Funktionieren digitale Möbelberater?

Regal-Architektur aus dem Internet: Der Konfigurator von This Reber orientiert sich am Raster, in welchem das Regal «STM2» aufgebaut ist.

Möbelkonfiguratoren.  Die digitale Gesellschaft kauft vermehrt über das Internet ein. Für individuelle Schreinermöbel bieten sich Konfiguratoren im World Wide Web geradezu an. Doch wie viel können die digitalen Berater leisten? Lohnen sie sich für den Schreiner?

Auf eine persönliche Beratung wird beim Möbelkauf heute mehr Wert gelegt denn je. Das besagen die Konsumententrends aus der Jahres-Branchen-Info für das Jahr 2011, herausgegeben von Möbelschweiz. Laut der Statistik setzten rund 60% der Möbelkäufer auf die Kompetenz des Verkaufspersonals – deutlich mehr als noch im Jahr zuvor. Laut derselben Quelle ist die Zunahme in diesem Bereich unter anderem auf eine grössere Produktverwirrung seitens der Konsumenten zurückzuführen. Aufgrund des stetig wachsenden Marktangebots verlangen Kunden also vermehrt nach fundierter Information.

Vertrauen im Internet?

Doch es gibt auch einen Gegentrend. Das Internet als Verkaufsplattform erfüllt die soeben genannten Präferenzen nicht. Trotzdem schenkt man Hersteller-Websites gemäss derselben Studie fast genauso grosses Vertrauen wie dem Verkaufspersonal. Ein Online-Möbelkonfigurator untersteht jedoch anderen Gesetzen. Er vermittelt nicht nur Informationen, sondern lässt auch Interaktion zu. Die Seite funktioniert als eine Art virtuelle Beraterin. Einige auf dem Netz einsehbaren Konfiguratoren zeigen, dass massgefertigte Möbel – eigentlich die Domäne des Schreiners – in Zukunft wohl auch auf dem Marktplatz Internet gehandelt werden könnten. Einige Möbeltypen und Konstruktionen sind sicherlich prädestiniert für diese Vertriebsform. Andere verlangen unbedingt nach einer authentischen Beratung im Fachgeschäft oder beim Schreiner. Die folgenden Beispiele sollen die Grenzen aufzeigen.

Das Regal als Steckenpferd

Der Designer This Reber hat auf seiner Website einen Konfigurator für das Regalsystem «STM2» als Beta-Version am Laufen. Der Kunde kann sich hier sein persönliches Regal zusammenstellen und anschliessend wählen, ob er dieses direkt online kaufen oder lediglich eine Anfrage platzieren will. «Es erreichen mich fast ausschliesslich Anfragen», spricht This Reber aus seiner mittlerweile einjährigen Erfahrung mit dem Tool. «Die digital erstellten Daten dienen als Gesprächsgrundlage», präzisiert er. Ansonsten ist der Basler Designer sehr zufrieden, was den Rücklauf auf seine Online-Präsenz betrifft. «Die Leute benutzen den Konfigurator rege», sagt er. Das über die Jahre zur Perfektion entwickelte Regal «STM2» besteht hauptsächlich aus beschichteten Multiplex-Etagen. In den Stirnseiten sind Hülsen eingelassen, die steckbare CNS-Verstrebungen aufnehmen. Das Möbel ist in zwei Tiefen von 310 oder 410 mm erhältlich. In der Breite setzen sich die Module im vorgegebenen Raster zusammen. Die Höhe ergibt sich aus drei frei wählbaren Lichtmassen. Dank der Reduktion auf wenige Einzelteile ist eine Lagerhaltung möglich. Aus dem Fundus werden die Bestellungen konfektioniert. «Das Regal eignet sich daher besonders gut für eine Internet-Konfiguration», ist This Reber überzeugt.

