Rein in die Nischen

Antonio Lupi Design Spa ist mit dem Waschbecken in die Wand gegangen. Bild: Antonio Lupi Design Spa

Nischenbau.  Im Bad verschwinden die Utensilien immer öfter in Wandvertiefungen. Das schafft Platz und Ordnung in kleinen Räumen. Bislang meist aus Metall und Glas gefertigt, können Einbaukorpusse auch aus den angestammten Materialien realisiert werden.

Man muss es ja nicht gleich so machen wie das italienische Label Antonio Lupi Design Spa. Sprich, das Lavabo komplett in der Wand versenken. Nur eine schräg vorstehende Glasplatte deutet auf die Funktionalität hin. Ansonsten steckt das Waschbecken zur Gänze in der Wand, und selbst der Wasserhahn ist unsichtbar in der oberen Kante der Wandnische eingelassen.

Immer mehr Entwürfe von Badezimmern setzen auf die Nischen. Und nicht wenige Gestalter planen sie sogar extra ein, auch dort, wo gar keine Vertiefungen entstehen oder aus konstruktiven Gründen notwendig wären. Aber mit Nischen, die durch Versätze und Vorwände entstehen, lassen sich Flächen unterbrechen und gliedern und damit Akzente setzen. Dazu haben die Unterbrechungen der Fläche auch noch praktische Funktionen.

Auf der anderen Seite entstehen in vielen Bädern solche Bereiche für potenzielle Einbaumöbel fast automatisch. Genutzt wird der Raum indes kaum. Man verkleidet etwa die Vorbauwand des WCs mit Fliesen und obenauf ergibt sich dadurch eine Abstellfläche und das war es dann. Aber immer öfter sind es andere Lösungen, die den Kunden offensichtlich besser gefallen. Das ist gut so, auch für den Schreiner.

Platz für die Nischen finden

Inzwischen haben viele Badezimmerausstatter etwas für die Schaffung von Nischen im Programm. Auch Duschabtrennungen mit integrierten Nischen in Glas gibt es. Oder Kästen, die sowohl in Nass- als auch Trockenbauwänden integriert werden und – flächenbündig gestaltet – mittels Push-to-open-Türchen bedienen lassen. Der wassergeschützte Randabschluss wird mit Dichtungsbändern versehen. Auch das Toilettenpapier, das scheinbar direkt aus der Wand kommt, gehört dazu.

Neben gestalterischen Aspekten, zu denen auch die Beleuchtung von Nischen gehört, ist die Raumsparfunktion ein weiterer entscheidender Pluspunkt für die Schaffung von Abstellflächen in der Wand. Gerade in kleinen Badezimmern stören ausladende, an der Wand montierte Ablagemöglichkeiten, an denen man sich stossen kann und die die Bewegungsfreiheit einschränken. Gerade wenn Wandmodule geplant werden, auch solche in T- oder L-Form, etwa zur Abgrenzung des WCs im Raum, ist die Wand mit Ablagefunktion sicher eine Überlegung wert. Und während es für Wandflächen relativ wenige Möglichkeiten der Materialisierung im Badezimmer gibt, ist diese für Vorsatzwände kaum begrenzt.

Lösungen für die Dusche

Die grösste Herausforderung für eine Raumnutzung in der Wand findet sich dort, wo eine Nischenlösung oft und ausgiebig mit Wasser in Berührung kommt. Also vor allem in der Dusche oder bei der Badewanne. Eine Spezialistin auf diesem Gebiet ist die Easy Sanitary Solutions (ESS). Das Unternehmen bietet unter anderem die nahezu unsichtbar zu verbauende T-Box, deren Tür analog zur Wand belegt werden kann. Der breite Rahmenflansch der Metallbox wird mit einem Abdichtungsband an der rohen Wand angeschlagen und dann samt Tür flächenbündig entsprechend weiter belegt. Ausgedacht vor allem für keramische Fliesen, lässt sich das Produkt aber auch mit anderen Materialien wie etwa Glas oder High Pressure Laminate (HPL) belegen.

Der niederländische Hersteller ESS ist auf dem Gebiet der einbaufertigen Wandnischen ein Vorreiter. Einbaukorpusse in Edelstahl oder pulverbeschichtetem Blech, auch mit Türen und mit LED-Licht. Daneben wandern auch immer mehr Funktionalitäten in die Wand, wie Toilettenpapierabroller oder die WC-Bürste. Fast scheint es, als ob die Dinge, die ein Bad wenig wohnlich erscheinen lassen, künftig einfach hinter dem nicht auf den ersten Blick sichtbaren Fach in der Wand verschwinden.

