Eine fast vergessene Alternative

Bilder: SZ, Noah J. Gautschi

Korpuspressen.  Eine exakte und sichere Spannung, ein genau einstellbarer Pressdruck sowie eine speditive Verleimung sind nur einige Attribute, die für eine Korpuspresse sprechen. Gut platziert und eingeplant, wird diese zu einer fixen Position im Produktionsablauf.

Für viele Schreiner gelten die alten, grossen Korpuspressen als nicht mehr zeitgemäss und somit als überflüssig. Meistens steht die Presse im Bankraum, wird bei Nichtgebrauch zur Ablage und beschlagnahmt den sonst schon knappen Platz. Doch richtig eingesetzt und in der Planung und Produktion integriert, bietet sie einige Vorteile gegenüber konventionellen Spannmethoden.

Guido Jost, Teamleiter Holzbearbeitungstechnologie bei der Arthur Bründler AG in Ebikon LU, weiss aus eigener Erfahrung, dass die Pressen nicht an erster Stelle der Schreinerwunschliste stehen: «Im Moment hält sich bei uns der Absatz solcher Maschinen in Grenzen.» Das hat auch mit der hohen CNC-Dichte in der Schweizer Schreinerlandschaft zu tun. Korpusse werden immer öfter verschraubt und benötigen keine zusätzliche Spannung mehr. Je nach Anwendungsbereich sind die neuen Pressen jedoch unschlagbar. «Im gehobenen Anwendungsbereich, wo viele Werkstücke sichtbar verleimt ausgeführt werden, lohnt sich ein Blick auf die Vorteile gegenüber konventionellen Schraub- und Korpuszwingen», sagt Markus Ambauen, Vorführer Anwendungstechnik bei Bründler.

Verleimqualität und Presszeit

Zwei grosse Stärken von Korpuspressen sind die hohe und gleichbleibende Verleimqualität und die speditive Taktverleimung. «Bei Weisswaren beträgt die Presszeit circa sechs Minuten. Anschliessend sind die Dübel so weit aufgequollen, dass der Korpus ausserhalb der Presse austrocknen kann», erklärt Ambauen. Eine solche Kadenz ist mit Zwingen nicht zu erreichen. Ebenfalls pressen die Maschinen gegenüber konventionellen Spannmitteln stets winklig, können nicht verkanten und arbeiten durch die Steuerung und die elektromechanischen Spindeln immer mit einem exakten Pressdruck. Diese Attribute ermöglichen das Verleimen von kleinen und speziellen Werkstücken.

Die Vielfalt eröffnet neue Chancen

Dank teilweise geschlossenen Pressflächen, Zulagen und speziellen Einsätzen können Korpussockel, Schubladenkästen, Blendrahmen und sogar Möbelstücke auf Gehrung verleimt werden. Durch diese universelle Nutzung ist die Presse praktisch nonstop in Betrieb, was zu einer guten Auslastung führt. «Ohne Korpuspresse oder mit einem alten Modell werden solche Kleinteile oftmals mit Zwingen oder sogar in der Furnierpresse verleimt», sagt Ambauen. Durch die permanente Auslastung ist die Anschaffung einer solchen Presse für alle Schreiner, die Korpusse, Korpusteile und Innenausbauten sichtbar verleimen, eine interessante Alternative und Möglichkeit, die eigenen Produktionsprozesse zu optimieren. Doch damit möglichst viele Teile über die Korpuspresse laufen können, muss bereits die Konstruktion in der Planung auf eine maschinelle Verpressung ausgelegt sein. So können beispielsweise mit wenigen Normierungsanpassungen in der Eckkonstruktion, der Zwischenbodenverbindung und der Rückwandbefestigung praktisch alle Teile durch die Presse laufen.

Produzieren am laufenden Band

Für die Produktion selbst bietet die Einbindung einer Korpuspresse eine Vereinfachung. So benötigt es beispielsweise zum Verleimen eines einfachen Korpus keine acht bis zwölf Zwingen mehr, und der Platz, der für die Verleimung gebraucht würde, steht der Endmontage zur Verfügung. «Bei uns laufen generell alle Teile über eine unserer beiden Korpuspressen», sagt Reto Müller, Produktionsleiter der Duss Küchen AG in Emmenbrücke LU, und fügt an: «Mit konventionellen Spannmitteln könnten wir zeitlich und aus Platzgründen nicht denselben Output generieren. Durch die Arbeit mit der Presse verändert sich ebenfalls die Arbeitsplanung. Vorher wurde Korpus für Korpus verleimt und fertiggestellt. Jetzt wird dank der Korpuspresse auftragsweise verleimt und anschliessend erst endmontiert. Das ermöglicht den Zusammenzug gleicher Bearbeitungen und bringt mehr Effizienz, da kein Arbeitswechsel erfolgt.»

Die Entscheidung, alle Verbindungen, ob sichtbar oder nicht sichtbar, in der Presse zu verleimen, steigert die Qualität und vereinfacht die Planung. «Wir müssen nicht unterscheiden, ob ein Korpus zusätzliche Sichtseiten erhält oder ob die Fugen später sichtbar sind. Alle Verbindungen können gezeigt werden», sagt Müller. Für Schreinereien, die ihren Zusammenbau und die Produktion optimieren wollen, lohnt es sich, einmal ein Szenario durchzuspielen.

Eine kurze Vorstellung von drei unterschiedlichen Korpuspressen findet sich auf der nächsten Seite.

www.bruendler.chwww.duss-kuechen.ch

Die «KP 2000» von der österreichischen Höfer Presstechnik GmbH bietet eine maximale Presskraft von 2000 kg pro Druckwand und hat eine maximale Nutzgrösse von 2500 × 1400 × 700 mm. Die Arbeitshöhe beträgt 400 mm, und es können Werkstücke ab einer Grösse von 150 mm gepresst werden. Als Option gibt es eine Feinpositionierungseinrichtung, mit welcher individuelle Einsätze verwendet werden können. So können neben Korpussen auch Rundbögen und Rahmenverbindungen auf der Maschine verpresst werden.

www.eigenmannag.ch

Die Gannomat «Concept 70 Eco» von der österreichischen Erwin Ganner KG ist eine optimale Montagehilfe für Dübelverbindungen bei der Korpusfertigung. Sie verpresst Werkstücke von 2500 × 1400 × 700 mm mit einem Pressdruck von 2200 kg. Minimal können mit einem Pressdruck von 300 kg auch Werkstücke mit einem Mindestmass von 150 mm verpresst werden. Die Arbeitshöhe beträgt 300 mm. Dank einer durchgehenden Pressfläche von 95 mm können so beispielsweise Sockel oder Spiegelschränke liegend in der Presse verleimt werden.

www.bruendler.ch

Die «MPH 410 Basic» von der Homag Automation AG wurde speziell für den rationellen und flexiblen Einsatz im Handwerksbereich und Innenausbau entwickelt. Der Standardpressdruck beträgt 1530 kg, es können Werkstücke von 2500 × 1400 × 700 mm verpresst werden. Die Arbeitshöhe beträgt 300 mm. Das Mindestmass beträgt in der Tiefe 250 mm. Die Pressflächen haben einen Toleranzausgleich, der kleine Unregelmässigkeiten am Werkstück ausgleichen kann. In der Anwendung ist keine Positionierung der Pressteile notwendig.

www.homag-schweiz.ch

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Veröffentlichung: 15. Dezember 2016 / Ausgabe 50/2016

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