Formenspiel für den Boden

Besonders struktur-reiche Parkettriemen entfalten je nach Ver-legerichtung eine ganz andere Wirkung, weil damit die Lichtreflexion beeinflusst wird.

Design.  Gilt die Schiffsboden-Verlegung als eine Art Basis des Bodenlegens, so bilden neuartige Parkettierungen die Kür. Je nach Verlegemuster verlangen sie dem Verarbeiter alles ab: Eine detaillierte Planung sowie exaktes Arbeiten sind nur zwei Voraussetzungen.

So kennt man es: Links in der Ecke mit einem ganzen Parkettriemen beginnen und sich Stück um Stück durch den Raum hindurch arbeiten. Die Abschnitte, die rechts am Ende des Raumes anfallen, werden wiederum links als Grundstein für die nächste Parkettreihe verwendet. Der sogenannte Schiffsboden ist das wohl am meisten verlegte Parkettmuster.

An der internationalen Möbelmesse in Köln stellte Bauwerk Parkett erstmalig das Produkt «Formpark» vor. Dieses besteht aus lediglich zwei verschiedenen Parkettriemen mit den Längenmassen 520 und 780 mm sowie der einheitlichen Breite von 260 mm. Die beiden Formate lassen sich zu verschiedenen Verlegemustern kombinieren, wie die Broschüre zu «Formpark» zeigt. Das Booklet schlägt 26 mögliche Varianten vor, mit dem Vermerk, dass weitere Kombinationen mög- lich seien. Für den erfahrenen Bodenleger bietet sich das Produkt als Alternative zum Schiffsboden also förmlich an.

Entwicklung einer Parkettierung

Wie es der Produktname sagt, lag bei der Entwicklung des neuen Produkts das Thema «Form» zugrunde. Das Gestalterduo Stephan Hürlemann und Simon Husslein vom Studio Hannes Wettstein stellte sich der Herausforderung, ein neues Muster aufs bewährte Parkett zu bringen. Es resultierten die zwei Dielenformate, die sich aufgrund ihrer Proportionen sowohl parallel als auch rechtwinklig zueinander verlegen lassen. «Die Genialität von ‹Formpark› liegt in seiner Einfachheit», erklären die beiden Gestalter und bringen es mit folgender Aus- sage auf den Punkt, «zwei Formate, unzählige Möglichkeiten». Noch während der Produktentwicklung habe man auch andere, ausgefallenere Formen in Betracht gezogen, erklärt Pascal Hinder, Forschung & Entwicklung des Schweizer Parkettherstellers aus St. Margrethen. Doch schliesslich sei der Entscheid von den produktionstech- nischen Rahmenbedingungen beeinflusst worden.

Eigenschaften von «Formpark»

Um die Formate sowie die Verlegerichtung auch bei gleicher Holzart zu betonen, sind die Produkte umlaufend gefast. Die Struktur des für eine feste Verklebung vorgesehenen Parketts ist tief gebürstet. Die 4-mm-Nutzschicht lasse eine nicht abrasive Reinigung mit Bürsten zu, sagt Pascal Hinder. Bei guter Pflege prognostiziert er dem Boden aber auch ohne Auffrischung eine 15-jäh- rige Lebensdauer. «Allerdings muss der Kunde die Pflegehinweise befolgen», sagt der Spezialist. Die werkseitig vorgeölte Oberfläche sei jedoch von Grund auf sehr widerstandsfähig.

Zurzeit bietet Bauwerk das Produkt «Formpark» in Eiche mit verschiedenen Sortierungen an: Zu einer feinjährigen und einer rustikalen Variante gesellt sich eine aufgehellte Eiche. Ebenso sind die beiden For-mate in zwei unterschiedlich dunklen Räuchereichen erhältlich.

Musterverlegung in Zürich

Dass die Idee funktioniert, erkannten kürzlich die Parkettleger der Lenzlinger und Söhne AG aus Nänikon. Hoch oben über dem Zürcher Kreis 5 verlegten und verklebten sie den neuen Boden im «Löwenbräu Black» als Pilotprojekt und Referenz. Das 16. Stockwerk des Hochhauses bot mit seinen 2,6 m Raumhöhe den würdigen Rahmen dazu, steht es doch inmitten des Zürcher Trendquartiers.

