Mehr Teilzeitmöglichkeiten erwünscht

Am Runden Tisch kamen verschiedene Themen zur Sprache. Bild: Nicole D’Orazio

Vereinbarkeit.  16 Betriebe beteiligen sich am Pilotprojekt des VSSM und der Fachstelle UND zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Zur Halbzeit trafen sich die Beteiligten in Wallisellen ZH, um sich über die neuesten Zwischenergebnisse auszutauschen.

Es läuft gut, dennoch gibt es einiges zu tun: 16 unterschiedlich grosse Schreinereien aus der Deutschschweiz beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Vergangenen Sommer hat der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) das Pilotprojekt mit der Fachstelle UND lanciert. Ende Januar haben sich die Unternehmerinnen und Unternehmer zum zweiten Mal am Hauptsitz des VSSM in Wallisellen ZH getroffen. Am Runden Tisch wurden die Ergebnisse präsentiert und verglichen. «Ihr seid gut unterwegs und in vielen Punkten nicht weit vom Prädikatsniveau UND entfernt», sagte Beraterin Anna Kilchenmann.

Die Fachstelle hat im letzten halben Jahr in jedem Betrieb Analysen und eine repräsentative Mitarbeitendenbefragung durchgeführt. Dabei gingen 300 Antworten ein, was einer Rücklaufquote von 47 Prozent entspricht. «Zwei Dinge sind mir dabei aufgefallen», sagte Berater Tobias Oberli. «Männer schätzen ihre Betriebe kritischer ein, was die Möglichkeit von Teilzeitarbeit sowie die Unterstützung betreffend Elternschaft angeht.» Nur 59 Prozent der Mitarbeiter hätten angegeben, in diesen Punkten vom Betrieb unterstützt zu werden. Bei den Frauen waren es 95 Prozent. «Da besteht ein gewisser Handlungsbedarf.»

Viele sind mit dem Lohn zufrieden

Oberli zeigte die Ergebnisse der Umfrage auf: 40 Prozent aller Befragten gaben zum Beispiel an, regelmässig ungewollt länger arbeiten zu müssen. 53 Prozent sagten, bei der Arbeitsplanung mitbestimmen zu dürfen, und 35 Prozent fanden, dass das Lohnsystem nicht transparent sei. 60 Prozent sind mit dem Lohn jedoch zufrieden beziehungsweise finden diesen angemessen. Auch wichtig: 66 Prozent aller Befragten gaben an, dass in ihrem Betrieb Diskriminierung nicht toleriert werde. Und 40 Prozent meinten, dass sie bezüglich Aus- und Weiterbildung zu wenig gefördert werden.

Gemeinsam Lösungen finden

Als Nächstes arbeitet die Fachstelle UND mit den Betrieben Aktionspläne aus. Dies geschieht in den Schreinereien und mit Einbezug von Mitarbeitenden. Im Frühsommer ist ein weiterer Runder Tisch geplant. VSSM-Direktor Daniel Furrer war vom Nachmittag beeindruckt: «Toll, wie in den Gruppen gearbeitet wurde und wie sich alle offen und mit Vertrauen begegnen.» Für den Verband sei dieses Pilotprojekt wichtig und spannend. «Es geht darum, praxistaugliche Lösungen zu finden, damit wir unsere Leute in der Branche halten können. Zudem ist es wichtig, dass die Branche in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen wird.» Und die Ergebnisse lieferten zudem wichtige Erkenntnisse für die baldigen Verhandlungen mit den Sozialpartnern für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag.

Wertvolle Erkenntnisse gewonnen

«Eine Selbsteinschätzung stimmt nicht immer mit dem überein, was die Mitarbeitenden meinen», sagt Jürg Rothenbühler, der mit seiner Frau Daniela die Schreinerei Rothenbühler AG in Zollbrück BE führt. «Deshalb ist eine Mitarbeitendenumfrage eine sehr gute Sache.» Er denke daher, dass er in zwei Jahren in seinem Betrieb erneut eine Umfrage starten werde. Das ist eine der bisher wichtigsten Erkenntnisse für ihn. Es gibt mehrere Punkte, die Rothenbühler anders als seine Angestellten eingeschätzt hat. Zum Beispiel die Thematik, ob Diskriminierung im Betrieb geduldet wird, ob Witze auf Kosten einer Gruppe gerissen werden und dass dies nicht alle gut finden. «Ich hatte das Thema nicht auf dem Radar.»

