Eindrucksvolle Türen aus Schreinerhand


Zwei Objekte mit besonderem emotionalem Bezug: In die Eingangstür der Weinhandlung wurden Teile eines 130 Jahre alten Fasses integriert, ... Bild: Nerozzi + Rösch AG
Zwei Objekte mit besonderem emotionalem Bezug: In die Eingangstür der Weinhandlung wurden Teile eines 130 Jahre alten Fasses integriert, ... Bild: Nerozzi + Rösch AG
Gestaltung. Moderne Haustüren fügen sich oftmals unauffällig in die schlichten, kubischen Formen der zeitgenössischen Architektur ein. Dabei bietet der Eingangsbereich viel Raum für kreative Ideen und handwerkliche Unikate, wie Beispiele aus der Praxis zeigen.
«Die Haustür ist die Visitenkarte eines Gebäudes» – diese Metapher kommt nicht von irgendwoher, denn der Eingangsbereich prägt den ersten Eindruck eines Hauses und seiner Bewohner.
Deshalb ist die Haustür längst nicht mehr nur ein funktionales Objekt für den Zugang zum Gebäude, sondern auch ein wichtiges Gestaltungselement. Ein Gestaltungselement, das viel kreativen Spielraum bietet, aber in der aktuellen Zeit eben auch einige Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit, des Schall- oder Brandschutzes, der Isolation, des Bedienkomforts oder der Langlebigkeit stellt. Für den Schreiner gilt es also, die technischen Herausforderungen mit den Gestaltungsvorgaben der Kunden oder den eigenen kreativen Ideen unter einen Hut zu bringen.
Seine Stärken kann der Schreiner vor allem bei speziellen Einzelanfertigungen, Renovationen oder besonderen Kundenwünschen ausspielen und sich zum Beispiel mit dem kreativen Einsatz seines Lieblingsmaterials von der Industrie und von Türen ab der Stange abheben. So kann Holz in seiner ganzen Vielfalt auch im Eingangsbereich für eine warme Atmosphäre sorgen – ob es nun als wirkungsvoller Kontrast zu anderen Materialien Verwendung findet oder als zurückhaltender Hauptdarsteller in einem schlichten Design eingesetzt wird.
Im Anschluss folgen drei spannende Beispiele aus Schreinerhand, bei denen der Werkstoff Holz auf völlig unterschiedliche Weise das Gesamtbild des Hauseingangs und der Tür prägt.
«Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.» Dieser berühmte Spruch wird Wilhelm Busch zugeschrieben und ist bei dem Nussbaumbrett, das diese Haustür ziert, ziemlich treffend. Denn das Aufsägen des Stammes lief nicht ganz nach Plan, wie sich Peter Rösch, Geschäftsführer der Nerozzi + Rösch AG erinnert: «Im Holz steckte ein Nagel, und das deswegen stumpfe Sägeblatt ist an dieser Stelle so stark verlaufen, dass wir den Rest mit der Kettensäge auftrennen mussten.» Die daraus resultierenden Dickendifferenzen zusammen mit einem grossen Astausbruch im Brett inspirierten die Schreinerei in Nesselnbach AG zu diesem Türdesign.
Der vermeintliche Holzfehler bildet nun das Griffdetail der Haustür. In dem Bereich ist das Brett ausreichend dick, um Platz für die Hand und einen Fingerabdrucksensor zu bieten. In einem fliessenden Übergang verjüngt es sich zu den Enden hin auf rund 20 mm Dicke.