Produktion auf Nachfrage

Des Schreiners Steckenpferd jedoch ist die kundenindividuelle Produktion ohne Lagerhaltung. Eine solche stellt sehr hohe Anforderungen an die Programmierung, sofern die vom Kunden eingegebenen Daten aus dem Internet gleich auch für die Produktion verwendet werden sollen. Christian Luterbach ist verantwortlich für den Online-Schrank-Konfigurator easyschrank.ch. Bei seinem Tool wählt der Kunde zuerst die Anzahl Türen am Schrank. Danach wird er vom Programm durch eine Checkliste geführt, wo die Bestellung weiter spezifiziert werden kann. Der Kunde hat die Möglichkeit, exakte Masse, Farben, Oberflächen und Griffe hinzuzufügen. Am Ende gelangen die Daten in die Avor, wo der Schrank noch einmal gezeichnet wird. Die anschliessende Kommunikation mit dem Kunden geschieht per Mail oder Telefon. «Der Kundenkontakt ist für uns wichtig», erklärt Christian Luterbach den Entscheid, die Durchgängigkeit nicht weiter auszubauen. Die Daten aus dem Online-Konfigurator sieht auch er in erster Linie als präzis definierte Offertanfrage. Gemäss Christian Luterbach werden über das Online-Tool wöchentlich um die fünf Schränke verkauft.

Eine durchgängige Lösung?

In ähnlichem Umfang verkaufen sich die konfigurierbaren Möbel von deinmoebel.ch. Pro Tag verkaufe er im Durchschnitt ungefähr einen Schrank über den vor drei Jahren neu geschaffenen Möbelkonfigurator, sagt Michel Schürch vom Online-Anbieter. Die Bestellungen würden vor allem übers Wochenende eintreffen, wenn die Kunden Zeit dafür hätten.

Der Aufwand zum Erstellen des Online-Tools war gross. Insbesondere die Programmierung der hinterlegten Parametrik habe sich als Knackpunkt erwiesen. Sie sorgt dafür, dass die kundenseitig definierten Formen nicht nur schön anzusehen, sondern in der Praxis auch statisch schlüssig sind. Die Entwicklungskosten für das Online-Tool sind durch den Betrieb zwar noch nicht amortisiert, sie haben sich gemäss Michel Schürch aber auf andere Weise gelohnt. Als Marketing-Tool macht die Website auf sich aufmerksam. Deinmoebel.ch hat kürzlich einen Preis für E-Commerce gewonnen.

Der Bestellablauf funktioniert wie folgt: Auf der Startseite hat der Kunde die Möglichkeit, zwischen Flügeltürschrank, Schiebetürschrank, einem Regal mit 19 oder 40 mm Seitenstärke oder einem Sideboard auszuwählen. Die Masse sind anschliessend zentimeterweise editierbar. Dank der gut ausgebauten Durchlässigkeit gelangen die Daten fast direkt auf die Maschine. «Die Bearbeitung einer Bestellung nimmt intern nur ungefähr zehn Minuten in Anspruch», bemerkt Michel Schürch. Dass fast sämtliche Online-Anfragen bei deinmoebel.ch Dirketbestellungen sind, erstaunt – zumal das Bestellvolumen laut dem Geschäftsführer im Durchschnitt 2000 Franken beträgt. Klar werde die Online-Lösung zum Teil benutzt, um Preise zu vergleichen. «Das lässt sich nicht ausschliessen», bemerkt Michel Schürch. In dem Fall spricht er von Missbrauch. Doch statt sich zu ärgern, blickt er lieber in die Zukunft: «Bald werden wir unser Angebot wohl mit einem Tisch-Konfigurator ausbauen», sagt er.

Nicht jedes Möbel eignet sich

Einen Tisch-Konfigurator hat kürzlich auch This Reber für seinen Massivholztisch «Base» online geschaltet. Über diesen Entscheid ist er sich allerdings reuig. Seit er die Tische im Konfigurator anbiete, habe die Nach- frage stark abgenommen. Über die Gründe kann er nur spekulieren.

Auch die Strasser AG in Thun hat auf der Website einen Konfigurator für das Tischmodell «Duro» am Laufen. «Der ist allerdings bewusst sehr einfach gehalten», erklärt Peter Zbären von der Schreinerei. Es handelt sich eher um ein interaktives Offertformular. Per Dropdown-Menü sind Farbe und Grösse des Tisches wählbar. Im individuellen Bereich, wo der Schreiner tätig ist, sei eine durchgängige Automation nämlich schwierig, weiss Peter Zbären. Er begründet seine Aussage mit dem schnellen Wandel in der Branche. Auch wenn man weitsichtig plane, seien solche Lösungen nach mindestens drei Jahren veraltet. «Da rechnen sich die grossen Aufwendungen nicht, die für eine solche Entwicklung notwendig sind», ist er der Meinung.

www.thismade.chwww.easyschrank.chwww.deinmoebel.chwww.strasserthun.ch

MW

Veröffentlichung: 15. November 2013 / Ausgabe 46/2013

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