Keine Berührungsängste mit der grossen Maschine

Bevor es an die Arbeit am CNC-Bearbeitungszentrum geht, heisst es für die Lernenden, das passende Werkzeug kennenzulernen. Bild: Hans-Peter Gerber

Die Arbeit mit dem CNC-Bearbeitungszentrum ist für die meisten Lernenden des BZ Emme Neuland. Im Unterricht und im üK haben die Schreinerklassen eigene Möbel entworfen und produziert. Als Höhepunkt stellten sie diese aus.

Manche Lernende fiebern dem überbetrieblichen CNC-Kurs regelrecht entgegen. Denn die Arbeit an einem grossen Bearbeitungszentrum ist in der Regel für die meisten neu. Im CNC- sowie Oberflächen-üK des Bildungszentrums (BZ) Emme in Langnau BE sind auch in diesem Jahr sehenswerte Möbel entstanden. Die Lernenden im vierten Lehrjahr hatten im CNC-Kurs Zeit, ein eigenes Objekt zu erstellen. «Das Finden des Projekts sowie die Planung fanden im Vorfeld in der Gewerbeschule statt», erklärt Hans-Peter Gerber, Schreinerfachlehrer am BZ Emme. Im üK sei es zuerst um die Grundlagen der CNC-Bearbeitung gegangen. «Die Teile wurden programmiert, umgezeichnet, verbessert, dann wurden Programme erstellt, Werkzeuge zugewiesen, und schliesslich wurde alles auf der Maschine bearbeitet.»

Von A bis Z selbst durchgeführt

Je nach Projekt benötigten die Lernenden zwei bis sechs Stunden Maschinenzeit. Im Oberflächen-üK verliehen sie ihren Projekten anschliessend durch Lackieren, Ölen, Wachsen oder Beizen den letzten Schliff. «In diesem Kurs geht es darum, den Umgang mit Oberflächenmaterialien kennenzulernen sowie die Möglichkeiten, diese aufzutragen», sagt Gerber. «Zum Beispiel mit Pinsel, Rolle, Spritzpistolen oder Spritzgeräten.»

«Das Spannende an diesen Kursen ist aus meiner Sicht die Zusammenarbeit zwischen den Lernorten Lehrbetrieb, Gewerbeschule und den überbetrieblichen Kursen», beschreibt der Berufsschullehrer. «Ein Projekt von der Planung bis zur Fertigstellung selber durchzuführen, war für alle eine spannende Erfahrung. Viele haben gemerkt, dass die Arbeiten im Büro ein wichtiger Teil eines Projekts sind.» Als Abschluss durften die Lernenden wie in früheren Jahren ihre Werkstücke Anfang Februar im Langnauer Einkaufszentrum Ilfis Center ausstellen.

Das Design einer Rose hat sie fasziniert

Mia Trachsel hat für ihren Salontisch mit einer grossen Verzierung sogar Kaufangebote erhalten. «Die habe ich natürlich nicht angenommen. Ich will meinen Tisch behalten», erzählt die 19-Jährige aus Wichtrach BE, die bei der Schreinerei Dubs in Münsingen BE angestellt ist. Sie hat lange überlegt, was für ein Möbel sie in den Kursen planen und herstellen möchte. «Auf der Social-Media-Plattform Pinterest suchte ich nach Inspiration und habe einen Tisch mit einer rosenartigen Verzierung gefunden. Das Design hat mich fasziniert. Also habe ich selbst eine Rose entworfen und mit verschiedenen Formen gespielt, da ich keine Pläne hatte und nicht genau wusste, wie sie wirkt.» Der Tisch an sich sei als Ganzes aus MDF-Platten ein einfaches Möbel, deshalb sei es vom zeitlichen Aufwand gut aufgegangen. Für die Rose habe sie an der CNC rund 30 Minuten benötigt. Diese hat sie aus zwei zusammengeklebten 8-Millimeter-Multiplexplatten gefräst. «Aus Massivholz wäre sie zu wenig stabil gewesen.»

