Jeder Maschine ihren Platz

Das riesige Zwischenlager mit gerade eingefahrenen Verteilarm. SZ, Noah J. Gautschi

Layoutplanung.  Nicht immer sind die Schreinermaschinen in der Produktion so platziert, dass auch speditiv daran gearbeitet werden kann. Um die eigene Layoutplanung zu optimieren, muss der Schreiner einige Fakten und Begebenheiten im eigenen Betrieb berücksichtigen.

Erst mit der richtigen Platzierung einer Maschine im Produktionsablauf kann deren volle Leistungsfähigkeit ausgeschöpft und wirtschaftlich gearbeitet werden. In der Layoutplanung gibt es keine allgemeingültige Musterlösung, die bei jeder Schreinerei angewendet werden kann. Es spielen zu viele individuelle Faktoren in die Planung einer Produktion hinein. So kann, was bei einem Betrieb hervorragend funktioniert, bei einem anderen zum grossen Chaos in der Fertigung führen.

Planung mit Weitsicht

Fast alle Schreinerbetriebe haben bereits eine Produktionsplanung durchgeführt, oftmals ist diese jedoch nur für eine gewisse Zeit optimal, denn nur in wenigen Fällen passen die Betriebe ihre Planung laufend an die Markt- und Produktänderungen an. «Unsere Branche befindet sich in einem ständigen Wandel», sagt Hubert Bernard, Dozent für Betriebswirtschaft an der Berner Fachhochschule in Biel. «Die Layoutplanung muss laufend an die vom Markt geforderten Produktportfolios angeglichen werden.» Weiter müsse, so Bernard, ein Unternehmen seine Kernkompetenzen für den aktuellen Markt mit Weitsicht definieren, da der Markt den Herstellern drei Jahre voraus sei.

Seine Kernkompetenzen kennen

Bevor man blindlings mit dem Umherschieben von Maschinen beginnt, sollte genau definiert werden, für was man seinen Maschinenpark anschliessend braucht. Es ist ein grosser Unterschied, ob eine Schreinerei das gesamte Spektrum vom massiven Schrank bis zur Fensterbank aus MDF produziert oder ob sie sich ausschliesslich auf ein Produktsegment aus Spanplatten konzentriert.

Es führt zum Beispiel zu einem unnötig grossen Aufwand, wenn in einer breit abgestützten Schreinerei plötzlich eine Serie von 60 Bürotischen in Serie gefertigt werden soll. Kommt es häufig vor, dass kleinere Serien durch die eigene Produktion abgewickelt werden müssen, ist eine Optimierung des Produktionslayouts – zum Beispiel hin zur Kleinserie – eine mögliche Massnahme in der Layoutoptimierung.

Seine Kennzahlen kennen

Das Vermeiden von Engpässen und stillstehenden Maschinen ist neben der räumlichen Optimierung ein wichtiges Kriterium bei der Layoutplanung. Wenn sie nicht bereits vorhanden sind, lohnt es sich, Kennzahlen für die eigene Produktion zu erarbeiten und zu sammeln. Auf diese Weise wird die Auslastung der Produktion und jeder einzelnen Maschine sichtbar. Mit den ausgewerteten Kennzahlen kann ein optimaler Arbeitsfluss für die Produktion erstellt werden. «Die Kennzahlen dienen dazu, den Betrieb zu spüren und die aktuelle Lage des Unternehmens zu prüfen sowie zukünftige Problemstellen zu erkennen», sagt Hubert Bernard. Der Schreiner kann so zum Beispiel erkennen, wo sich in seinem Arbeitsfluss Materialstaus bilden, und gezielte Massnahmen ergreifen.

Unterschiedliche Produktionen

In der Schweizer Schreinerbranche trifft man auf drei Produktionsformen, die sich in den letzten Jahren etabliert haben.

