Planung: weder gratis noch umsonst

Vor der Skizze...Bild: Merk Raumgestaltung

Projektierungskosten.  Der Schreiner gilt als kreativer Macher. Geht es aber um die Verrechnung seiner Planung, stellt er sein Licht allzu oft unter den Scheffel. Dabei ist es nichts als legitim, den gerechten Lohn für einen geleisteten Arbeitsaufwand zu verlangen.

Der Elektriker hat einen Elektroplaner, der Sanitärinstallateur hat einen Gebäudetechnikplaner. Und der Schreiner? Der Schreiner erledigt Planung und Ausführung meist in Personalunion. Dies kann zum Problem werden, wenn es um die Verrechnung der Planungskosten geht. Nicht selten gehen Kundinnen und Kunden ganz selbstverständlich davon aus, dass von der Erstberatung bis hin zum Entscheid über die Erteilung des Auftrags alles gratis ist. Eine Erwartungshaltung, die sich in vielen Schreinereien im Laufe der Zeit als gängige Praxis eingeschlichen hat. Oft scheuen sich Schreinerinnen und Schreiner davor, die Planungskosten in Rechnung zu stellen, aus Angst, den Kunden vor den Kopf zu stossen und sich damit eine Chance zu verbauen. Simon Schneider, Bereichsleiter Technik und Betriebswirtschaft beim VSSM, ist da anderer Meinung: «Es ist wichtig, dem Kunden aufzuzeigen, dass er mit der Planung einen effektiven Mehrwert, also eine geldwerte Leistung erhält», sagt er. «Wenn er diesen versteht, ist er in der Regel auch bereit, dafür zu zahlen.» Matchentscheidend sei ein klare Abmachung, ab welcher Stufe der Planung Kosten für den Kunden resultieren.

Die Balance halten

Tatsächlich stellt sich die Frage, ob der finanzielle Schaden am Ende grösser ist, wenn der Schreiner die Planung nicht verrechnet und ihm so bei jedem Auftrag eine beträchtliche Summe entgeht oder wenn er das Risiko eingeht, den einen oder anderen Auftrag nicht zu erhalten, weil der Kunde nicht bereit ist, für die Kosten der Planung aufzukommen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei, dass sich der Arbeitsschwerpunkt im Laufe der Jahre immer mehr aus der Werkstatt ins Büro verlagert hat. Umso wichtiger ist es, dass diese Arbeit auch entsprechend entschädigt wird, damit das ganze Konstrukt nicht vollkommen aus der Balance gerät. «Der Schreiner tut also gut daran, detaillierte Planungsdienstleistungen als eigenständige Aufträge zu betrachten und diese auch dementsprechend zu verrechnen», erklärt Schneider. Genauso sieht es auch Lorenz Meier, Geschäftsführer, Merk Raumgestaltung in Uster ZH. «Bei uns wird die Planungsphase separat ausgewiesen und verrechnet», sagt er und bestätigt die Aussage Schneiders, dem Aufzeigen des Mehrwerts betreffend. Dabei spricht er insbesondere die Planung der Küche an. Diese steht im Zentrum des Zusammenlebens, prägt in ihrer Ausführung einen eigenen und individuellen Lebensstil und soll deshalb vollkommen auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmt sein. Und genau hier kann der Schreiner seine Qualitäten ausspielen. «Wir nehmen uns viel Zeit, um uns mit unseren Kunden zusammenzusetzen und ihre Wünsche zu verstehen», sagt Lorenz Meier. «Für die erste Begegnung rechnen wir in der Regel rund zwei Stunden ein, sodass wir genug Zeit haben, um auf die jeweilige Person eingehen zu können.» Diese Erstberatung finde meistens im Ausstellungsraum statt, sodass der Kunde unterschiedliche Umsetzungsbeispiele betrachten und sich auch bereits ein erstes Mal mit möglichen Materialien auseinandersetzen könne. Das Erstgespräch ist bei Merk kostenlos. Alle weiteren Schritte der Planung werden verrechnet – und dies wird bereits von Beginn weg klar kommuniziert.

Vertrauen aufbauen

Das Erstgespräch ist ein probates Mittel, um das eigene Leistungsspektrum aufzuzeigen und das Vertrauen des Gegenübers zu gewinnen. Diese Erfahrung hat auch Meier gemacht. «Wenn der Kunde versteht, dass er bei uns nicht einfach ein Stück Küche von der Stange erhält, sondern eine auf ihn persönlich zugeschnittene Lösung, dann wird er sich bewusst, wie viel Vorarbeit in einem solchen Projekt steckt, und ist auch bereit, den Preis dafür zu zahlen.»

Führt man sich die weiteren Schritte bis zum Abschluss der Planungsphase am Beispiel von Merk vor Augen, so fragt man sich, wie es möglich ist, dass diese Leistungen nicht immer diskussionslos verrechnet werden können. «Nach dem Erstgespräch gehen wir bei der Bauherrschaft vorbei, um uns die Situation vor Ort anzuschauen», sagt Meier. Dabei geht es nicht nur um die Massaufnahme oder die Überprüfung vorgängig erhaltener Grundrisspläne, sondern vielmehr auch darum, sich ein Bild zu machen vom Einrichtungsstil der Haus- oder Wohnungseigentümer, um diesen in die weitere Beratung und Planung miteinbeziehen zu können.