Rund 200 m2 Bodenfläche standen in der Musterwohnung zur Verfügung. Die Verantwortlichen rund um Christian Michel von Lenzlinger und Söhne konnten die Möglichkeiten des Systems hier insofern ausreizen, als dass sie drei verschiedene Muster fliessend ineinander übergehen lies- sen. Sowohl parallele als auch rechtwink- lige Bodentypologien kamen auf derselben Fläche zum Einsatz – und zeigten letztlich eindrücklich, wie ein Raum lediglich durch die Formate der Bodenelemente gegliedert werden kann. Was gestalterisch einleuchtet, erforderte bei der Verlegung aber einiges an fachlichem Know-how.

Präzise Planung unerlässlich

Von diesen Herausforderungen weiss Christian Michel zu erzählen: «Das Produkt ‹Form- park› gehört ganz klar in die Hände eines Fachmanns», sagt er. Das könne durchaus ein Schreiner mit entsprechender Erfahrung im Verlegen von anspruchsvollen Böden sein, besser aber ein professioneller Bodenleger. «Man darf den Boden vom Aufwand her nicht unterschätzen», warnt er.

Beim Musterboden im «Löwenbräu Black» zeichnete er aus diesem Grund einen exakten Verlegeplan für den vorgängig präzise ausgemessenen Grundriss. «Weil die verlegende Person unmöglich den Überblick haben kann, muss jeder verbaute Riemen auf dem Plan abgehakt werden», erklärt der Betriebsleiter Parkett dieses Zürcher Unternehmens.

Anspruchsvolle Verlegung

Für die Verlegung bedeutete dies vorerst ein exaktes Anzeichnen am Boden. «Es galt, jeden Riemen genauestens einzusetzen», erklärt auch Pascal Hinder. «Kleinste Abweichungen hätten sich auf die Raumlänge kumuliert und zu grösseren Abweichungen geführt.»

Auf der Baustelle verlangte das Produkt «Formpark» eine gründliche Vorbereitung. Weil jedes Muster eine andere Anzahl linker und rechter Riemen erfordere, sei die Bereitstellung am Einbauort von zentraler Bedeutung gewesen, ist von den am Einbau beteiligten Personen zu vernehmen. Der Hersteller bietet jedoch Unterstützung bei der Planung: Auf der «Formpark»-Website kann ein Parkettplaner zu Rate gezogen werden. Dieser rechnet je nach gewähltem Muster die prozentuale Menge von benötigten linken und rechten Riemen aus.

Neue Diskussion um Parkettierung

Der Kölner Messestand von Bauwerk war ganz und gar der Form gewidmet. Das wurde nicht nur durch die Ausstellungspartnerin Vorwerk klar, welche Teppiche anbot, die sich mosaikartig zu einer beliebig grossen Fläche zusammensetzen las-sen. Die Form der Präsentation liess denn auch eine alte Diskussion neu aufleben: diejenige nach der Parkettierung.

«In der Mathematik bezeichnet Parkettierung (auch Kachelung, Pflasterung oder Flächenschluss) die lückenlose und überlappungsfreie Überdeckung der Ebene durch gleichförmige Teilflächen», ist auf Wiki- pedia bedeutungsvoll zu lesen. Es fällt auf, dass Hersteller von Bodenbelägen wieder vermehrt nach Formen suchen, die einen optisch ansprechenden Flächenschluss zulassen. Sie erinnern mit ihren Produkten unter anderem an die rund hundertjährigen grafischen Arbeiten von M. C. Escher. Seine kunstvoll angeordneten Elemente zeigen eindrücklich auf, was mit Parkett in der Theorie alles möglich wäre.

