Industrie im Kleinformat

Das Firmengebäude der Floor Innovation Group AG in Sursee LU. Bild: Floor Innovation Group AG

Manufaktur.  In Sursee LU vereint die Floor Innovation Group AG die Kompetenz aus gleich fünf Unternehmen unter einem Dach. Wie der Name vermuten lässt, ist das gemeinsame Kernthema der Boden. Für den Schreiner besonders interessant: die Manufaktur der Naturo Flooring AG.

Beim Anblick des grauen Industriegebäudes in Sursee LU denkt man bestimmt nicht gleich an heimelige Parkettböden, natürliche Korkbeläge oder flauschige Teppiche. Die grossen Schriftzüge an der Fassade lassen allerdings auf die Kernkompetenz der Floor Innovation Group AG schliessen, welche mehrere Unternehmen aus der Bodenbranche unter einem Dach vereint. Mit der Siltex AG, der Naturo Flooring AG, der Terr’Arte AG, der Floor Concept GmbH und der J. Brauchli AG teilen sich die fünf Unternehmen den Standort in Sursee, die Geschäftsleitung und das Marketing.

Spätestens im Showroom ist klar, hier dreht sich alles um Bodenbeläge. Ob aus Holz, Kork, Vinyl, Linoleum oder Textil, die Kunden können sich auf 300 m2 Ausstellungsfläche inspirieren lassen. Dabei wird nur ein Bruchteil der Produkte ausgestellt. «Wir wollen die Kunden nicht gleich beim Hereinkommen mit einer riesigen Auswahl erschlagen», sagt Thomas Rebsamen, Inhaber und CMO der Floor Innovation Group AG. «Deshalb zeigen wir nur eine sorgfältig ausgewählte Palette an Produkten.»

Das gesamte Sortiment der Naturo Flooring AG kann mithilfe eines Raumplaner-Tools in einer virtuellen Umgebung ausprobiert werden. Nebst Beispielbildern erlaubt das Tool auch, eigene Bilder hochzuladen. So kann der neue Bodenbelag anhand der gegebenen Umstände in den eigenen Räumen ausgewählt werden. Farbliche Abstimmungen sind somit entsprechend einfach.

Made in Switzerland

Der Firmenname ist im Vergleich zur 30-jährigen Unternehmensgeschichte der Naturo Flooring AG noch sehr jung. Erst vor zwei Jahren wurde die ehemals Naturo Kork AG umgetauft, um die Ausweitung des Sortiments auf Materialien wie Vinyl, Micodur und Parkett zu verdeutlichen. Während diese Produkte und die Korkbeläge mit Click-System seit rund 20 Jahren im Part-nerunternehmen Li&Co AG in Müstair GR produziert werden, wird in der Manufaktur in Sursee das Sortiment an Klebekork gefertigt. Dank der Verarbeitung und dem Einfärben am Standort in Sursee, erhalten die Produkte die Auszeichnung «Made in Switzerland», was laut dem Unternehmen bei Korkbelägen einzigartig ist. Wer beim Einfärben nun an einen maschinellen Vorgang denkt, wird überrascht sein, denn die Farben werden manuell per Farbroller auf den Kork aufgetragen. Der Kunde kann bei 17 verschiedenen Dessins seine individuellen Farbwünsche anbringen. Anschliessend wird der Korkboden versiegelt. Auch Parkett wird in der Manufaktur nach Kundenwunsch gestaltet.

Eine Palette aus 42 Farbtönen und die Oberflächenbeschaffenheit in glatt, gebürstet, sägerau oder gehobelt können individuell kombiniert werden. «Ein wichtiges Konzept der Manufaktur ist zudem die Lohnarbeit für Schreiner und andere Handwerker», sagt Rebsamen.

