On drums: Raffael Fürst

Persönlicher gehts nicht: Raffael Fürsts Eigenbau-Schlagzeug im Einsatz – und im Detail.

Eigenbau-schlagzeug.  Wenn ein Schreiner ein neues Schlagzeug braucht, muss er nicht unbedingt ein Musikgeschäft aufsuchen; als Macher ist er es gewohnt, selber Hand anzulegen. So auch der Solothurner Schreiner Raffael Fürst, der sein neues Schlagzeug selber entworfen und gebaut hat.

An Safenwil AG fährt man üblicherweise vorbei. Es sei denn, man braucht einen neuen Jaguar – oder man ist der Schlagzeuger einer lokalen Rockband. Einer wie Raffael Fürst: Mitten im Industriegebiet, oder besser darunter, sitzt der 26-jährige Schreiner aus dem solothurnischen Gretzenbach im Proberaum seiner Band und übt auf seinem Schlagzeug. Seinem selbst gebauten Schlagzeug. Einem Instrument, in dem Raffael Fürsts Leidenschaften vereint sind: Das Arbeiten mit massivem Holz und das Musikmachen.

Lust auf Massivholz

Passenderweise fallen Fürsts erste Trommelversuche und sein Berufseinstieg auch zeitlich zusammen: Seit 10 Jahren arbeitet er bei der Coray AG im solothurnischen Niedergösgen, und so lange spielt er auch Schlagzeug. «Irgendwann war es Zeit für ein neues Schlagzeug», sagt er. «Und da kam ich auf die Idee, mir ein eigenes zu bauen – ich hatte Lust, wieder mehr mit Massivholz zu arbeiten.»

Biegen oder fräsen

Am Anfang stand die Frage nach der Produktionsweise: Industriell gefertigte Trommeln sind in der Regel aus gebogenem Schichtholz gebaut – eine aufwendige, komplizierte Technik. Fürst entschied sich für den anderen Weg: die Fass-Bauweise. Aber auch die hat es in sich: «Die Mise en Place war fast anspruchsvoller als das eigentliche Zusammenbauen», erzählt Fürst. Dies sei auch der Grund gewesen, warum das Projekt eine Zeit lang habe gären müssen, bevor es dann tatsächlich in Angriff genommen werden konnte. Für sein Schlagzeug hat Fürst übrigens amerikanischen Nussbaum gewählt: «Der gefällt mir persönlich gut, weil er weniger wild und etwas dunkler ist als der europäische», erklärt er. Damit die einzelnen Latten zu einem Kreis zusammengefügt und verleimt werden konnten, mussten sie auch exakt vermessen und auf Gehrung geschnitten werden. Schliesslich gibt der Ring, in den das Fell eingespannt wird, das Mass für den Radius der Trommel vor: «Da musste ich ein bisschen pröbeln und habe mich auch ein paar Mal verrechnet.» Schlussendlich hat es aber geklappt, und die Rohlinge waren bereit für die Weiterverarbeitung, fürs Fräsen von innen und aussen.

Die eigene Fräs-Einrichtung

Der Fräsprozess war dann auch das eigentliche Herzstück der ganzen Geschichte: Raffael Fürst hat sich dafür eine Einrichtung gebaut, die es ihm ermöglichte, die Trommel entweder über der Oberfräse hin und her zu schieben – oder diese innerhalb des Rohlings zu bewegen. Und dann wurden die «Fässer» Schicht für Schicht rund gefräst – stundenlang, am Feierabend und am Wochenende – und zum Schluss oben gefast, damit der Ring draufpasst. Nach dem Feinschliff wurden die Trommeln nicht lackiert, sondern geölt, was dem Holz ein dunkles, warmes Finish verleiht. «Zudem kann es so auch mal ein ‹Näggi› geben, ohne dass gleich eine neue Lackschicht aufgetragen werden muss» – schliesslich ist ein Schlagzeug in einer Rockband durchaus gewissen Belastungen ausgesetzt.

Mit Furnier und eigenem Logo

Auf diese Weise entstand nach und nach ein insgesamt vierteiliges Schlagzeug: Zwei Stand-Toms, ein Hänge-Tom und eine Bass-Drum. Die Metallteile, also die besagten Ringe, aber auch die Stimmschrauben und die Füsse musste Fürst sich vorher besorgen, damit er an den richtigen Stellen die nötigen Löcher bohren konnte. Um den Trommeln einen persönlichen Touch zu verleihen, fräste Fürst eine Nut rundherum und legte ein Furnier ein, das von Weitem aussieht wie eine Intarsie – sehr elegant. Zu guter Letzt kamen noch ein kleines «Hand- made»-Schildchen drauf sowie das selbst entworfene Logo, eingefräst in schwarzen Kunststoff.

Den Härtetest bestanden

Und dann kam der grosse Moment: Das Schlagzeug war fertig, wollte bespielt werden – und hat den Härtetest prompt mit Bravour bestanden. In der Tat: Das Schlagzeug tönt satt, rund und kräftig, ideal für Fürsts Band «Hollow Science». Sie haben sich dem Stoner Rock verschrieben, einer Spielart der Rockmusik, bekannt geworden durch Gruppen wie Kyuss oder Queens of the Stone Age. Schwere, staubige Musik. Sein persönliches Vorbild als Drummer ist aber John Bonham, Schlagzeuger der britischen Hardrock-Ikone Led Zeppelin. «Der hat das Schlagzeugspiel revolutioniert, hat viel gewagt und Neues ausprobiert», ist Fürst überzeugt.

Zukunft: Schlagzeuglehrer

Etwas Neues auszuprobieren, kann sich auch Raffael Fürst selber vorstellen: Neben der Arbeit studiert er – genau – Schlagzeug an der Swiss Music Academy im zürcherischen Oberglatt. Dies mit dem Ziel, dereinst als Schlagzeuglehrer oder als Studiomusiker Geld dazu zu verdienen. Daneben reizen ihn natürlich nach wie vor Projekte rund um Bau und die Restauration von Schlagzeugen – sein Gesellenstück hat er auf jeden Fall schon mal abgeliefert.

AR

Veröffentlichung: 10. November 2016 / Ausgabe 45/2016

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