Hoch hinaus auf engem Raum

Steiltreppen lassen sich oft harmonisch in das Gesamtbild des Hauses einfügen. Bild: Keller Treppenbau AG

Raumspartreppen.  Soll bei einem Umbau ein neuer Raum erschlossen werden, sind Raumspartreppen eine Lösung. Trotz geringem Platzbedarf bieten sie einen erstaunlichen Komfort, eine ansprechende Optik und eine hohe Sicherheit.

Muss eine Treppe auf geringem Grundriss verwirklicht werden, spricht man von einer Raumspartreppe. Tatsächlich umfasst aber diese Bezeichnung eine Vielzahl von Treppenformen. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist der Neigungswinkel der Lauflinie, also der Konstruktionslinie, die den Weg eines Benutzers zeichnet. Treppen mit einer Steigung zwischen 45 und 75 Grad werden als Steil- oder Leitertreppen bezeichnet. Zwischen 75 und 90 Grad spricht man von Leitern, ab 90 Grad von Steigeisen.

Für den Schreiner sind hier jedoch nur die Steiltreppen erwähnenswert. Grundsätzlich gilt, dass diese nicht als Haupt-, sondern nur als Nebentreppen eingebaut werden sollten. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (Bfu) schreibt dazu: «Steiltreppen sollten nur als zusätzlicher Zugang zu Aufenthaltsräumen eingeplant werden.» Doch genau hier liegt das Problem. Besteht das Bedürfnis nach einer Steiltreppe, so ist dies meist die Folge einer beengten Raumsituation. Das bedeutet, dass zum Beispiel die Erschliessung eines Dachbodens oder einer Galerie nur auf diese Weise möglich ist.

Viel Interpretationsspielraum

Die nutzbare Treppenlaufbreite einer Leitertreppe sollte mindestens 50 Zentimeter und höchstens 70 Zentimeter betragen. Beidseitig angeordnete, griffgerechte Handläufe erhöhen die Sicherheit. Nach deutschem Baurecht sind Steiltreppen nur als Ersatz für bewegliche Bodentreppen erlaubt, also zum Erschliessen von Dachgeschossen, die nicht als Aufenthaltsräume genutzt werden.

In der Schweiz ist die Abgrenzung nicht so klar. Es gelten die SIA-Normen und die Empfehlungen des BFU. Bezüglich der Steiltreppen sucht man vergeblich nach klaren Regelungen, was zu viel Interpretationsspielraum führt. Im Wissen, dass sich Steiltreppen bei engen Platzverhältnissen oftmals geradezu aufdrängen, hat dies für den Treppenbauer auch positive Aspekte. Denn auf diese Weise bleibt ihm eine gewisse Handlungsfreiheit, um mit dem Kunden eine ideale Lösung auszuarbeiten.

Die Kehrseite der Medaille ist dann allerdings, dass auch im Falle eines Treppensturzes Interpretationsspielraum besteht. Das heisst: Sollte eine Person auf einer Steiltreppe stürzen und Klage einreichen, so könnte dies für den Treppenbauer unangenehme Folgen haben.

Gesunder Menschenverstand

Eine Problematik, der sich die Fachleute durchaus bewusst sind. «Bezüglich der Treppen gibt es lediglich empfohlene Normen und keine verbindlichen Gesetze», sagt Martha Walker, Marketing- und Vertriebsleiterin der Bianchi Treppenbau AG im bündnerischen Landquart. «Kommt es aber zu einer Klage, so greift die Rechtssprechung auf die Normen zurück.» Bei Bianchi hat man sich deshalb dazu entschlossen, die Bauherrschaft abzumahnen, sollte sie sich trotzdem und entgegen den Empfehlungen für eine Steiltreppe als Erschliessung eines regelmässig genutzten Raumes entscheiden.

Anders wird das Problem bei der Keller Treppenbau AG in Urtenen-Schönbühl BE gehandhabt: «Wir mahnen unsere Kunden in einem solchen Fall nicht ab», sagt Verkaufsleiter Peter Steiner. «Wir weisen ihn ganz klar auf die Empfehlungen hin, lassen ihn die Pläne unterschreiben und setzen auf den gesunden Menschenverstand.» Schliesslich trage jeder Mensch Eigenverantwortung und sei imstande, situationsgerecht zu handeln. Es sei eine Unsitte, immer gleich als Erstes nach einem Schuldigen zu suchen, wenn etwas passiere. «Wir Treppenbauer sollten zusammenstehen, um unseren Anliegen Gehör zu verschaffen», findet Steiner.

Parameter sind gegeben

Raumspartreppen sind fast ausschliesslich bei Umbauten ein Thema. Das heisst, dass in der Regel die Parameter fix sind. Für den Treppenbauer gilt es, genau zu eruieren, welche Konstruktionen möglich sind und welche am besten auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt werden können. «Wichtig ist es, sich vor Ort ein Bild zu machen, wie der Kunde lebt, wie er sein Zuhause eingerichtet hat und welcher Ablauf sich in seinem Alltag daraus ergeben hat», erklärt Martha Walker. «Die Treppe sollte sich in diesen Fluss einfügen.» Ist der geeignete Ort für das Objekt gefunden, so gilt es, diesen auf allfällige Komplikationen zu prüfen. So ist beispielsweise der Austritt einer Treppe genau zu planen, wenn der zu erschliessende Raum unter einem Schrägdach liegt. «Bei Dachschrägen sollte man darauf achten, dass man beim Verlassen der Treppe aufrecht stehen kann», sagt Walker. Eng mit der Bestimmung des idealen Ortes hängt die Form der Treppe zusammen. So insbesondere, ob die Treppe gerade oder gewendelt sein soll.