  • Die auftragsbezogene Fertigung wird auch als «Just in time»-Fertigung bezeichnet. Es ist die klassische Produktionsform einer Schreinerei. «Just in time» bedeutet, dass Aufträge auftragsbezogen und individuell produziert werden. In der Layoutplanung benötigt die auftrags- bezogene Fertigung eine Maschinen- anordnung, die viel Spielraum für die Fertigung offenlässt. Häufig sind die Maschinen kreisförmig im Raum verteilt, was das gleichzeitige Ausführen von verschiedenen Arbeiten ermöglicht.
  • Bei der Kleinserienproduktion ist der Maschinenpark neben der auftrags- bezogenen Fertigung auf das Produzieren eines bestimmten, wiederkehrenden Werkstücks ausgelegt. Diese Fertigung findet sich oft bei Möbelherstellern, die zusätzlich auch im individuellen Innen- ausbau tätig sind.
  • In der Serienproduktion werden einheitliche Teile in einer grossen Stück- zahl umgesetzt. Ein Nachteil dieser Produktionsform ist die hohe Gebun- denheit an das Produktportfolio. Die Serienproduktion findet sich in der Schweizer Schreinerbranche bei grös- seren Schrank-, Küchen- oder Möbel- herstellern.

Da der Schreiner ein sehr grosses Einsatzgebiet mit unterschiedlichen Materialien und Fertigungsmethoden abdeckt, ist eine klare Abgrenzung der Produktionsformen in der Praxis nicht möglich. Trotzdem ist es bei der Layoutplanung wichtig, sich zu Beginn auf eine Produktionsform festzulegen. Anschliessend kann ein optimal angepasster Arbeitsfluss auf dieser Grundplanung aufgebaut werden.

Arbeitsfluss wird immer wichtiger

Mit den neuen Fertigungsmaschinen, die meistens schon teilautomatisierte Zuführungen oder Bestückungen aufweisen, wird ein gleichmässiger Arbeitsfluss in der Produktion immer wichtiger. Durch die Abhängigkeiten der Maschinen untereinander führen unterschiedliche Durchlaufzeiten zu Staus oder Überlastungen. In der Produktion der Zukunft wird deshalb öfters mit Zwischenlagern und Materialpuffern gearbeitet werden, welche den Arbeitsfluss regulieren. Die Wichtigkeit einer auf den Markt abgestimmten Layoutplanung wird immer grösser. Ein bis jetzt in der Schweiz einzigartiges Beispiel von einer Produktionsplanung wird auf der folgenden Seite dieses Berichtes vorgestellt

www.ahb.bfh.ch

Bemerkenswert: Nachdem das Plattenmaterial vom LKW angeliefert und im Flächenlager eingeräumt ist, wird es fast automatisch in der Vorproduktion zugeschnitten, sortiert und mit Kanten versehen. Erst jetzt, sauber verputzt und genau auf Mass, bekommt es wieder ein Schreiner in die Hände und kann die weiteren Bearbeitungsschritte durchführen. Dieses Maschinenprojekt im Bereich der Vorfertigung ist nicht bloss das Wunschdenken eines Anlageplaners, sondern es wurde von der Loosli Küchen AG aus dem bernischen Wyssachen erfolgreich umgesetzt.

Auf den Puffer kommt es an

Als Erstes kommt das Plattenmaterial in ein Flächenlager, das nach dem ABC-Prinzip funktioniert. Das bedeutet, die Werkstoffe werden nach ihrer Wichtigkeit für die Produktion eingeteilt. Von den A-Gütern mit einem hohen bis zu den C-Gütern mit einem geringen Einflussgrad werden die Platten auf die jeweiligen Lagerstapel verteilt. Nach dieser Optimierung werden die Platten in der Zuschnittreihenfolge aus dem Lager befördert, voretikettiert und automatisch an den Zuschnitt weitergereicht. Über eine Förderanlage werden die zugeschnittenen Teile in einem Pufferlager zwischengelagert. Dieses Lager steht zwischen dem Zuschnitt und der Kantenanlage. Es hat die Funktion, die anfallenden Massen gestaffelt und nach geforderter Teilesortierung an die Kantenleimmaschine weiterzugeben. Die angeschlossene Kantenanlage kann während des laufenden Betriebs von PU- auf Laser-Kanten umschalten. Loosli ist gemäss eigenen Angaben als erster Schweizer Möbelhersteller in der Lage, Plattenmaterialien ab acht Millimeter Dicke mit Laserkanten zu beschichten, welche dank der neuen Vermessungstechnologie von Kante und Träger ohne nachträgliche Verputzarbeiten auskommen. Zeitgleich ist es möglich, Längsbearbeitungen wie zum Beispiel Nuten oder Falze für Schubladenböden auszuführen.