Zurück in die Praxis

Mathematisch werden die Muster je nach den ihnen zugrunde liegenden Regelmäs-sigkeiten in Gruppen eingeteilt. Gemäss dieser Auflistung dürfte es sich beim Produkt «Formpark» um eine inhomogene Parkettierung handeln. Doch das ist alles Theo-rie. Für den Schreiner von Bedeutung ist die Aussage von Pascal Hinder: «Wir haben das Produkt durchgetestet, es ist im Handel erhältlich», sagt er. Weil es technisch auf anderen Bauwerk-Produkten basiere, sei die üblich hohe Qualität zu erwarten.

www.studiohanneswettstein.comwww.formpark.bauwerk.comwww.lenzlinger.ch

Heinz Baumann ist bekannt für seine exquisiten Möbel aus handwerklicher Fertigung. Der Schreiner und Gestalter hat sich kürzlich mit dem Thema Par- kettierung auseinandergesetzt – und ist dabei auf eine andere Lösung gekommen als das Studio Hannes Wettstein mit dem Produkt «Formpark». Das Projekt «Pezzo» ist jedoch für die Rahmenbedingungen einer kleinen Manufaktur entworfen worden und nicht für die industrielle Fertigung.

Die Idee hinter dem Mosaik

Bei «Pezzo» scheint kein Mosaikstein gleich wie der andere. «Es war mein Ziel, ein reproduzierbares Muster zu entwickeln, bei dem man den Rapport nicht sieht», sagt Heinz Baumann zu seinem Entwurf. Erreicht hat er das durch 22 unterschiedliche poligonale Formen mit einem harmonischen Kantenverhältnis. Diese setzen sich zu einer Platte zusammen, welche formal als Parkettmuster verlegbar ist. Dank dem Naturmaterial Holz gleicht kein Stück dem anderen. Der Farbton sowie die Laufrichtung des Holzes lassen Gestaltungsspielraum zu. «Das Projekt ‹Pezzo› will die ureigene Diktatur der Holzrichtung mit ihren Folgen infrage stellen», sagt Heinz Baumann.

Den ganzen Stamm nutzen

Bei der Entwicklung von «Pezzo» war dem Schreiner aus Heerbrugg wichtig, dass er bei den relativ kleinen Mosaik-teilchen die Endstücke von Klotzbrettern einsetzen konnte, welche aufgrund der geringen Dimension für andere Zwecke nicht infrage kommen. Es sei für ihn essenziell, den ganzen Baumstamm verwerten zu können, erklärt Heinz Baumann.

Vom Parkett zum Möbel

Mittlerweile gibt es das Parkett auch als Möbel. Die Produktion des Highboards ist ein anderes Thema als die-jenige des Parketts, obwohl optisch klar verwandt. Die einzelnen polygonalen Teile ziehen sich um die Ecke, als wären sie gefaltet. Aus Gründen der Konstruktion läuft die Faserrichtung weiter. Es bildet sich eine Art Rahmen, der dem Möbel Stabilität verleiht. Trotz aufwendiger Fertigung muss bei «Pezzo» naturbedingt mit Fugen gerechnet werden, die den jeweiligen Feuchtegehalt der Luft widerspiegeln. Die gewählte Verbindungsart zeigt, dass dies stabil möglich ist.

Während das Möbel als Liebhaberobjekt erhältlich ist, existiert das Parkett «Pezzo» erst als Prototyp. Aufgrund seiner Anlage sei dieses besonders für Räume geeignet, deren Wände nicht genau im rechten Winkel gebaut sind, lässt Heinz Baumann verlauten. Als Möbelspezialist ist er auf der Suche nach einem Parketthersteller mit einer geeigneten Produktion. Das Muster von «Pezzo» ist geschützt.

www.moebelmanufaktur.ch

Verlegeinformationen

Es gilt vieles zu berücksichtigen

Einige Informationen aus der Verlege-anleitung von «Formpark»:

  • «Formpark»-Pakete erst kurz vor der Verlegung öffnen.
  • Die Verlegung darf nicht bei einer Raumluftfeuchtigkeit von über 75 % vorgenommen werden.
  • Beim Verlegen sollte die Raumtemperatur mindestens 18 °C betragen und die Materialtemperatur nicht unter 15 °C liegen.
  • Auf einen ebenen Untergrund ist bei dieser Parkettform besonderes Augenmerk zu richten.
  • Die Verlegung hat äusserst präzis zu erfolgen.
  • Im Winter muss man mit Fugen und Schüsselungen rechnen. Durch Einhalten eines gesunden Raumklimas (20 bis 22 °C und zirka 40 bis 50 % rel. Luftfeuchtigkeit) kann dem entgegengewirkt werden.
www.bauwerk-parkett.com

MW, MW

Veröffentlichung: 06. März 2014 / Ausgabe 10/2014

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