In den Gesprächen des Runden Tischs hat der Emmentaler festgestellt, dass es in seinem Betrieb keine vertrauliche Ansprechperson für die Mitarbeiterinnen gibt. Denn nicht alle wollten mit einem Problem zum Chef und sich lieber an eine andere Frau wenden. «Das sind wichtige Details. Zwar setzten wir im Betrieb schon vieles um. Aber es fehlt etwas Schriftliches, wie zum Beispiel, dass Diskriminierung keinen Platz hat oder das Thema Unterstützung bei Weiterbildungen. Das möchte ich nun angehen», bilanziert Rothenbühler. Viele der teilnehmenden Betriebe seien betreffend Vereinbarkeit schon gut unterwegs. «Solche, die es nötiger hätten, sind halt leider nicht dabei», merkt er an.

Details verbessern das Gesamtbild

«Ich habe schon einige Anliegen gefunden, die wir im Betrieb ändern sollten», sagt Enrico Wieland, Geschäftsleitungsmitglied der Schreinerei Wieland AG in Zürich. Es geht dabei vor allem um Finessen, die zu einem besseren Gesamtbild des Unternehmens im Bereich Vereinbarkeit führen. «Wir haben bereits einige Teilzeitmitarbeitende bei uns. Es geht aber auch um spezifische Inputs, welche zusammengefügt ein schlagfertiges Argument für eine attraktive Arbeitsstelle ergeben.» In der Befragung der Angestellten konnte er die Ergebnisse gut nachvollziehen. Er sei beruhigt, dass die Mitarbeitenden es schätzen, dass sich das Unternehmen bezüglich Teilzeit- oder Weiterbildung engagiert. Das Feedback seiner Leute zur Teilnahme am Pilotprojekt falle positiv aus, sagt er. «Ich finde auch, dass es sich lohnt, seinen Betrieb zu diesem Thema zu analysieren. Interessant ist, dass es ein branchenspezifisches Projekt ist. Wir liefern uns so gegenseitig wertvolle Inputs.»

Rahmenbedingungen schaffen

«Wir werden das Thema Lohntransparenz angehen und ein System entwickeln, damit alle Mitarbeitenden wissen, wo sie stehen und was für sie möglich ist. Dazu sollen Faktoren definiert werden, wie Leistung beurteilt wird», sagt Tobias Scheuber, Geschäftsführer der Trewag AG in Effretikon ZH. Zudem werde er das Thema Diskriminierung schriftlich erfassen. Dieses sei in der Befragung von einer Person erwähnt worden. «Solche Themen gehören einfach in die Rahmenbedingungen des Unternehmens. Es muss allen klar sein, wo die Grenzen sind. Das haben wir noch nicht.» Scheuber ist vom Pilotprojekt überzeugt. «Es lohnt sich, dabei zu sein.»

www.vssm.ch

Nicole D’Orazio

Veröffentlichung: 22. Februar 2024 / Ausgabe 8/2024

Artikel zum Thema

04. April 2024

Kontakte fürs Leben

Unternehmenstag.  Gut 80 Firmen haben am Mittwoch vergangener Woche den Unternehmenstag Holz in Biel genutzt, um sich den Studierenden an der Berner Fachhochschule zu präsentieren. Dabei eröffneten sich spannende Chancen für die Zukunft.

mehr
02. April 2024

Bretter für die Ewigkeit

Wertholz. Ein Eichenstamm mit 20 Tonnen Gewicht kam letzte Woche bei einer Wertholzsubmission in Süddeutschland unter den Hammer. Aus den 17 Kubimetern Holz sollen dereinst Tischplatten entstehen.  

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Wirtschaft