Fehler beim Programmieren

Beim Programmieren sei ihr leider bei der Radiuskorrektur ein Fehler passiert, sagt Trachsel. Das Werkzeug fräste auf der falschen Seite der Kontur, weswegen eine Tasche grösser wurde. Ein Stück hat sie abschneiden und ein neues am richtigen Ort wieder anleimen müssen. «Zum Glück sieht man es nicht gut. Ich habe mich aber darüber geärgert.» Die Oberfläche der Rose hat die Lernende einmal geölt, zwischengeschliffen und nochmals geölt. Den Tisch hat sie aus MDF mit Grundierfolie hergestellt und ihn nach dem Zusammenbau gespritzt. Vorgängig hat sie aber den Übergang der Kanten mit Isolierfüller behandelt, um ihn schön hinzubringen. «Die Oberfläche ist schwierig zu spritzen gewesen, da durch die Gehrungen der Tisch vorgängig verleimt werden musste. So entstanden stehende Flächen, die es zu behandeln galt.»

Die überbetrieblichen Kurse fand Mia Trachsel lehrreich. Im Betrieb hätten sie keine CNC. «Das Zeichnen fand ich gut, doch das Programmieren ist nicht meins. Auch führe ich die Arbeitsschritte lieber selbst aus als sie mit der Maschine zu fräsen.» Ihr Lehrbetrieb stellt vor allem Fenster her, deshalb hätten sie dort andere Maschinen, sagt sie. «Wir machen aber auch Küchen oder Schränke und benutzen für diese eher Standardmaschinen.»

IPA: Schrank für den Chef

Die Lernende freut sich, dass sie sich nun auf der Zielgerade der Ausbildung befindet. «Die Leiter waren zwar toll, aber ich ging nicht so gerne in die üK, weil ich mich dort von der Atmosphäre her wie an einem Wettkampf fühlte. Das hat mich unter Druck gesetzt.» Sie konzentriert sich lieber auf sich selbst. Das kann sie in der anstehenden individuellen praktischen Arbeit (IPA) gut. «Für meinen Chef produziere ich einen Schlafzimmerschrank. Die Pläne habe ich bekommen. Bald kann ich mit der Herstellung beginnen. Ich freue mich darauf.»

Nach dem Berufsabschluss plant die junge Frau für zwei bis drei Monate einen «Workaway», einen Arbeitsaufenthalt im Ausland. «Am liebsten in Portugal oder Andalusien, wo es mir sehr gut gefällt und ich schon oft in den Ferien war.» Danach wird sie in den Lehrbetrieb zurückkehren und als Bankschreinerin arbeiten.

Zeichnen wäre was für ihn

Das Programmieren hat Adrian Gerber speziell gefunden. «Ich habe dabei viel Neues gelernt», sagt der 19-Jährige aus Oberburg BE. In seinem Lehrbetrieb, der Schreinerei Iseli in Biembach BE, habe er kaum etwas mit dem CNC-Bearbeitungszentrum zu tun, weshalb er den Kurs spannend fand. «Das Zeichnen mit ‹Pointline› gefällt mir sehr gut. Ich konnte mit dem Programm in der Schule und auch im Betrieb viel Erfahrung sammeln, das Arbeiten mit dem Zeichnungsprogramm bereitet mir Freude. Ich könnte mir deswegen vorstellen, später einmal als Projektleiter ins Büro zu wechseln.» Als CNC-Maschinist sieht er sich hingegen weniger. In den Kursen hat der Emmentaler ein Sideboard gezeichnet und hergestellt, weil er es gut für zu Hause brauchen kann. Das Innenmöbel besteht aus weiss beschichteter Spanplatte, die Verkleidung aus massiver Eiche, die gut zum rustikalen Eichenboden zu Hause passt. Die Front ist aus schwarzer MDF. «In diese habe ich als Kontur die Skyline von Bern eingefräst.» Diese gefalle ihm, und er gehe relativ oft in die Hauptstadt, um Eishockey zu schauen und Freunde zu treffen. Zudem würden jeweils viele andere die Konturen von Bergen verwenden, weshalb er ein anderes Motiv bevorzugte.

