenzwerte, gemessen mit dem CM-Gerät (siehe Kasten rechts) , betrifft, heisst das Schwarz auf Weiss:

  • Zement-Estrich ≤2,3 % (≤1,5 %, Wert mit Bodenheizung)
  • Anhydritgebundener Fliess-Estrich ≤0,5 % (≤0,3 %, Wert mit Bodenheizung)
  • Anhydritgebundener Estrich (konventionell) ≤0,5 % (≤0,3 %, Wert mit Bodenheizung)

Schlechte Karten bei fehlenden Papieren

Die protokollierten Feuchtigkeitsmessungen gehören heute zur Abwicklung eines jeden Parkettauftrags. «Hier gibt es kein Wenn und Aber», erklärt Bernhard Lysser, Chefexperte der Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkett-Industrie (ISP). «Fehlt im Schadenfall dieses korrekt aus- geführte Protokoll, hat der Parkettleger schlechte Karten.»

Doch was ist zu tun, wenn die rechtzeitig ausgeführte Messung in Hinblick auf den Verlegetermin einen zu hohen Feuchtigkeitsanteil ergibt? Auch hier ist die Vor- gehensweise klar: Der Boden darf auf keinen Fall zur Belegung freigegeben werden. Startet der Schreiner oder Bodenleger trotz zu hohem Feuchtigkeitsgehalt und ohne schriftliche Intervention seine Parkettverlegearbeiten, hat er den Untergrund automatisch als belegreif anerkannt. Somit haftet er bei allfälligen Schäden im Zusammenhang mit zu hoher Estrichfeuchtigkeit. Auf solche Risiken lässt sich kaum ein Parkettleger ein. «Ich kann mir das schlichtweg nicht leisten», erklärt Hansruedi Eugster von der Werner Eugster AG in St. Gallen. «Bei allen noch so hoch angepriesenen Mass- nahmen zur beschleunigten Trocknung des Untergrundes bleibt die Tatsache, dass die Physik halt nicht überlistet werden kann!» Deshalb halte er sich strikte an die Werte und versuche, durch frühe Kontaktaufnahme mit Bauherren und der Bauleitung die nötigen Zeichen zu setzen. «Wie im ganzen Umgang mit den am Bau beteiligten Partnern ist auch hier der richtige Ton und eine konsequente Linie unabdingbar», weiss Eug- ster, der das 30-köpfige Bodenleger-Unternehmen seit über 20 Jahren führt, zu berichten.

Gesamter Aufbau aus einer Hand

In dieser Zeit hat Eugster seine Unterlagsbodenabteilung liquidiert und den Parkettbereich ausgebaut. «Es ist eine zweischneidige Geschichte, beide Sektoren anzubieten. Die Architekten und Bauleitungen haben so nur einen Ansprechparter für den Bodenaufbau. Dies hat aber auch zur Folge, dass beim Preis etwas mehr gehandelt und der Termindruck teilweise noch mehr erhöht wird», sagt Hansruedi Eugster.

Trocknung nach Faustregel?

Den Parkettboden, vom Estrichboden bis zur fertigen Verlegung, bietet nach wie vor die Scheuermann AG in Goldach an. Geschäftsführer Christian Manser hebt natürlich die Synergien hervor, die es mit dieser Geschäftsausrichtung zu nutzen gilt. «Die Terminplanung und Personalkoordination gestaltet sich etwas einfacher. Doch egal, ob der Estrich von externen Fachleuten oder unserer Truppe angefertigt wurde; um die obligate Feuchtigkeitsprüfung kommen auch wir nicht herum», erklärt Christian Manser.

Die Faustregel, der Estrichboden brauche pro Zentimeter eine Woche zur genügenden Austrocknung, sei nur bedingt anwendbar. «Je nach Baustellenverhältnissen, Jahreszeit, Lüftungs- oder Heizungsmöglichkeiten verändert sich das Trocknungsverhalten des Estrichs. Da ist die Restfeuchtigkeit nicht immer kalkulierbar», gibt Christian Manser zu bedenken. So komme es schon einmal vor, dass man in Absprache mit der Bauleitung oder der Bauherrschaft auf eine flüssige Feuchtigkeitssperre zurückgreifen müsse. Diese speziellen 2-Komponenten-Epoxydharz-Anstriche schliessen den Estrich ab und machen den Boden schneller belegbar.