Stauraum integrieren

Bei einer geraden Treppe kann es sinnvoll sein, auch den Platz unter der Treppe in die Planung mit einzubeziehen. Denn oft lässt sich nicht nur mit der Treppe selbst Platz sparen, sondern auch mit einer sinnvollen Nutzung des Raumes darunter. So hat die Keller Treppenbau AG beim Umbau eines Chalets ein offenes Regal eingebaut. In Kombination mit einem leichten Geländer konnte der Platz ausgenutzt werden, ohne erdrückend zu wirken. Dem Chalet-Charme trug die Ausführung in natur-geölter Hagebuche Rechnung.

Die Ambauen Treppen AG aus Beckenried NW hat sich bei der Erschliessung eines Dachgeschosses für einen flächigen Abschluss mit weiss lackierten Schränken entschieden. Auch in diesem Objekt wurde mit der hellen Farbe darauf geachtet, den Raum optisch so wenig wie möglich einzuschränken. Die den Treppenstufen angepassten Schranktüren dienen gleichzeitig auch als Gestaltungsobjekt.

Die Stauraumnutzung bietet sich nicht in jedem Fall an. Bei einem Beispiel der Columbus Treppen AG hätte eine solche erdrückend gewirkt und den Lichteinfall auf den unter der Treppe liegenden Wohnraum eingeschränkt. Und dies, obwohl bei der Erschliessung der Dachterrasse neben dem hohen Raum und dem schmalen Gang eben der Wunsch nach mehr Tageslicht war. Entstanden ist eine offene Treppe mit Zwischenpodest. Dank dieser Konstruktion ist die Treppe nicht so nahe am schmalen Gang, dass sie zum Hindernis werden könnte, und sie kollidiert auch nicht mit der darunterliegenden Zimmertür.

Treppensteigen mit Hüftschwung

Zur leichteren Überwindung der Höhendifferenz hat man sich bei Columbus in diesem Fall für eine sogenannte Sambatreppe entschieden. Die Besonderheit dieser Treppe ist der versetzte Stufenauftritt. Jede Stufe ist abwechselnd rechts und links halbseitig ausgeklinkt. Auf diese Weise trifft jeweils der rechte oder der linke Fuss auf eine normaltiefe Stufe. Da die Treppe immer in der gleichen Schrittfolge begangen wird und der Treppenbenutzer mit dem richtigen Fuss voran hinuntersteigen muss, ist ein ausgeschnittener Austritt auf dem oberen Bodenniveau nötig.

Die theoretische Lauflinie der Sambatreppe verläuft zickzackförmig, womit bei einem Steigungsverhältnis der Stufen von 45 Grad ein Treppenneigungswinkel von bis zu 75 Grad möglich ist. Die Konstruktion biete gemäss Columbus wegen der speziellen Stufengeometrie den besten Komfort bei steilen Treppen. Das Auftrittsmass wird bei dieser Konstruktion erhöht, was bekanntlich wichtiger sei als das Steigungsmass der Treppe. Es sei wichtig, dass insbesondere beim Hinuntergehen der ganze Fuss abgestellt werden könne. Bei normal gebauten Treppen mit vergleichbarem Anstellwinkel könne man nur auf der Ferse hinunter- respektive auf dem Fussballen hinaufgehen.

Ihren Namen verdankt die Treppe dem Samba. Dies wegen der runden Hüftbewegungen, die beim Treppensteigen durch die Anordnung der Stufen verursacht werden und offenbar an die Bewegungen des lateinamerikanischen Tanzes erinnern. Eine wesentlich klangvollere Bezeichnung als Wechselstufen- oder Watscheltreppe, wie diese Konstruktion auch genannt wird.

Gewendelte Treppen

Je nach Raumsituation bietet sich eine Kombination aus Samba- und gewendelter Treppe an. So beispielsweise beim Objekt der Schreinerei Beeler AG, wo die Raumverhältnisse kaum Handlungsspielraum boten und das obere Stockwerk dennoch mit einem möglichst hohen Komfort erreicht werden sollte. Tatsächlich sind bei engen Platzverhältnissen oft gewendelte Treppen die Ideallösung. Beim Objekt von Bianchi, das eine Galerie erschliesst, bleiben dank der Konstruktion Küche und Schränke zugänglich, das Fenster kann weiterhin geöffnet werden und der Lichteinfall wird nur mimimal eingeschränkt.

Eine für alles

Sieht man all die verschiedenen Möglichkeiten, so wird klar: Auch die Raumspartreppe ist nicht einfach eine Raumspartreppe. Sie ist nicht nur die einfachste Verbindung zweier Ebenen auf kleinstem Raum, sondern auch ein Gestaltungsobjekt, eine kluge Stauraumlösung – und nicht zuletzt eine Tanzbühne für den richtigen Sambaschwung.

www.ambauen.chwww.beeler-schreinerei.chwww.bianchi-treppen.chwww.columbus.chwww.keller-treppen.ch

mh

Veröffentlichung: 18. April 2019 / Ausgabe 17/2019

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