Mustergültig beraten

Illustration: Beck Konzept AG

Bemusterung.  Je besser ein Objekt den Wünschen des Kunden entspricht, desto höher ist dessen Zufriedenheit. Um bösen Überraschungen vorzubeugen, tut der Schreiner also gut daran, dem Kunden anhand detaillierter Pläne und Bemusterungen im Voraus ein klares Bild zu vermitteln.

Das Handwerk ist des Schreiners Lust, doch ohne eine gute Kundenberatung wird dieses schnell zum Frust. Der Schreiner kennt sich mit verschiedensten Materialien und deren Bearbeitungen aus und ist sich gewohnt, etwas anzupacken und speditiv zu arbeiten. Doch er verkauft sich und seine Qualitäten allzu häufig unter Wert.

Dies zeigt sich oft schon bei der Beratung. Anstatt die Kunden mit seinem vielschichtigen Wissen zu beeindrucken, ihnen die unendlichen Möglichkeiten und Materialkombinationen aufzuzeigen, bleibt der Schreiner «bei seinen Leisten» und hält sich oft zurück. Mit einer guten Beratung, klaren Plänen und Zeichnungen und nicht zu vergessen, einer realitätsnahen Bemusterung, ist viel gewonnen. Denn damit werden beim Kunden Emotionen geweckt. Damit beginnt das Objekt in seinem Kopf Form anzunehmen, was Entscheidungsgrundlagen schafft.

Kreatives entsteht von Hand

Emotionen wecken ist auch für Jeannine Müller ein wichtiges Stichwort. Die gelernte Innenausbauzeichnerin und diplomierte Innenarchitektin ist bei der Beck Konzept AG im luzernischen Buttisholz im Bereich der Planung und Gestaltung tätig.

Für sie ist es wichtig, dem Kunden das Gefühl der Einzigartigkeit zu vermitteln. Sie setzt deshalb in einem ersten Schritt auf Handskizzen. «So kann ich dem Kunden zeigen, dass wir die Pläne individuell auf seine Wünsche anpassen und sie nicht einfach aus der Schublade ziehen», erklärt sie. «Kreatives entsteht von Hand.» Und schliesslich sei auch das Schreinern ein Handwerk, das als solches gepflegt werden sollte.

Bevor das Objekt für den Kunden bei der Bemusterung erstmals wirklich greifbar wird, sind viele Planungsschritte nötig. Bei der Beck Konzept AG folgt nach der ersten Kontaktaufnahme ein Gespräch vor Ort. So können sich die Planer ein Bild von der Situation machen und diese allenfalls auf Fotos festhalten. «Da wir hauptsächlich für die Gastrobranche arbeiten, achte ich darauf, wie das Auge durch den Raum geleitet wird und: Ich versuche, mir den Ablauf des Betriebes vorzustellen.» Damit spricht Müller einen wesentlichen Punkt an.

Arbeitet man an einem Objekt, so sollte dieses auf jeden Fall ästhetisch sein, doch mindestens ebenso wichtig ist seine Praxistauglichkeit. So skizziert die Planerin als Erstes eine mögliche Raumeinteilung und konkretisiert diese anhand der Kundenwünsche. Es folgen Darstellungen der verschiedenen Ansichten und oft auch perspektivische Zeichnungen, welche dem Kunden bereits eine sehr gute Vorstellung des Objektes erlauben.

Plausibles Gestaltungskonzept

«Nach den ersten Plänen gehen wir sehr schnell in die Materialisierung», sagt Müller. Denn mit der Kombination der Materialien steht und fällt die Wirkung des Objektes. Das sieht auch Bernhard Elett so. Der selbstständige Innenarchitekt unterrichtet seit 2004 an der Höheren Fachschule Südostschweiz ibW unter anderem die Fächer Freihandskizzieren, Farbenlehre, Gestaltung und Entwurf und weiss daher, worauf es bei einem guten Gestaltungskonzept ankommt. «Im Gestaltungskonzept ist nicht nur die Auswahl der Farben und Materialien aufgeführt, sondern auch logisch nachvollziehbar erklärt, wie es zu dieser Auswahl kam und wie sich diese auf die Gesamtgestaltung des Objektes auswirkt.»

Als Beispiel verweist er auf das Konzept für ein Hotelzimmer mit dem Namen «Alpenchic». Hier ist unter anderem die Rede von regionalem Eichenparkett, das dem Raum ein «Alpenfeeling» verleihen soll und mit seiner Wärme im Gegensatz steht zum kühlen Weiss der Wände, die den Schnee widerspiegeln sollen. Und hier zeigt sich, wie wichtig die Geschichte hinter dem jeweiligen Projekt ist. Je überzeugender das Gesamtkonzept, desto leichter ist der Kunde für das jeweilige Objekt zu begeistern.

Das Herzstück der Planung

Doch das Herzstück der Planung ist die Bemusterung. «Die Haptik der echten Materialien ist sehr wichtig für den Kunden», sagt Elett. Denn um sich die Gesamtwirkung von Farb- und Materialkombinationen eines Objektes vorstellen zu können, reichen weder farbige Zeichnungen noch detaillierte Beschriebe aus. Genauso wenig nützen einzelne lose Muster, wahllos auf dem Konferenztisch verstreut.