Individuelle Industrie

Rund zehn Arbeitstage nennt Naturo Flooring als Lieferfrist für individuelle Wünsche. «Um die Abläufe möglichst effizient zu machen, sind wir bei der Auswahl und Konfiguration unserer Maschinen stets kreativ und versuchen über den Tellerrand hinauszuschauen», sagt Rebsamen. So erinnert die Manufaktur in Sursee denn auch an industrielle Fertigung, allerdings im kleinen Massstab. Fertigungsstrassen ermöglichen mehrere Arbeitsschritte in einem Durchgang. «Damit wir jederzeit flexibel auf die Wünsche unserer Kunden reagieren können, ist jeder dieser Arbeitsschritte einzeln zu- oder abschaltbar», sagt Rebsamen. So kann etwa das Strukturhobeln, das Bürsten und der Querschliff für die Sägerauoptik bei Bedarf in einem Durchgang erfolgen.

Semiautomatische CNC

Eine Besonderheit steht gleich am Anfang dieser Fertigungsstrasse. «Die Strukturhobelmaschine mit zwei oszillierenden Hobelwellen wurde eigens für uns und für die Bearbeitung von Parkett entwickelt. Die Maschine ist wohl einzigartig in der Schweiz», sagt Rolf Unternährer, Leiter Technik und Objekte der Floor Innovation Group AG. Dank der Computersteuerung könnte theoretisch jeder Boden sein individuelles Hobelbild erhalten. In der Praxis wird jedoch mit einigen ausgewählten Programmen gearbeitet.

Auch das Querschleifaggregat wurde spezifisch für das Durchlaufverfahren konfiguriert. Pneumatisch lässt es sich heben oder senken. Die Imitation eines Bandsägeschnittes gelingt mit einem Schleifband der Körnung 16. Direkt daneben steht eine Maschine, die dem Schreiner wohl gänzlich fremd ist. Zwar hat sie durchaus Ähnlichkeit mit einer CNC, bei genauerer Betrachtung offenbaren sich jedoch schnell Unterschiede. «Man könnte sie als semiautomatische CNC bezeichnen», sagt Unternährer. «Die X- und Y-Achsen können per Knopfdruck arretiert werden. Die Position der Aggregate wird auf dem Bedienfeld angezeigt. Im Gegensatz zur CNC erfolgt der Vorschub jedoch manuell.» Die Maschine kommt aus dem Trockenbau und ermöglicht die effiziente Herstellung von Formteilen aus Gipskarton oder anderen Plattenwerkstoffen. Dazu verfügt sie über ein Säge- und Oberfräsen- aggregat. Somit können Schnitte oder Fräsungen gemacht werden, welche die Deckschicht des Werkstoffes nicht verletzen und ein fugenloses Kantenbild bei Gehrungen ermöglichen.

Bei der Naturo Flooring AG wird die Maschine hauptsächlich dazu genutzt, massgefertigte Sockelprofile und Treppenstufen passend zum gewünschten Boden herzustellen. Dank der Flexibilität des Materials sind insbesondere bei Vinyl übergangslose Gehrungen möglich.

Versiegelung in einem Durchgang

Für eine fertige Oberflächenbehandlung braucht es in den meisten Schreinereien in der Regel einige Handgriffe und Durchgänge. Bei der Naturo Flooring AG können Kork und Parkettböden in einem Durchgang versiegelt werden. Hierfür stehen in der Manufaktur zwei Anlagen. In der Lackieranlage können die Bodenbeläge mit wasserbasierten oder UV-Lacken beschichtet werden. Zudem verfügt die Maschine über eine Rückführung, wodurch die Bestückung auch nur durch eine Person erfolgen kann. Soll die Oberfläche geölt oder eingefärbt werden, geschieht dies auf einer 14 Meter langen Beschichtungsstrasse.

In einem Durchgang werden Bodenbeläge bis zu 90 cm Breite durch Bürstenwalzen von Staub befreit, Öl wird aufgetragen, eingerieben und überschüssiges Material abgetragen. «Mit dieser Anlage können wir rund 120 Quadratmeter in der Stunde beschichten, je nach Einstellung sogar mehr», sagt Rebsamen. Am Ende der Strasse steht ein Aggregat zur LED-Trocknung. In wenigen Sekunden ist das aufgetragene Öl trocken, und die Bodenbeläge sind noch am gleichen Tag begehbar.

www.naturoflooring.ch

Sven Bürki

Veröffentlichung: 25. Oktober 2023 / Ausgabe 42/2023

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