Ein wesentlicher Unterschied

Nach dem Besuch vor Ort werden je nach Absprache zwei bis maximal drei Plangrundlagen ausgearbeitet, wovon nach einem weiteren Beratungsgespräch eine Variante weiterbearbeitet und daraus eine konkrete Offerte erstellt wird. «Wir nehmen uns die Zeit, den Kunden während der ganzen Planungsphase miteinzubeziehen, ihm in unserem Showroom verschiedenste Materialien und Kombinationsmöglichkeiten aufzuzeigen und ihn bei der Auswahl der Abdeckung oder des Furniers zu begleiten», sagt Meier. Sieht ein Kunde nicht von Beginn weg ein, warum er für die Planung bezahlen muss, so führen wir ihm diesen Unterschied vor Augen», sagt Meier. Danach kann er selber entscheiden, welcher Weg für ihn stimmt.

Insgesamt kostet eine Planung bei Merk je nach Umfang von 1500 bis zu 5000 Franken, wobei bei 5000 Franken meistens weitergehende Planungen wie Schränke und Badmöbel inbegriffen sind. «Der Preis einer Küche beginnt je nach Grösse und Materialwahl bei rund 30 000 Franken und ist nach oben offen», sagt Meier. «Setzt man dies in die Relation mit den Kosten der Planung, so ist das vollkommen legitim und wird auch vom Kunden so wahrgenommen», führt er weiter aus.

Mut zum ersten Schritt

Hat man die Planungsleistungen bisher nicht verrechnet, so braucht es Mut, diesen Schritt zu gehen. Da kann es helfen, eine detaillierte Übersicht zu erstellen und genau festzuhalten, welche Leistungen der Schreiner dem Kunden bieten kann. Auf diese Weise werden die Aufwände transparent und nachvollziehbar.

Die Verrechnung von Planungs- und Projektierungskosten ist ein Thema, mit welchem sich der VSSM seit Jahren intensiv auseinandersetzt. In Zusammenarbeit mit dem Branchenverband Küche Schweiz hat er einen Planungsvertrag sowie ein Merkblatt mit praktischen Hinweisen und Tipps für eine Verrechnung der Projektierungskosten erstellt (siehe Box Seite 28).

«Das Unternehmen geht in Vorleistung, dabei entstehen bis zur Auftragserteilung bereits erhebliche Kosten», sagt Simon Schneider. «Ohne klare Abmachung trägt der Kunde bis zu diesem Zeitpunkt weder Kosten noch Risiken, erhält im Gegenzug aber sehr viele nützliche Informationen und Details.» Ein Umstand, der den Schreiner in eine sehr unangenehme Lage bringen kann, insbesondere dann, wenn der Kunde die Situation ausnutzt, kostenlos Offerten bei unterschiedlichen Schreinern einholt und im schlechtesten Fall die kostenlos erstellten Pläne mitnimmt, um den Auftrag einem Mitbewerber zu geben.

Entgangene Einnahmen

Sieht man sich die Zahlen an einem einfachen Beispiel an, so wird klar, wie viele Einnahmen dem Schreiner entgehen, wenn er die Planung nicht verrechnet. Die durchschnittlichen Kosten zur Erstellung einer Offerte betragen 1000 bis 1500 Franken, und von zehn gerechneten Offerten führen im Schnitt deren vier bis sechs zum Auftrag. Plant und offeriert der Schreiner bei dieser Annahme also pro Monat eben jene zehn Küchen, so entgehen ihm auf das Jahr gesehen 60 000 bis 90 000 Franken. Rechnet man die Gratisplanungen mit ein, die in einen Auftrag münden, so sind es gar 120 000 bis 180 000 Franken. Diese Zahlen führen dann auch gleich zur Überlegung, ob der Schreiner verrechnete Planungskosten im Gesamtpreis der Küche gutschreiben soll, wenn er den Auftrag erhält. Dazu hat Lorenz Meier eine klare Meinung: «Wenn ich die Planungskosten gutschreibe, dann stecken sie am Ende einfach im Möbelpreis, und ich verliere an Glaubwürdigkeit, da ich die Kosten ja zuvor beim Kunden offengelegt und klar begründet hatte», sagt er. «Wir streben eine transparente Kommunikation mit unseren Kunden an.»

Die Spielregeln festlegen

Oft findet die Vergabe eines Auftrages nicht direkt zwischen dem Endkunden und dem Schreiner statt, sondern gehört zu einem Gesamtprojekt und läuft über eine Drittpartei wie einen Architekten. Auch hier sollte der Schreiner seine Regeln und Bedingungen gleich von Beginn weg klar kommunizieren, um am Ende nicht mit abgesägten Hosen dazustehen. «Wichtig ist eine klare Differenzierung in welchen Auftragsverhältnissen, welche Spielregeln gelten und was möglich ist», sagt Simon Schneider. «Wenn die Planungsleistung vom Architekten kommt, dann muss der Schreiner auch wirklich auf die Vorarbeit zählen können, ansonsten muss er dafür Ansprüche einsetzen und diese entsprechend einfordern», mahnt er.

