Grosser Brocken mit grosser Wirkung

Jedes Werkstück ist zur Rückverfolgung mit einer QR-codierten Etikette versehen. Bild: Schreinerei Wälchli GmbH

WEitsicht.  Ist eine Schreinerei bereit, nebst der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) weitere Optimierungen an allen Ecken und Enden umzusetzen, dann sind alle Beteiligten massiv gefordert. Die SZ berichtet über die Erfahrungen eines Betriebs auf diesem intensiven Weg.

Die Überprüfung der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) ist erfolgt, die Zertifizierung ausgestellt, unzählige Optimierungen sind umgesetzt. Die Emmentaler Schreinerei Wälchli GmbH, vor nicht einmal acht Jahren gegründet, hat mit der erfolgreichen WPK-Zertifizierung einen wichtigen Schritt in die Zukunft gemacht. Doch Inhaber Dominic Wälchli betont rückblickend: «Für uns als KMU war es ein grosser Brocken, denn wir haben im wahrsten Sinne des Wortes keinen Stein auf dem anderen gelassen.»

Türsegment sichern und stärken

Doch alles der Reihe nach. Die rund zehnköpfige Schreinerei aus dem bernischen Sumiswald hat sich in ihrer kurzen Unternehmensgeschichte zu einem namhaften Türenproduzenten entwickelt, der nahezu 1000 Türen pro Jahr grösstenteils an Schreinereien und Fachhändler liefert. Dominic Wälchli sah sich deshalb in der unternehmerischen Pflicht, dieses Segment zu sichern und zu stärken. Die Einführung einer WPK stand deshalb für ihn ausser Frage, zumal dieses Kontrollinstrument mit der bereits in Kraft getretenen Harmonisierung der Produktenormen für Aussentüren Pflicht ist. Trotz Verzögerungen ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Vorschriften auch für Innentüren gelten.

Eine solche WPK beinhaltet die Kontrolle und Rückverfolgbarkeit des Produkts über den ganzen Produktionsprozess hinweg. Vom Wareneingang bis zur Auslieferung wird die Qualität des Produkts laufend geprüft und dokumentiert. Mit einer eindeutigen Identifikationsnummer des Bauteils wird zudem sichergestellt, dass auch nach zehn Jahren das Bauteil noch dem Hersteller zugeordnet werden kann und dieser die qualitätsrelevanten Eckdaten bei sich archiviert hat.

Es stellt sich die Frage, ob eine solche vereinheitlichte Qualitätskontrolle für ein KMU wie die Schreinerei Wälchli GmbH wirtschaftlich nicht vorwiegend Nachteile mit sich bringt. «Natürlich bedeuten die genaue Dokumentierung und die geforderte Rückverfolgbarkeit der Produkte viel Aufwand», war sich Dominic Wälchli von Beginn weg bewusst. Doch das Projekt brachte auch viele Chancen mit sich. Die Führungscrew der Schreinerei sagte sich: «Wenn wir schon alle Prozesse dokumentieren und die Qualitätssicherungsmassnahmen implementieren, dann versuchen wir doch, dies als Chance zu sehen und alles, was wir anpacken, auch gleich zu hinterfragen und zu verbessern.»

Mitarbeitende als Schlüssel zum Erfolg

Um die Veränderungen optimal umsetzen zu können, stand dem Unternehmen eine ausgewiesene Fachperson zur Seite. In Bezug auf das Prozess- und Leanmanagement konnte man auf das Fachwissen von Stephan Zürcher, Ecoholz GmbH, zurückgreifen. Der Schlüssel zum Projekterfolg waren aber die Mitarbeitenden, die von Beginn weg in das Vorhaben integriert und auf allen Ebenen gefordert wurden. Schliesslich mussten alle Prozesse hinterfragt und in Workshops zusammen mit Stephan Zürcher neu entworfen und umgesetzt werden. Jeder Arbeitsplatz wurde so agiler und effizienter gestaltet. Damit konnten die Verlustzeiten in den Prozessen erheblich vermindert werden.

Fehler als Chancen

Als grösste Herausforderung innerhalb des Optimierungsprozesses stellte sich die Implementierung einer Fehlererfassung und -lenkung heraus. Wer mag es schon, wenn Fehler aufgedeckt und diese auch noch thematisiert werden? Einer ersten Phase mit umständlichem Erfassungssystem via Formular und Rückmeldung an den Vorgesetzten war wenig Erfolg beschieden. Die Lösung ergab sich in einem Workshop mit den Mitarbeitenden, indem die Fehler als Chancen wahrgenommen wurden und die Wahl des Kommunikationsmittels auf Whatsapp fiel.

Experte Stephan Zürcher analysiert diesen Wandel: «Der erreichte Wechsel der Fehlerkultur basiert auf dem Vertrauen der Mitarbeitenden in die Unternehmensleitung und auf gemeinsam erlebten positiven Verbesserungen. Dieses Vertrauen haben wir in den Workshops mit der Optimierung der Arbeitsplätze aufgebaut. Natürlich war zu Beginn die Skepsis gross, als wir das erste Spaghettidiagramm gemacht haben, um die Verschwendungen aufzuzeigen. Doch die Resultate und die Arbeitserleichterungen waren für die Wälchli-Mitarbeitenden überzeugend. Aus dieser Sicherheit heraus wurden die Prozesse und das Layout in der Schreinerei gemeinsam überarbeitet. Entscheidend für den Erfolg des Projektes war, dass die Geschäftsleitung sofort startete, die vielen Verbesserungsideen der Mitarbeitenden umzusetzen und die ‹Schuldzuweisungen bei Fehlern› zu stoppen.»

Verbesserungskultur mit Mehrwert

Heute kann die Schreinerei Wälchli GmbH auf eine funktionierende WPK zählen, welche den ganzen Betrieb und speziell die Türproduktion stärkt und sichert. «Wenn man im Zusammenhang mit einem solchen Projekt nicht scheut, alte Gewohnheiten zu hinterfragen, profitiert jedes Unternehmen unglaublich viel davon», ist Dominic Wälchli überzeugt. «Ausserdem kann parallel zur Einführung der WPK eine Verbesserungskultur aufgebaut werden, die einen grossen Mehrwert mit sich bringt.»

www.ecoholz.ch

Schreinerei Wälchli GmbH

Im Kurzporträt

Die Schreinerei Wälchli GmbH wurde im Jahr 2013 gegründet und hat ihren Standort in Grünen bei Sumiswald BE. Die Kernkompetenzen der Emmentaler Firma sind die Planung und die Fertigung von Tür- und Toranlagen. Die Firma mit rund zehn Mitarbeitenden hat sich auf den Wiederverkauf von Türen spezialisiert, primär an Schreinereien und Holzbaubetriebe. Dabei steht von der einfachen Fertigtür bis zur grossen, komplexen Tor- anlage alles im Angebot.

www.schreinerei-waelchli.ch

Patrik Ettlin, pet

Veröffentlichung: 30. Juli 2020 / Ausgabe 31-32/2020

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