Viel Zeit an der Maschine hat er nicht verbracht. «Mein Möbel ist eher einfach und die Programme daher auch.» Beim Innenmöbel hat er 16er-Spanplatten verwendet. Weil er die Reihenbohrung bei den Mittelseiten durchbohren musste, hat er anschliessend beide Mittelseiten aufeinander aufgespannt. «Jedoch habe ich die Dicke nur auf eine Platte programmiert, so war das Werkstück für die CNC zu dick. Deswegen hat der Kopf der Aufnahme eine Brandspur am Werkstück hinterlassen.» Die verlorene Mittelseite konnte er aber problemlos nachrüsten, erzählt Gerber. Damit die Maserung der Eiche schön zur Geltung kommt, hat sie der Lernende gebürstet und mit einem weiss pigmentierten Öl behandelt. Das MDF hat er naturlackiert.

Schön, mal keine Vorgaben zu haben

Die Kurse fand er toll. «Besonders gefallen hat mir, dass wir bei unseren Möbeln freie Hand hatten. Es war schön, dieses von Beginn weg selbst zu planen, zu fräsen und fertigzustellen», sagt er. Die Ausstellung fand er ebenfalls eine gute Sache. «Es sind relativ viele Bekannte hingegangen und haben sich die Objekte angeschaut. Ich habe einige positive Rückmeldungen erhalten.»

Im Lehrbetrieb arbeitet er seit Anfang Februar an seiner IPA. «Ich kann für zu Hause eine neue gestemmte Aussentür aus Tanne in Natur machen. Das finde ich ein grossartiges Projekt.» Möbel stellt er im Alltag nur wenige her. «Wir sind auf Fenster und Türen spezialisiert.» Nach der Lehre plant Gerber, für ein halbes Jahr temporär als Schreiner zu arbeiten und neue Erfahrungen zu sammeln. «Ich freue mich auf den Abschluss und die Möglichkeit, andere Betriebe zu sehen.» Dann geht er in die Rekrutenschule. Anschliessend möchte er sich eine Festanstellung als Schreiner suchen. «Ich denke, dass ich in einigen Jahren auf eine Weiterbildung als Projektleiter hinarbeiten werde.»

Die Arbeit am PC ist nichts für sie

«Eigentlich wäre das Motiv des Alpabzugs länger. Doch die Datei war zu gross, und ich musste sie verkleinern. Mir gefällt es aber auch so», erzählt Ramona Hirschi. Sie nutzte die Gelegenheit in den üK und stellte ein TV-Möbel her, weil sie dringend eines für zu Hause benötigte. Dieses hat sie aus schwarzen MDF-Platten gefertigt und mit Birke furniert. Die Oberfläche wollte sie natürlich halten und hat sie deswegen mit Öl bearbeitet. «Die Arbeit hat mir Spass gemacht. Ich wollte eigentlich nichts zu Kompliziertes machen, habe aber trotzdem einiges in meiner Freizeit fertiggestellt», erzählt die 18-Jährige aus Eggiwil BE, die bei der Röthlisberger AG in Schüpbach in der Ausbildung ist. Das Programmieren sei recht aufwendig gewesen. An der CNC habe sie gut einen halben Tag benötigt. «Ich finde es super, dass wir die Möglichkeit für diese Arbeiten bekommen haben, aber für mich wäre das nichts. Ich möchte nicht den ganzen Tag im Büro vor dem Computer sitzen. Das ermüdet mich», resümiert sie.

Im Nachhinein würde sie das Motiv des Alpabzugs nicht mehr oben, sondern auf den Schubladenfronten platzieren. So stehe nun der Fernseher darauf, und man könne das Bild nicht so gut sehen. «Seis drum. Mit dem Möbel bin ich trotzdem zufrieden.» Die Ausstellung fand sie eine tolle Möglichkeit, um zu zeigen, was Schreinerinnen und Schreiner können. «Das war gute Werbung für unseren Beruf. Viele Leute haben mir geschrieben, weil sie mein Möbel gesehen haben.»

