Ein Umbau mit pfiffigen Details

Drei Oblichter sorgen für Tageslicht bei den Essplätzen. Die Leuchten erinnern entfernt an Arvenzapfen. Bild: Christian Speck

Pfifferling Deli Basel.  Die Köchin Monika Müller ging zehn Jahre auf Stör, bis sie sich ihren Traum vom eigenen Lokal erfüllen konnte. Das Warten hat sich gelohnt. Im neuen Deli in Basel sind exzellente Zutaten der Koch- und der Innenausbaukunst geschmackvoll vereint.

Es steht an bester Lage in Basel, nahe des Hauptbahnhofs, vis-à-vis des Neubaus Südpark, mit dem die Architekten Herzog & de Meuron kürzlich die Gemüter erregten: Das Pfifferling Deli, einziger sesshafter Standort der Störköchin Monika Müller. Seit 2005 kocht die Baslerin jeweils vor Ort für Feste und andere Anlässe – auf Stör eben, wie das einige Handwerker auf Montage ebenfalls zu tun pflegen. Seit letztem Frühling betreibt sie nun an der Güterstrasse 138 einen Ort, an dem sich mehrere Zutaten zu einem stimmigen Ganzen vermischen. Authentische Speisen treffen auf interessierte Gäste. Das Konzept ist eine Mischung aus Restaurant, Take-away und Feinkostladen mit ausgewähltem, hausgemachtem Sortiment. Auf der Speisekarte stehen Gerichte aus fernen Ländern mit meistens lokalen Ingredienzien. Gekocht wird weiterhin im baselländischen Oberwil. Dort beschäftigt Müller 12 Mitarbeitende.

Zutaten mit Charakter

«Gute Qualität anbieten zu fairen Preisen» – so lautet das Motto des umgebauten Restaurants. Christian Speck sagt es, öffnet die Türen und macht die ersten Geräte betriebsbereit für den Tag. Der Partner von Monika Müller ist Mitinhaber des Ladenlokals, Innenarchitekt und Fotograf. Die Architektur lebt er nach dem gleichen Motto, wie seine Lebensgefährtin die Gastronomie versteht: «Der Charakter eines Materials muss stets spürbar sein», sagt er und deutet darauf hin, dass Imitationen für ihn Tabu sind. «Soweit es das Budget halt zulässt», präzisiert er. Bereits die Beschaffenheit des Bodens im Deli zeigt, was er damit meint. Das Klötzliparkett mit 10 mm Nutzschicht bringt eine leicht industrielle Ästhetik an den Ort des guten Geschmacks. Die gewählte Verlegeart verzeiht unweigerlich anfallende Kratzer oder Dellen des Gebrauchs. Dass das Parkett diese später im Sinne von Patina sogar stolz zur Schau tragen wird, ist gewissermassen vorprogrammiert.

Leinöl an der Oberfläche

An der Theke, gleich gegenüber dem Eingang, erwartet den Besucher eine Spezialanfertigung aus dunkelgrünem Linoleum. «Für die Ladenbauer der Schreinerei Bard eine echte Herausforderung», schmunzelt Speck, «verlangt Linoleum doch nach einer besonders sorgfältigen Bearbeitung, weil er nachträglich nicht verschliffen werden kann.» Doch für Speck ist das Material entgegen geläufigen Meinungen äusserst standhaft, gut reparierbar und edel anzufassen. Für die Basler Möbelfabrik Bard, spezialisiert auf vielen Gebieten des Innenausbaus, war also Arbeiten auf den halben Millimeter angesagt. «Nur indem wir sämtliche mit Linoleum vorgängig belegten Teile auf der CNC umfahren haben, konnten wir sie dermassen passgenau produzieren», erklärt Roland Marty von Bard. «Besonders die abgesetzten Gehrungen in Kombination mit Radien aus belegten ‹Topan-Form›-Platten hatten es in sich», ergänzt er. Die Theke wurde schliesslich in vier Teilen geliefert, hinzu kam der Sockel. Dass man der Theke die schwierige Konstruktion nicht ansieht, versteht Marty als Kompliment.