Als ideale Unterstützung des Gestaltungskonzeptes sieht Elett das Erstellen einer Mustertafel, auf welche die einzelnen Materialmuster aufgeklebt werden. Die Tafel sollte laut Elett «vorzugsweise schwarz sein, da die Farben dann stärker zur Geltung kommen». Die Muster sollten im gleichen Verhältnis auf der Tafel verteilt werden, wie sie im Raum vorkommen. Boden und Wandflächen belegen also den grössten Teil der Mustertafel. «Allgemein werden Deckenflächen im Raum weniger wahrgenommen und können deshalb auf der Tafel ausser acht gelassen werden», erklärt der Experte. Um dem Kunden einen detaillierten Eindruck des Konzepts und der Materialkombinationen vermitteln zu können, werden die Muster gemäss ihrem Verwendungszweck beschriftet. Handelt es sich um viele kleinere Musterstücke, so kann die Beschriftung als störend empfunden werden. In diesem Fall ist auch eine Nummerierung möglich, die dann auf einem Legendenblatt die genaue Farb- und Materialbezeichnung sowie deren Einsatzort erklärt. Die Mustertafel, die in diesem Fall ein gesamtes Raumkonzept aufzeigt, eignet sich ebenso für die Verdeutlichung des Zusammenspiels der Materialien und Farben bei einem Einzelmöbel.

Duft als Entscheidungshilfe

Werden dem Kunden lose Muster ohne Bezeichnungen und in willkürlicher Grösse vorgelegt, so ist es für diesen schwierig, sich ein Bild davon zu machen, wie die verschiedenen Materialien in Kombination miteinander wirken. Was man laut Elett auf jeden Fall vermeiden sollte, ist, dem Kunden ähnliche Muster mitzubringen, weil man die vorgesehenen nicht rechtzeitig erhalten hat.

Oft sind es die Feinheiten, die den Gesamteindruck eines Objektes entscheidend verändern. In diesem Zusammenhang spricht Elett einen weiteren wichtigen Faktor an: Den Geruch gewisser Hölzer oder anderer Materialien. «Gerade Holzarten wie Arve oder Zeder sowie auch Leder entwickeln eigenständige Düfte, die eine bedeutungsvolle – leider unterschätzte – Entscheidungshilfe für den Kunden darstellen.»

Grosse Muster zum Anfassen

Bei der Beck Konzept AG findet die erste Phase der Materialisierung im Betrieb statt. «So haben wir die Möglichkeit, dem Kunden verschiedene Varianten zu zeigen», erklärt Jeannine Müller. Danach werden die Muster im Raum und in der effektiven Lichtsituation angeschaut.

Wichtig ist, dass die Muster mindestens in A4-Format vorliegen. Je strukturierter oder gemusterter die Materialien, desto grösser sollte das Muster gewählt werden. So kann es sich durchaus lohnen, den Kunden mit zum Plattenlieferanten oder zum Furnierhändler zu nehmen, um ihm aufzuzeigen, wie sehr sich die Wirkung verändern kann, wenn aus dem gewählten Muster plötzlich eine grosse Fläche wird. Ähnliches gilt für die Haptik. «Der Mensch funktioniert sehr stark über den Tastsinn», erklärt Müller. «Er hat den Drang, die Dinge anzufassen, um sie für sich einordnen zu können.» Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, entsteht bei der Beck Konzept AG aktuell der Raum Haptik, ein Ausstellungsraum, in dem verschiedene Materialkombinationen präsentiert werden. Der Raum soll in einem Jahr fertig sein und unter gewissen Umständen auch anderen Schreinern die Möglichkeit bieten, mit ihren Kunden vorbeizukommen.

Ob in einem solchen Ausstellungsraum, ob beim Werkstoffhändler oder im eigenen Betrieb, dem Schreiner bieten sich viele Möglichkeiten, seine Kunden bereits im Vorfeld zu überzeugen. Daneben soll er ruhig «bei seinen Leisten» bleiben und den ersten positiven Eindruck mit einem Innenausbau in Schreinerqualität untermauern.

www.beck-konzept.ch

 

 

Wenn die Ausstellung zum Kunden kommt


Eine einzigartige Unterstützung für die Bemusterung einer Küche erhält der Schreiner bei der Küchenfokus AG im solothurnischen Kappel. Dies in Form einer mobilen Ausstellung. Im 18 Quadratmeter grossen Container ist eine komplette Küche montiert, anhand derer verschiedene Geräte, Mülltrennsysteme, Schrankausstattungen, Schubladenauszüge inklusive Inneneinteilungen und Öffnungsarten präsentiert werden können. Das Küchenmodul eignet sich für Präsentationen auf dem Areal grösserer Überbauungen mit Eigentumswohnungen oder für Gewerbeausstellungen. Mit der kostenlos nutzbaren Marke «Küchenfuchs» kann der Schreiner seinem Kunden in der Schweiz gefertigte Küchen inklusive diverser Planungs- und Bemusterungsdienstleistungen wie Onlineplanungen und 3D-Visualisierungen anbieten.

www.kuechenfuchs.ch

mh

Veröffentlichung: 24. Januar 2019 / Ausgabe 4/2019

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