Ein Bett als IPA

Im Lehrbetrieb plant Ramona Hirschi derzeit ein Bett für sich aus Esche, das sie als IPA produzieren wird. Sie wird mit dem Fähigkeitszeugnis im Sack im Unternehmen bleiben und als Monteurin tätig sein. Sie freut sich darauf, weil es auf dem Bau nur wenige Frauen gibt. «Ich will als Beispiel vorangehen. Dumme Sprüche ignoriere ich, und für schwere Lasten gibt es genügend Hilfsmittel, die ich einsetzen kann.» Die Emmentalerin hat vor, rund eineinhalb Jahre zu arbeiten. Dann träumt sie davon, nach Kanada zu gehen und dort für ein halbes Jahr eine Stelle in der Landwirtschaft zu finden und zurück in der Schweiz die Lastwagenprüfung zu machen.

Die Pläne musste sie zweimal machen

Der Salontisch von Laura Boss besteht aus rund 50 Stücken Birkensperrholz. «Ich habe diesen mit dem 3D-Programm gezeichnet, damit ich mir gut vorstellen konnte, wie er aussehen wird», berichtet die 20-Jährige aus Bätterkinden, die ihre Ausbildung bei der Fankhauser Schreinerei in Langnau BE absolviert. «Leider konnte ich die Pläne nicht direkt auf die Maschine übertragen und musste sie auf dem CNC-Programm nochmals machen. Das ging aber relativ schnell.» Die CNC benötigte rund zweieinhalb Stunden, um ihre Teile zu fräsen. Sie habe sich für einen runden Tisch entschieden, weil sie einmal etwas anderes ausprobieren wollte. «Ich finde, er ist toll geworden.» Die vielen Stücke hat sie verleimt und mit Dübelstäben verbunden. «Es wäre zu aufwendig gewesen, eine spezielle Verbindung zu machen. Da wäre ich nie fertig geworden.» Das Zusammenfügen hat auch so viel Zeit in Anspruch genommen, denn sie musste alle Ringe einzeln verleimen und viele Zwingen ansetzen.

Der Tisch wurde gelb

Bei der Oberflächenbehandlung sei ihr ein Fehler unterlaufen, erzählt die junge Frau. «Ich habe den Tisch klar lackiert, dann ist er gelb geworden.» Deswegen sei die dann mit weissem Lack drüber, den sie verdünnt hat. Dann habe sie die Oberfläche nochmals extra durchgeschliffen, damit der Tisch den Shabby-Chic-Look erhält. «Das Weiss durfte nicht zu kräftig sein, damit man die Holzstruktur unter der weissen Oberfläche noch sieht.» Das Projekt war eine spannende Erfahrung, findet Laura Boss. Im Betrieb habe sie mit der CNC wenig zu tun.

Kürzlich hat sie ihre IPA begonnen. Weil sie gerne liest, produziert sie für sich einen Kleiderschrank, der in ein Büchergestell eingerahmt ist. «Ich freue mich sehr auf diese Arbeit und hoffe, dass das Möbel gut wird, auch als Erinnerung an die Lehre.» Neben dem Schulstress im letzten halben Jahr möchte sie bald beginnen, Bewerbungen zu verschicken. «Ich möchte weiter als Schreinerin arbeiten und Neues sehen.»

Nicole D’Orazio

www.bzemme.ch

Veröffentlichung: 07. März 2024 / Ausgabe 10/2024

Artikel zum Thema

04. April 2024

Teste dein Schreinerwissen

Knobelst du gerne und kennst dich in Berufskunde aus? Dann mach bei unserem Wettbewerb mit und gewinne mit deiner korrekten Antwort und etwas Glück einen von fünf Preisen, zur Verfügung gestellt von Fein.

mehr
04. April 2024

Erzwungene Suche nach einem neuen Lehrbetrieb

Die Ausbildung bei der Vifian Möbelwerkstätte AG hat Nathascha Stofer und Cid Blaser gut gefallen. Plötzlich kündigte der Betrieb seine Schliessung innerhalb weniger Monate an. Für alle Angestellten keine einfache Situation.

mehr
04. April 2024

Angehende Schreinerinnen bleiben für einmal unter sich

Der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) bietet wieder einen Workshop für weibliche Lernende an. Dieser findet an drei Tagen in Brienz BE statt.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Lehrziit