«Arbeiten wir mit Architekten zusammen, so versuchen wir bereits am Telefon rauszuhören, was sie für einen Partner brauchen und welchen Mehrwert wir für das Projekt beitragen können», sagt Lorenz Meier. «Für grössere Projekte laden wir sie zu einem Treffen ein, sodass sie sich ein Bild unseres Betriebes und unseres Showrooms machen können.» Hier gehe es ihm insbesondere um das Gefühl für das Gegenüber. «Für den Architekten ist es wichtig, einen kompetenten Partner zu haben und zu wissen, dass es auch menschlich gut passt.» Auf diese Weise werde schnell klar, ob es zu einer Zusammenarbeit komme oder nicht. Meier rät davon ab, zu viel Zeit und Aufwand zu investieren, ohne vorher ein klares Bild zu haben von der Situation.

Eigene Planungsabteilung

Nicht immer tritt der Schreiner bei der Abwicklung eines Projektes ausschliesslich in dieser Funktion auf. Oft übernimmt er auch die gesamte Projektleitung. Hier summieren sich die Planungsleistungen zu einem Maximum, und es gilt ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass dieser Zeitaufwand auch dann finanziell abgeglichen wird, wenn unvorhergesehene Komplikationen auftreten und sich daraus eine grosse Anzahl an Mehrstunden ansammelt. Das Ziel sollte immer sein, dass die Aufwendungen klar und direkt zugeordnet und plausibel erklärt werden können. Damit der Kunde versteht, dass Planungsleistungen einen Geldwert haben, kann es Sinn machen, diesen als eigenständigen Auftrag zu verkaufen. Viele Schreinereien haben zu diesem Zweck innerhalb ihrer Betriebe eine eigene Planungsabteilung integriert. «In unserem Betrieb haben wir zwei Innenarchitekten im Team und dazu eine Projektleiterin und einen Projektleiter Innenausbau, die einen grossen Teil der Planung übernehmen und den Kunden auch in ganzheitlichen Projekten begleiten können», sagt Meier, der selber gelernter Schreiner ist und sein Portfolio mit einem Innenarchitekturstudium erweitert hat.

Wichtig ist in jedem Fall, eine Person im Team zu haben, die ein Flair für Gestaltung hat und der es gelingt, die Kunden mit seinen Ideen zu begeistern. Denn ist erstmal eine Vertrauensbasis aufgebaut, so steigt die Wahrscheinlichkeit massiv, dass am Ende auch der Auftrag ausgeführt werden kann. Das Gespür für den Menschen steht auch für Meier ganz weit oben. «Fühlt sich der Kunde bei seinen Wünschen abgeholt und gut beraten, so ist er auch viel eher bereit, den Planungsaufwand zu bezahlen.» Liegt die Stärke eines Unternehmens bei der praktischen Umsetzung eines Projektes oder ist das Büro im Vergleich mit der Werkstatt unverhältnismässig stark ausgelastet, so sieht Simon Schneider auch die Vergabe der Planung an ein darauf spezialisiertes Unternehmen oder die Kooperation mit einem externen Innenarchitekten als Möglichkeit. «Kommt eine Schreinerei mit dem Umfang der Planung an ihre Grenzen, so fährt sie am Ende mit dieser Lösung finanziell allenfalls besser», sagt er.

Die Karten auf den Tisch legen

Es spielt keine Rolle, welchen Weg der Schreiner wählt, doch das Ziel sollte sein, den gerechten Lohn für die geleistete Arbeit einfordern zu können. Dies sowohl für die Planung, für gewünschte Anpassungen als auch für allfällige Nachträge.

Für den Schreiner gilt es, die Karten auf den Tisch zu legen und dem Kunden klar aufzuzeigen, wie viel Vorarbeit nötig ist, bevor die Maschinen zu laufen beginnen, um die Traumküche Wirklichkeit werden zu lassen.

www.merkraumgestaltung.ch

Merkblatt und Planungsvertrag

Planungskosten sind Geld wert

Der VSSM hat in Zusammenarbeit mit Küche Schweiz einen Planungsvertrag sowie ein Merkblatt mit praktischen Hinweisen und Tipps für eine Verrechnung der Projektierungskosten erstellt. Die Dokumente können von VSSM-Mitgliedern auf der VSSM-Website gratis heruntergeladen werden. Im Mitgliederbereich stehen auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als schreibgeschütztes PDF mit VSSM-Logo oder als individuelle Word-Vorlage zur Verfügung. Die Logindaten sind auf dem Mitgliederausweis zu finden.

www.vssm.chwww.küche-schweiz.ch

Monika Hurni, mh

Veröffentlichung: 29. Februar 2024 / Ausgabe 9/2024

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