Dampfsperren sind ein teurer Spass

Das bestätigt auch Parkettspezialist Alois Odermatt. Als Geschäftsführer der Parkett Käppeli GmbH in Merenschwand lässt er solche dichten Dampfsperren aber nur in Ausnahmefällen auftragen. «Die Feuchtigkeit wird dadurch ja nur weggesperrt, was nicht ideal ist. Zudem darf man die Mehrkosten nicht unterschätzen.» Gemäss Odermatt käme diese Massnahme inklusive Material- und zeitlichem Mehraufwand auf über 20 Franken pro Quadratmeter teurer als veranschlagt. Diese Mehrkosten müssten in jedem Fall zusätzlich offeriert und von der Bauleitung schriftlich bestätigt werden.

Alois Odermatt steht auch den anderen Massnahmen wie maschinelle Entfeuchtung oder massives Hochfahren der Heizung skeptisch gegenüber. «Die besten Werte bringt die seriöse Austrocknung. Solange beispielsweise Gipser und Plattenleger auf der Baustelle ihre Werke vollenden, ist nicht an das Verlegen des Parketts zu denken», bedient sich Alois Odermatt klarer Worte.

Um sich ein klares Bild von der Baustelle machen zu können, führt Vincenzo Circo, Technischer Leiter der Bieler Brodbeck AG, die Feuchtigkeitsmessungen jeweils gleich selber aus. Er vertritt nach eigenen Angaben eine «sture» Haltung gegenüber den Bauverantwortlichen. Das gebe zwar da und dort zu etlichen Diskussionen Anlass, sei aber immer noch besser, als bei einer späteren Expertise einen Teil der Schadenskosten tragen zu müssen.

Vincenzo Circo hält ebenfalls wenig von akuten Entfeuchtungsmassnahmen. «Eine plötzliche Lufterwärmung durch starkes Heizen beispielsweise entpuppt sich als Retourkutsche, sobald die Temperatur wieder gesenkt wird. Durch die Kapillarwirkung der porösen Wände und Decken kommt die Feuchtigkeit dann nämlich wieder zum Vorschein», weiss Circo aus Erfahrung.

Abmahnung schützt

Will sich der Unternehmer der Schadenshaftung entziehen, muss er sich zwingend durch Abmahnen gegen die Mängelrechte des Bauherrn schützen. Damit die Abmahnung korrekt und wirkungsvoll ist, muss der Unternehmer bestimmte Regeln einhalten. Die Haftungsbefreiung des Parkettlegers erfolgt erst, wenn der Bauherr oder dessen Vertreter schriftlich daran festhält, das Werk nach der abgemahnten Weise – mit dem Schadensrisiko – auszuführen. Diesem Abmahnungsverfahren steht Vincenzo Circo kritisch gegenüber: «Mit diesem Schritt gibt man eigentlich zu, eine Arbeit anzufangen, die man nicht ausführen dürfte – und die zu Schäden führen könnte.»

Werden allerdings aufgrund der Abmahnung die nötigen Massnahmen getroffen und der Feuchtigkeitsgehalt fällt unter die kritischen Grenzwerte, kann die weitere Auftragssausführung erfolgen.

Beurteilung bringt Licht ins Dunkle

Nicht selten werden bei einer Schadensmeldung auch die Händler oder Hersteller des Parketts zur Begutachtung gerufen. Eugen Haag, Geschäftsführer von Durrer Parquet in Alpnach Dorf. «Meistens nehmen wir als Materiallieferant zusammen mit dem Parkettleger eine Erstbeurteilung des Schadens vor. Viele Schadensbilder geben in diesem Stadium schon Auskunft über die Ursache», erklärt Eugen Haag. Ist tatsächlich von einem Materialfehler auszugehen, erstellen die Fachleute von Durrer Parquet einen Rapport an den Hersteller, welcher der Ursache dann auf den Grund geht. «In den überwiegenden Fällen jedoch findet man mit dem Bodenleger eine einvernehmliche Lösung.»

Feuchtigkeitsschäden noch und noch

Schäden wegen zu hoher Estrichfeuchtigkeit gibt es dennoch immer wieder. Offenbar nehmen es doch nicht alle Verlege- unternehmen mit den Messmethoden und Richtwerten so genau. Hoher Zeitdruck, Fehl- planungen beim Einsatz der ausführenden Handwerker sowie unqualifiziertes Prüf- und Verlegepersonal können am Ursprung dieser Schäden stehen. Vielfach ist es auch schlichtweg die Angst des Unternehmers, diesen oder einen nächsten Auftrag zu verlieren, wenn er die Verlegearbeiten nicht rechtzeitig abschliesst ...