«Wir haben das Glück, dass einer meiner Mitarbeiter nebst der Schreinerausbildung auch die zum Holzbildhauer absolviert hat», sagt Rösch. Er lese und spüre das Holz einfach nochmals etwas anders, was besonders bei solchen Arbeiten von Vorteil sei. Denn der Griff und das «Versteck» für den Fingerprintsensor sollen möglichst organisch dem Brett entstammen und sich dennoch gut anfühlen. Fasst man in die Grifföffnung, kommt der Finger automatisch an der richtigen Stelle zu liegen, und die Tür kann geöffnet werden, wenn ein hinterlegter Fingerabdruck erkannt wird. Ein Zylinder für den Zugang mit einem Schlüssel ist bei der Tür nicht verbaut. «Das machen wir aber nur, wenn das Haus auch noch über eine Nebeneingangstür zugänglich ist», sagt Rösch.
In diesem Fall ist diese Frage aber ohnehin hinfällig, denn die Haustür befindet sich als Anschauungsstück im Ausstellungsraum der Schreinerei. Man habe schon mehrere ähnliche Designs umgesetzt – mit vollkommen verschiedenen Holzarten und Brettformen. Einzige Voraussetzung sei ein Brett mit 70–80 mm Dicke. «Diese Dicke braucht es meiner Meinung nach einfach, damit der Charakter der Dreidimensionalität entsteht», sagt Rösch.
Konstruktiv benötigt das Design keine speziellen Details. Das geölte Holzbrett ist mit dem schwimmenden Doppel verschraubt und kann somit jederzeit für die Wartung oder eine anfällige Reparatur der Elektronik demontiert werden. Einzig die Rahmen- und Türebene steht gegenüber dem Festteil zurück, damit Letzteres bündig mit dem Massivholz abschliesst. Im Bereich des Türsturzes sorgt ein aufgesetzter Nussbaumstreifen auf dem Türrahmen dafür, dass die Linien des Bretts bis zur Mauerlaibung weiterlaufen.
Kurzfristige Planänderungen stossen bei Handwerkern selten auf Begeisterung. Kein Wunder, denn in der Regel bringen sie die ohnehin schon engen Zeitpläne nochmals ordentlich durcheinander. So auch bei dieser Haustür im thurgauischen Hörhausen. Der finale Entwurf dazu entstand dabei relativ spät im Bauprozess des Neubaus.
Geplant worden sei das Gebäude nämlich mit einer normalen Tür – viereckig und um einiges schmaler, als es die jetzige Stichbogentür mit zwei Festteilen ist.
«Die Planänderung durch die Bauherrschaft kam während der Rohbauphase, als der Maurer noch am Arbeiten war», erinnert sich Hansruedi Wieland, Geschäftsführer der gleichnamigen Schreinerei in Steckborn TG. Der Wunsch der Bauherrin: Die neue Haustür soll dem torähnlichen Eingang ihres Elternhauses ähneln und dennoch zum modernen Stil des Hauses passen.
«Als wir dem Maurer den Radius für den Türsturz angeben mussten, war noch überhaupt nicht definiert, wie die Tür am Ende aussehen soll», sagt Wieland. Zu dieser Zeit seien einige Ideen im Raum gestanden, bis schliesslich ein Pinterest-Bild die Inspiration zum finalen Design lieferte. Dieses Design mit stimmigen Proportionen umzusetzen, war allerdings nicht ganz einfach. Denn der Hauseingang, der als Vorlage diente, sei wesentlich breiter gewesen, als es bei dem Neubau in Hörhausen aufgrund der fortgeschrittenen baulichen Situation noch umsetzbar gewesen sei. «Am Ende haben wir aber einen Entwurf gefunden, der technisch realisierbar war, zu dem bereits festgelegten Radius des Stichbogens passte und den optischen Vorstellungen der Bauherrschaft entsprach», sagt Wieland.
Die Bögen beim Rahmen, bei den Rohlingen für Tür und Festteile sowie bei den Doppeln entstanden mit Oberfräse und Zirkelschablone, denn über eine CNC verfügt die kleine Schreinerei im Thurgau nicht. Die beiden Festteile haben dabei den gleichen Aufbau wie das Türblatt (Rohling mit schwimmendem Doppel) und sind mit Doppelverglasungsschrauben am Rahmen befestigt. Auf der Innenseite ist die Haustür weiss lackiert, was die Schreinerei allerdings auswärts hat machen lassen. «Dafür sind wir nicht eingerichtet», erklärt Wieland. Das geölte Finish der Nussbaumdoppel entstammt hingegen wieder der eigenen Werkstatt.
