Jungscharleiter mit Holz und Herz

Nicht nur wegen seiner handwerk-lichen Fähigkeiten ist Schreiner Peter Brandenberger (60) bei der Jungschar Bülach ZH ein gefragter Mann. Bild: Beatrix Bächtold

Leute. Zieht sich Peter Brandenberger dieses Hemd über, verwandelt er sich vom Schreiner zum Jungscharleiter.

Es ist stahlblau, zerknautscht und tausendmal gewaschen. Solch ein Outfit tragen Männer, die zupacken, für jede Situation gewappnet und treu bei der guten Sache sind. Aus der Brusttasche quellen farbige Kordeln mit Trillerpfeifen jeder Lautstärke. An der anderen baumeln Utensilien an einem Karabiner in Herzform. Hier findet man eine Lupe mit der Aufschrift «Wer sucht, der findet». Auch bunte, laminierte Zettel mit Zitaten aus der Bibel und die leere Halterung eines Kompasses hängen dran. «Den habe ich irgendwann einmal verloren», sagt Brandenberger und zuckt mit den Schultern. Man könnte doch einen neuen rein machen? Der Schreiner schmunzelt. Ja, wenn der Kompass aus Holz wäre, so wäre das für ihn sicherlich eine Option. Dann würde er gleich 100 davon herstellen, um sie zu verschenken. Denn, Brandenberger kann das gut und macht es gerne. So wie vergangene Weihnachten, als er Blüten aus Holz anfertigte. Zur Herstellung bearbeitete er einen etwa 20 Zentimeter langen Rohling, um die Blätter zu formen. Durch die Mitte bohrte er ein Loch und schob einen Stab aus Nussbaum ins helle Holz hinein. Jetzt musste er das Ding, ähnlich wie beim Guetzliteig, in ein Zentimeter breite Stücke schneiden. Kerzen, Sterne, Tannenbäume und Herzen entstanden schon nach diesem Prinzip. Die Kassiererin im Supermarkt, die immer so freundlich ist, bekam so ein Präsent aus Holz. Auch die guten Nachbarn beschenkte er. «In unserer komplexen Zeit kommen einfache, von Hand gemachte Dinge zunehmend gut an», sagt er. So auch bei den Kids der Jungschar. Für sie stellte er im Laufe der Jahrzehnte nicht nur Geschicklichkeitsspiele aus Holz her. Auch ein gut fünf Kilogramm schwerer Wanderpokal aus Birkenholz «Made by Brandenberger» gehört zum Inventar der Jungschar.

«In unserer komplexen Zeit kommen einfache, von Hand gemachte Dinge zunehmend gut an.»

«Ich habe ein Talent bekommen. Das behalte ich nicht für mich, sondern erfreue andere Menschen damit», sagt er. Schon ein halbes Jahrhundert ist Brandenberger bei der Jungschar, getragen vom Bund Evangelischer Schweizer Jungscharen (BESJ). Seit 45 Jahren arbeitet er als Schreiner in seinem Lehrbetrieb, bei der Graf Gebrüder AG in Eglisau. Seit fast 40 Jahren ist er mit seiner Frau verheiratet, ebenso lange trägt er Bart. Seinem Wohnort in Bülach ZH würde er höchst ungern den Rücken kehren. Wenn er etwas gut findet, bleibt er dabei, so auch bei der Jungschar der Baptistengemeinde Bülach. Bereits als Kind war er mit Begeisterung dabei. Später plante er als Hauptleiter die Lager und Ausflüge. Das gelang in der Regel immer reibungslos. Aber gerade Pleiten, Pech und Pannen sorgen für verbindende Erlebnisse und nachhaltiges Schmunzeln. Und so berichtet Brandenberger von einem Herbstlager, welches nicht optimal startete. Als er nämlich mit 30 Kids müde von der Wanderschaft auf einer Burg Quartier beziehen wollte, stellte sich heraus, dass dieses versehentlich gleich dreimal vermietet war. «Wir schickten einen Notruf in den Himmel. Und siehe da, wir erfuhren, dass gerade eine Jugendherberge im Nachbardorf frei war», berichtet er.

Mit seinem Mountainbike radelt Brandenberger gerne durchs Engadin und den Norden Deutschlands. Beruflich ist er Werkstattleiter. Und frisch gebackener Grossvater ist er auch. Wie lange er denn zu allem auch noch Jungscharleiter bleiben möchte? Er sagt: «Ganz sicher bis 65. Und danach wird mein Hemd locker auch noch einmal fünfzig Jahre lang halten.»

Beatrix Bächtold

Veröffentlichung: 08. Mai 2023 / Ausgabe 18/2023

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