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Längst nicht alle Schadenfälle basieren auf einem zu feucht belegten Estrich. Auch das Parkettmaterial und der Klebstoff sind wichtige Komponenten beim Verlegen des edlen Holzbodens. Seit die kontrollierten Lüftungssysteme mit den Minergiestandards Einzug gehalten haben, kämpfen die Exper- ten der Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkett-Industrie (ISP) aber auch mit einem neuen Phänomen: Das Klima in den Minergie- und Passivhäusern ist zu trocken – Schäden in Form von Schüsselungen oder grossen Fugen sind die Folge.

Kritische Winterzeit

Wohnbereiche in herkömmlicher Bauweise sind träge und Raumklimaveränderungen treten langsam auf. Im Winter, bei grosser Kälte und Trockenheit draussen, wird wenig gelüftet. Trotzdem sinken die Luftfeuchtigkeiten im Innern in den Bereich von 30 % oder tiefer. Das Kochen, Duschen sowie alle Lebewesen helfen mit, zu tiefe Raumluftfeuchtigkeiten anzuheben. Meistens genügt das aber noch nicht, und mit einem zusätzlichen Raumluftbefeuchter können die minimal geforderten 30 % Luftfeuchte problemlos erreicht werden. Als ideale Raumluftfeuchte sind 30 bis 40 % während der ganzen Trockenwetterphase aufzuführen. Damit kann gemäss ISP das kleinstmögliche Fugenbild und ein minimales Verformen in Holz und Parkett erzielt werden.

Vielfach falsch eingestellt

Wesentlich problematischer kann die Situation mit kontrollierten Raumbelüftungen ohne Befeuchtungsmöglichkeit oder falscher Einstellung auftreten. Häufig werden derartige Systeme in Minergiebauten oder grossen Gebäudekomplexen eingesetzt. Die Luftumwälzung und -erneuerung wird im Winter mit sehr trockener und kalter Aussenluft gemischt. Die Aussenluft erwärmt sich und dabei sinkt der relative Wassergehalt zusätzlich.

Kann der Lufterneuerung nicht auch noch Wasserdampf beigemischt werden oder sind die Lüftungsanlagen nicht korrekt berechnet und eingestellt, resultieren nicht selten Raumluftfeuchtigkeiten von nur noch 10 bis 20 % im Innern der Gebäude, und das über viele Wochen. Das Holz trocknet dadurch übermässig stark aus und liegt mit extremer Fugenbildung und Verformungen, oft auch mit Beschädigungen vor. «Die vergangenen Monate gehen mit den hohen Temperaturen glück-licherweise als schadensarmer Winter in die Geschichte ein», erklärt ISP-Ex- perte Bernhard Lysser. Die Problematik mit den kontrollierten Lüftungen und den Schäden durch zu trockene Luft wird die ISP jedoch noch einige Zeit beschäftigen.

Feuchtigkeit im Estrich

Messung frühzeitig durchführen

Die Restfeuchtigkeit im Estrich wird in den meisten Fällen mittels eines CM- Geräts gemessen. Bei dieser gängigsten und international anerkannten Messmethode muss die Entnahme einer Probe an der feuchtesten Stelle des Estrichs mit Hammer und Meissel erfolgen. Durch Zugabe von Kalziumkarbid zur zerkleinerten Messprobe in einem gasdichten Gefäss bildet sich mit dem im Messgut vorhandenen freien Wasser Acetylengas. Dadurch entsteht ein messbarer Druck, aus dem wiederum der Wassergehalt der entnommenen Probe berechnet werden kann.

Diese Prüfung sollte mit einiger Vorlaufzeit (idealerweise rund drei Wochen vor Legebeginn) ausgeführt werden. So bleibt genügend Zeit, Bauherrschaft oder Bauleitung über den Zustand des Estrichs zu informieren und allfällige Massnahmen zu besprechen. Zur Absicherung ist ein zweiter Prüfungsgang kurz vor Lege-beginn zu empfehlen. So können die intiierten Entfeuchtungsmassnahmen des Untergrundes überprüft und die Verlegearbeiten freigegeben werden.

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Veröffentlichung: 06. März 2014 / Ausgabe 10/2014

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