Das Holz ist durch einen grosszügigen Vorbau und die nordseitige Ausrichtung des Hauseingangs vor dem Wetter und direkter Sonne geschützt. Optimale Voraussetzungen also dafür, dass das schöne Holz des europäischen Nussbaums möglichst lange wie neu aussieht. «Die Praxis hat aber gezeigt, dass der Wind doch ab und an ein paar Regentropfen bis zur Tür trägt, weshalb es dann wohl doch von Zeit zu Zeit eine Pflegeölung braucht», sagt Wieland.
Dass ein Hauseingang auch ohne pompöse Tür ein echter Hingucker sein kann, zeigt diese Arbeit der Schreinerei Spescha AG. Das Unternehmen aus Rueun GR durfte die schlichte Haustür in geölter Eiche für das geschichtsträchtige Haus Geronimi im alten Kern des benachbarten Städtchens Ilanz realisieren. Das 400 Jahre alte, denkmalgeschützte Haus war einst Wohnsitz der Junkerfamilie Caprez, die über mehrere Generationen die Landschreiber und Landammänner in der Gerichtsgemeinde stellte. Zwischen 1840 und 1967 führten vier Generationen der Familie Geronimi zuerst ein Kolonialwarengeschäft und später eine Wein- und Spirituosenhandlung in den Geschäftsräumen.
Heute finden sich in den Geschäftslokalitäten im Erdgeschoss unter anderem ein Blumenladen und der Ausstellungsraum der Schreinerei Spescha AG.
Dem schlichten Design der Haustür liegt der Gedanke zugrunde, den Eingang als Ganzes wirken zu lassen, ohne dass sich die Tür in den Vordergrund drängt. «Hier in Graubünden sind die markanten Mauerabschlüsse bei den alten Patrizierhäusern oft zu sehen», sagt Gion Spescha, Inhaber und Geschäftsführer der Schreinerei. So habe es schon die eine oder andere Tür gegeben, die das Unternehmen so oder in ähnlicher Weise umgesetzt hat.
Bei dem Design lässt die gläserne Umrandung den Blick nach innen zu, und zudem gelangt viel Licht in den Eingangsbereich. Die äussere Scheibe des Spezialglases ist dabei durchgehend, während die beiden inneren Gläser der Dreifachverglasung durch einen schwarzen Steg getrennt werden, damit man von aussen die durchlaufenden, aufrechten Rahmenfriese nicht sieht. Diese sorgen dafür, dass die Belastungen beim Öffnen und Schliessen der Tür nicht auf das Glas übertragen werden, denn ähnlich einer Zargentür sitzt der Türrahmen zwischen den Glasscheiben, wo er mittels Glasleisten befestigt ist.
Bei der Massaufnahme setzte die Schreinerei auf einen 3D-Scan. «Bei dem alten Gebäude sind die Mauerlaibungen und der Stichbogen natürlich alles andere als symmetrisch. Die digitalen Hilfsmittel vereinfachen da die Massaufnahme», sagt Spescha. Ursprünglich habe man auch überlegt, die handgeschmiedeten Beschläge der über 100 Jahre alten Tür in die neue zu integrieren. «Das hat bei diesem Türentwurf allerdings nicht funktioniert», erklärt Spescha. So ist die neue Tür nun auf der Innenseite bündig einschlagend und verfügt über ein Dreipunktschloss. Das Türblatt hat die Schreinerei selbst in einem massiven Mehrschichtaufbau hergestellt.
Veröffentlichung: 28. August 2025 / Ausgabe 35/2025
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