Mit Liebe zum Kleinen

Die Kühlelemente in der Verkaufstheke sind mit Glas überdacht, darunter wird eine Auswahl an Schüsseln mit köstlichen Menüs angepriesen. Hinter der Theke befindet sich eine Küchenzeile, ebenfalls entworfen von Christian Speck. «Bei einer Küche ist in erster Linie die Ergonomie entscheidend», hält er fest. Und weil Geschirr, Besteck, Serviertabletts und Gerätschaften schon vorgängig definiert waren, konnte er die Gastroplanung sehr spezifisch vornehmen. Dafür stellte Speck im Büro ein Mockup auf, an dem er die Dimensionen der einzelnen Elemente sowie deren Anordnung stets optimierte. Nicht gegen die Hand zu arbeiten, sei an einem professionellen Arbeitsplatz das oberste Credo, erklärt er. So ergab sich nach und nach die Form der 6 m langen Arbeitsplatte aus Chromstahl, welche nun die Küchenzeile abdeckt. Dass Speck bei seinen Kreationen auf Details Acht gibt, wird spätestens hier sichtbar: Becken und Accessoires sind bündig eingelassen und mit Silikon abgedichtet. Potenzielle Bakterienherde wie vorstehende Ränder sucht man vergeblich. Doch trotz all der ausgeklügelten Details gilt auch in gestalterischen Belangen: Zu viel ist ungesund. Oder wie Speck es sagt: «Ein Lokal sollte kein Museum sein. Man muss es benutzen dürfen.» Der Grat zur musealen Anmut sei oft ein schmaler.

Ein Ambiente aus Tageslicht

Der Laden, der vorher ein Juweliergeschäft sowie einen japanischen Take-away beherbergte, ist in einem angenehmen Tannengrün gehalten – akzentuiert mit Kalkweiss und Hellblau. Nach hinten hin verjüngt sich der Raum zu einem Schlauch, wo zwei 3,40 m lange Tische aus Christian Specks eigener Möbelkollektion 20 Sitzplätze aufnehmen. Damit dieser Bereich nicht beengend wirkt, hat der Innenarchitekt gleich mehrere Tricks der Lichtführung angewendet: Drei meterbreite Kernbohrungen sorgen über den Tischen für Tageslicht von oben. Zwei grosszügige Hängelampen in der Form eines Arvenzapfens werfen runde Schatten an die Decke, eine gewisse Leichtigkeit versprühend. LED-Scheinwerfer mit einer hohen Farbwiedergabe von 92% modellieren die hellblau bemalten Wände. Die helle Farbe sowie der durch das Licht hervorgerufene Kontrast verleihen dem Raum zusätzliches Volumen. «Richtig eingesetztes Licht ist für mich etwas vom Wichtigsten», sagt Speck und zeigt sogleich, was er damit meint, indem er eine Flasche hausgemachten Holunderblütensirup unter eine andere Beleuchtung stellt. Sofort wird klar, dass dem Ladenlokal mit weniger feinfühligem Fachwissen auch eine billige Anmut hätte verliehen werden können. Der Aufwand freilich wäre derselbe geblieben.

Produkte scharf inszeniert

An den Wänden stehen verspielte Regale. Verschieden grosse Kuben sind frech kombiniert und mit Schraubzwingen sichtbar verbunden. Weiche Lichtkegel inszenieren Konfitüren, Saucen und Suppen. Zum architektonischen Konzept gehört, dass sich der Innenausbau zurücknimmt und den feilgebotenen Produkten Platz macht. «Die eingesetzten Materialien besitzen eine matte Oberfläche, während die ausgestellten Produkte glänzend und farbig sind», erzählt Speck. Für deren Inszenierung hat er den Regalböden einen weissen Anstrich verpasst. «Weiss reflektiert das Umgebungslicht und beleuchtet die Gläser und Flaschen so von unten her.

Die Kanten des Regals dagegen sind kontrastreich in grüner Wandtafelfarbe bemalt. Mit Kreide steht hier geschrieben, was sich in den Einmachgläsern und Flaschen befindet und wie viel diese kosten.

Es ist zehn Uhr. Die ersten Gäste strömen in den neu eröffneten Umbau. Christian Speck macht sich mit einem Notizblock kurzerhand daran, die Bestellungen aufzu-nehmen.

www.formzone.chwww.bard.chwww.pfifferling.ch

Qualität als Selbstverständnis

Christian Speck führt zusammen mit Monika Müller das Deli in Basel. Der gebürtige Thurgauer hat ursprünglich den Lehrerberuf erlernt. Nach der Ausbildung zum Innenarchitekten gründete er 2001 sein eigenes Büro. Qualität ist für ihn sowie für seine Partnerin die Basis zum Erfolg.

MW

Veröffentlichung: 27. September 2012 / Ausgabe 39/2012

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