Zulieferant für den Schreiner

Damit künftig auch externe Schreinereien beliefert werden können, ist in der Produktion schon ein weiteres Projekt in Planung: Nach der Kantenverarbeitung wird eine CNC-Strasse angeschlossen, die neben den Bearbeitungen auch gleich die Möbelteile mit Beschlägen bestücken wird. Trotz dem hohen Automatisierungsgrad wird in Losgrösse eins produziert. «Unsere Stärken sind Geschwindigkeit, Flexibilität und Individualität», sagt Geschäftsführer Manfred Loosli. Davon soll ebenfalls die Schreinerbranche profitieren, deshalb bietet die Loosli Küchen AG dem Handwerker ihre Dienste als industrieller Zulieferer an.

Für Schreiner, die gerne mehr erfahren oder die Anlage in natura besichtigen wollen, wird es am 4. Juni 2016 einen Tag der offenen Tür geben.

www.achtung-fertig-loosli.ch

Erfahrungen des Fachmanns

Hans-Peter Ruepp, eidg. dipl. Schreinermeister von der Ruepp & Partner AG, trifft in seinem Alltag als Unternehmensberater öfters auf unnötige Fehler in der Layoutplanung bei Schreinereien. Folgende Punkte werden oftmals falsch angepackt:

  • Die neue Maschine wird einfach dort hingestellt, wo die Alte stand oder wo gerade Platz frei ist. Dieses Vorgehen zerstört den gesamten Material- fluss. Es hat zur Folge, dass die neue Maschine nicht optimal in den Produktionsablauf eingebunden ist, was unnötige Materialrückflüsse verursacht.
  • Die Betriebe wachsen, es wird immer mal wieder eine neue Maschine angeschafft. Dies geschieht oft, ohne weiter in die Zukunft zu blicken. Was heute funktioniert, kann die Produktion morgen behindern.
  • Am richtigen Ort investieren: Viele Betriebe machen sich bei der Layout- planung keine Gedanken über ihre eigentliche Kernkompetenz. Zum Beispiel optimiert ein Betrieb, der 90 % beschichtete Spanplatten verarbeitet, für grosses Geld seine Furnierabteilung, mit der er nur wenige Arbeiten pro Jahr umsetzt.
  • Die alten Maschinen verbleiben im Betrieb. Wird zum Beispiel eine neue Bandschleifmaschine gekauft, steht die alte Langbandschleifmaschine weiter in der Produktion herum. Oftmals steht sie am besten Platz und stört den Arbeitsfluss.
  • Im Maschinenraum ist zu wenig Platz. Wenn eine Maschine nicht benutzt werden kann, weil gerade auf einer anderen eine Bearbeitung erfolgt, muss mehr Platz zum Arbeiten geschaffen werden. Meist sind im Vergleich zur Fertigung die Lagerflächen zu gross dimensioniert; diese Fläche fehlt dann in der Pro- duktion.

Für interessierte Schreinerbetriebe bietet die Ruepp & Partner AG unverbindliche Erstgespräche an, um mögliche Optimierungsmassnahmen aufzuzeigen.

www.ruepp.ch

njg

 

Veröffentlichung: 25. Februar 2016 / Ausgabe 8/2016

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