Eine neue historische Treppe

Bild: Treppenbau.ch AG Die mächtige Treppe steht auf ihren Eckpfosten und braucht so keine Anbindung an die Natursteinwand.

HotelUmbau.  Die Anpassung historischer Gebäude an zeitgemässe Bedürfnisse und Vorschriften beinhaltet immer eine eigene Entstehungsgeschichte. Wenn das verwendete Material zudem Geschichte mitbringt, ist das Können des Handwerkers umso mehr gefordert.

Jeder Auftrag hat seine eigene Entstehungsgeschichte und braucht manchmal einen besonderen Weg, um schliesslich zu einem einzigartigen Produkt zu führen. Wenn ein Hotel, welches als Wirtshaus seit 164 Jahren besteht, umfassend renoviert werden soll, müssen die zeitgemässen Anpassungen auch das historische Ambiente berücksichtigen.

Beginn einer Verwandlung

Der Umbau des Hotels Bären in Gonten AI sollte den alten Charakter bewahren und dennoch den gehobenen, zeitgemässen Ansprüchen der anvisierten Kundschaft entsprechen. Die Treppe aus der Halle in den darüberliegenden Stock musste repräsentativ sowie passend zum Gebäude in Altholz gefertigt sein. Der Auftrag wurde anfangs zusammen mit dem Holzinnenausbau vergeben. Brandschutzüberlegungen führten dann aber zur Annahme, dass dieser Aufstieg wohl aus einer aufwendigen Holz-Stahl-Konstruktion erstellt werden müsste. Und so wurde der Auftrag weitergegeben.

Sicherheit bildet die Grundlage

Als die Treppenbau.ch AG in Bazenheid SG im Herbst 2014 angefragt wurde, ging es zu- allererst um die Abklärung mit der Zuständigen Brandschutzbehörde, was überhaupt machbar wäre. Im Lauf der Gespräche wurden provisorische Zeichnungen erstellt, anhand derer die Dimensionen der Treppe definiert werden konnten. Als Haupttreppe ist sie als Fluchtweg sehr wichtig und muss auch entsprechend begehbar sein.

Das Resultat in diesem Fall war, dass eine massive Ausführung aus Eiche für diesen Zweck erlaubt wurde. Die Wangen- sowie Trittstärke mussten mindestens 50 mm, die Laufbreite 1300 mm betragen. Wie alt das Holz sein würde, spielte hingegen keine Rolle.

Einfache Mittel schaffen optisch Raum

In Zusammenarbeit mit dem verantwortlichen Architekturbüro Roger Bechtiger in St. Gallen konnte nun die eigentliche Planung erfolgen. Ziel war eine halbgewendelte Treppe – also ein u-förmiger Grundriss – mit geschwungener Innenwange. Und obwohl die Treppe vor einer Natursteinwand geplant war, sollte sie freistehend ausgeführt werden. Somit wirkt der Raum noch etwas grösser, und der Handlauf hat auf beiden Seiten die gleiche Optik. Dies und der Umstand, dass die Antrittspfosten erst nach der Antrittsstufe kommen, unterstützt den gesamten Aufstieg in seiner grosszügigen, geschwungenen Wirkung. Der obere Abschluss mit einer Austrittsstufe bestätigt dies noch. Im oberen Stock läuft das Treppengeländer als Brüstung weiter und umfasst auf drei Seiten das etwas grössere Treppenauge. Da die Wände, Decken und Böden aus Holz sind, wird die Steinwand hinter der Treppe betont und schafft optisch räumliche Höhe. Der Schwung des freistehenden Treppenobjektes verbindet dynamisch die Stockwerke.

Das richtige Altholz

Mit der Planung begannen für Wendelin Brägger von der Treppenbau.ch AG ganz praktische Probleme, denn es musste erst einmal geeignetes Altholz beschafft werden. Eiche in dieser Menge und den gewünschten Dimensionen ist nicht unbeschränkt verfügbar. Auch musste der Holzfarbton durchgängig verträglich sein, und speziell die Balken für die Pfosten sowie die geschwungene Wange mussten ausreichend viel Übermass aufweisen, um noch bearbeitet werden zu können.

Eine Spezialität der Banderet AG in Arbon TG ist der Handel mit Altholz. Mittlerweile hat sich ein gut funktionierender Markt für die doch exklusiven Hölzer entwickelt, und die Firma konnte einen etwas grösseren Posten als benötigt besorgen. Das vorhandene Material musste sorgfältig eingeteilt werden.

Der Trick mit der Rundung

Eine besondere Herausforderung ist eine geschwungene Wange, denn dazu müssen dünne Bretter in der gewünschten Form miteinander verleimt werden. Damit die massive Ausführung in Struktur und Farbe nicht auffällige Differenzen aufweist, wurden die Bretter aus einem genügend dicken Block herausgeschnitten, gehobelt und wieder in der gleichen Abfolge verleimt. Gerade mit Altholz ist dieses Vorgehen sehr wichtig, da sonst kaum eine gute Wirkung erzielt werden kann.

Weil sparsam mit dem Material umgegangen werden musste, war das Schneiden ein Fall für einen weiteren Spezialisten: Daniel Thaddey. Dieser war erst gar nicht begeistert. Der Säger von der David Thaddey AG in Fischingen TG hatte verständliche Bedenken betreffend der Reinheit des Eichenblocks. Innenliegende Metallteile oder kleine Steine könnten das Band der Blockbandsäge beschädigen. Das Altholz der Banderet AG wurde aber nicht nur gereinigt, sondern auch geröntgt, womit das Vorhandensein derartiger Hindernisse ausgeschlossen werden konnte.

Die Einspann-, Führungs- sowie Schneidmöglichkeiten einer Blockbandsäge schaffen präzis definierbare Bretter von einer gefügten Grundfläche ausgehend und mit geringem Verschnitt. Mit kundiger Hand geführt, konnte so der notwendige Schichtaufbau geschaffen werden.

Aufwand, der sich lohnt

Die eigentlichen Fertigungsschritte der gestemmten Treppe unterschieden sich nicht wesentlich von einer Verarbeitung mit frischem Holz. Neben dem grösseren Aufwand bei der Holzeinteilung musste aber sehr auf knappes Hobeln geachtet werden, um vor allem die erforderliche Dimension der Pfosten zu erhalten.

Um eine Reinigung im normalen Umfang zu gewährleisten und allfälligen Problemen mit Absplitterungen sowie Verletzungen vorzubeugen, durfte die fertige Treppe keine offenen Risse aufweisen. Das Ausfüllen mit einem entsprechenden schwarzen Spezialspachtel kam dann beim Mehraufwand noch dazu.

Die einzigartige Wirkung der Ausführung mit Altholz der im Februar 2015 fertiggestellten Treppe rechtfertigt letztlich den grösseren Aufwand und Preis, denn auch dieses neue Objekt bringt Geschichte in das historische Haus.

www.baeren-gonten.chwww.treppenbau.chwww.rogerbechtiger.chwww.banderet.chwww.thaddey.ch

ab

Veröffentlichung: 10. März 2016 / Ausgabe 10/2016

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