Munter mit Japan vermischt

Vier bemerkenswerte Entwürfe für die kleine Küche von Sanwa. Gefertigt in Japan, gestaltet in Italien. Bild: Sanwa

Japanisches Möbeldesign.  Die Perfektion der Möbelbauer und die Designqualität aus Japan sind weitläufig bekannt. Der Grad der Vernetzung mit Akteuren aus Europa nimmt weiter zu, was zum Erfolg aller beiträgt. Einige Beispiele von Arbeiten, gesichtet an der Möbelmesse Mailand.

Japanische Design- und Handwerkskunst inspiriert und fasziniert die Europäer immer wieder neu. Das verwundert nicht. Denn wohl nirgendwo gehen Traditionen, Hightech und frisches Denken so fruchtbare Verbindungen ein wie im Land der aufgehenden Sonne. Auffällig dabei ist, dass es in Japan gestaltete und hergestellte Möbel hierzulande eher selten gibt. Denn die japanischen Hersteller von hochwertigen Möbeln konzentrieren sich meist auf den heimischen Markt.

Ab und an finden sich an Messeveranstaltungen aber auch Stücke, erdacht und gefertigt in Japan. Doch diese treffen den Geschmack des europäischen Marktes nicht immer genau. «Der Grund für diese Kluft zwischen der westlichen, vor allem der europäischen Sichtweise und dem japanischen Design, liegt auch in der unterschiedlichen Sicht auf den Markt. In Japan konzentriert man sich auf das eigene Land, in Europa sieht man den internationalen Markt als Voraussetzung für einen Erfolg», erklärt Designer Hayato Kawauchi.

Viele renommierte japanische Designer arbeiten für ausländische Unternehmen. Und nicht selten haben Firmeninhaber in Japan eigene Erfahrungen in anderen Ländern gesammelt, etwa in Italien. Alles vermischt sich munter und mündet immer häufiger in der Zusammenarbeit zwischen hiesigen und japanischen Akteuren.

Die Kooperationen funktionieren dabei in beide Richtungen. Sprich: Entweder kommt das Design aus Japan, oder es wird dort produziert. Für Kawauchi zählt deshalb vor allem ein positiver Effekt: «Durch diese gewisse Isolierung des japanischen Designs wohnt dem Schaffen heute auch eine besondere Originalität inne», so Kawauchi.

Der Einfluss und die Besonderheiten der japanischen Kultur bereichern die Entwürfe europäischer Möbelmarken oftmals um besondere Elemente oder etwa durch exzellent ausgeführte Details. Andererseits «gehen in der japanischen Kultur seit Jahrhunderten herkömmliche Werte und Techniken mit fremden Einflüssen eine besondere Verbindung ein», beschreiben Eva und Erwin Zehnder, Inhaber von Sato in Zürich, als Spezialisten für japanisches Wohnen, den besonderen Reiz.

Trotz beschränktem Platz salonfähig

An der letzten Mailänder Möbelmesse hat etwa der Möbelhersteller Sanwa aus Osaka seinen gewachsenen Anspruch hin zu einer globalen Marke durch eine erste Präsentation vor Ort unterstrichen. «Mit vier Küchenentwürfen, die auch für kleine Räume geeignet sind, wollten wir für den italienischen und europäischen Markt innovative Lösungen zeigen», so der Hersteller. Das Design für den japanischen Möbelproduzenten stammt dabei von keinem geringeren als dem international bekannten Gestalter Alessandro Mendini.

Der Entwurf AM 01 hat eine leicht geschwungene Frontpartie mit lackierter Oberfläche in unterschiedlichen Designs, sodass der Küchenblock sowohl wand- als auch freistehend für das Büro, die Wohnung oder den Gästeraum erdacht ist. Bei allen vier Modellen wurden hochwertige Materialien wie Chromstahl und mittels Siebdruck gestaltetes Glas verwendet.

Hohe Handwerkskunst ist Programm

Schlichtweg «Kunst» nennt das japanisch-dänische Gestaltungsbüro Inoda + Sveje seine Sitzmöbelgruppe für Karimoku. Die enorm fein und edel ausgearbeiteten Holzpartien laden zum Anfassen ein. Und wer dann doch Platz nimmt, möchte eigentlich gar nicht mehr aufstehen. Ein besseres Zeugnis kann ein Sitzmöbel kaum abgeben.Die Mischung aus skandinavischer Bequemlichkeit und handwerklich detaillierter Perfektion aus Japan stiess in Mailand auf ein breites Publikumsinteresse. So manch grosser Name seitens der internationalen Möbelproduzenten machte Station am Stand von Hayato Kawauchi auf der Präsentationsfläche «Salone Satellite».

Dort zeigte der Designer seine Vorstellung von einem bequemen, formschönen und gleichermassen funktionalen Klappstuhl. Die Raffinesse vom Prototyp «Row» zeigt sich im Zusammenspiel der Beschläge, die für den Klappmechanismus verantwortlich sind, und der angenehm, wenig klappstuhlartigen äusseren Gestalt des Möbels.

Gut möglich, dass der Stuhl demnächst in der Kollektion eines namhaften Möbelproduzenten auftaucht. «Interesse am Entwurf haben in Mailand viele angemeldet», sagt Kawauchi, der während der letzten Jahre in der Stadt gearbeitet hat. Zeitgemässes Design mit einem prägenden Extra hat der Gestalter auch beim Sideboard «Miru» umgesetzt. In der äusseren Form sehr schlicht gehalten, macht das wohlproportionierte Möbel durch die gespiegelt angebrachten Ausfräsungen der Griffmulden auf sich aufmerksam.

In der Region verhaftet

Eine Kooperation mit Japan pflegt seit Jahren auch das Atelier Oï aus dem bernischen La Neuveville. Genauer gesagt, geht es um eine Zusammenarbeit der Schweizer Designer mit mehreren Akteuren aus der zentraljapanischen Region Gifu. Abgeleitet davon, hat das Atelier Oï unter anderem die Kollektion «Gifoï» für den Möbelhersteller Hida Sangyo entworfen.

Neben Stuhl und Tisch wurde in Mailand der neue zugehörige Louge-Chair präsentiert. Die hölzigen Sichtflächen der Kollektionsstücke sind aus Zedernholz gefertigt. Das Besondere daran: Zum Einsatz kommt dabei die Eigenentwicklung einer Kompressionstechnik des japanischen Unternehmens. Mit dessen Hilfe kann das Zedernholz verdichtet werden. Dadurch wird das leichte und weiche Material deutlich fester und so auch mit besseren technologischen Eigenschaften versehen. Für die Produktion der Sitzmöbel werden mit dem Verfahren die Arbeitsschritte des Dämpfens, Biegens und Verdichtens von Holz miteinander kombiniert.

Die Region Gifu gilt als ein kunsthandwerkliches «Mekka» in Japan, das auf eine 1300 Jahre währende Tradition zurückblicken kann. Eine ebenfalls für Holz und Design wichtige Region ist das Gebiet um Asahikawa auf der Insel Hokkaido. Dort findet vom 20. bis 24. Juni 2018 die «Asahikawa Design Week» statt, die – wenig überraschend – bei genauem Hinsehen auch eine recht internationale Veranstaltung ist.

www.sato.chwww.info.sanwacompany.co.jp/en/www.karimoku.comwww.hayatokawauchi.comwww.atelier-oi.chwww.kitutuki.co.jp/english/www.asahikawa-kagu.or.jp/adw/

ch

Veröffentlichung: 07. Juni 2018 / Ausgabe 23/2018

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