Für die Umsetzung solcher Mini-Einbaumöbel ist vor allem die Planung entscheidend. Liegt der Badezimmerumbau nicht komplett in der Hand des Schreiners, sind schnell drei oder vier Unternehmer mit von der Partie, bis sich am Ende ein kleines Türchen in der Wand öffnen lässt oder etwas Ablagefläche in der Dusche für die Shampoo-Flasche vorhanden ist. Das ist ein ziemlicher Aufwand für ein paar Zentimeter Ablagefläche. Kein Wunder, bemüht man sich, diese zu standardisieren.

Für solch feuchte Zonen sind auch wasserdichte Wandtaschen aus extrudiertem Polystyrol-Hartschaum am Markt. Diese werden in erster Linie vom Maurer oder Plättlileger verbaut und dann später verkleidet. Dann ist zwar der Unterbau wasserdicht, doch eine Belegung mit plattenförmigen Werkstoffen ist ohne abgedichtete Materialstösse kaum möglich.

Einbaumöbel mit grosser Wirkung

Der Bereich des Trockenbaus, in dem überwiegend mechanisch befestigt wird, ist dem Schreiner natürlich näher. Wo es keine andauernde Wassereinwirkung gibt, herrscht die grosse Freiheit. Dann können die Nischen auch einfacher ausgeführt sein, aber gleichzeitig eine immense gestalterische Wirkung erzielen.

Besonders edel wirken solche Regale aus der Wand auch deshalb, weil diese dann ohne Abschlussprofil auskommen, wie etwa die Designlinie von ESS. So lassen sich mit überschaubarem Aufwand spannende Materialkontraste in der Wand realisieren. Im umgekehrten Fall kommt dies noch selten zur Anwendung. Dabei könnten mit keramischen Platten belegte Vorbauwände durchaus aufgewertet werden, würde das eine oder andere hölzige Fach darin und daraus auftauchen.

Über die Fertigteile hinaus gehen

Für die Materialisierung von Nischenlösungen steht eine ansehnliche Anzahl von Werkstoffen zur Verfügung. Je geringer der mögliche Einfluss von Feuchtigkeit dabei ist, desto eher lassen sich auch Standardwerkstoffe verwenden. Das bringt den Schreiner bei diesem Thema in eine Pole-Position. Denn es geht um Korpusse, Türen mit Zapfenbändern stumpf einschlagend und die vielen Spielarten damit.

Wenn das Badezimmer immer wohnlicher wird und sogar mit dem Schlafzimmer verschmilzt, braucht es dafür auch die entsprechend wohnlichen Materialisierungen, abseits von Fliesen und Profilleisten – nicht nur für Nischenlösungen, aber eben auch. Dort steht die ganze Werkstoffvielfalt zur Verfügung. Im Feuchtraum zumindest Glas und Acrylglas, Mineral- und Quarzitwerkstoffe, Laminate und Composit-Materialien wie etwa Dibond. Auch Klassiker wie HPL, das als einer der wenigen plattenförmigen Werkstoffe auch im Nassbereich einsetzbar ist und sich mit neuen Oberflächenfunktionalitäten wie antibakteriellen Eigenschaften für den Einsatz im Bad empfiehlt, sowie jüngere Entwicklungen, wie etwa das Compact Density Fibreboard (CDF) von Kronoswiss in Menznau LU. Der hoch verdichtete Werkstoff ist auch in Feuchträumen gut einsetzbar. «Bleibt die Kante ohne dauernden Kontakt mit Wasser oder handelt es sich um Räume mit erhöhter Feuchtigkeit, kann die Platte bedenkenlos eingesetzt werden», erklärt der Hersteller.

Ein anderes Beispiel für feuchteresistente Materialien ist das aus Italien kommende Fenix von Arpa Industriale. Die Kernstruktur des Werkstoffes Fenix NTM setzt sich aus imprägniertem Papier und wärmehärtenden Harzen zusammen. Erzeugt wird das Beschichtungsmaterial mit 0,9, 1 und 1,2 Millimeter Stärke unter der Einwirkung von Hitze von etwa 150 Grad und hohem Druck, über 7 MPa. «Dadurch entsteht ein homogenes, nicht poröses Material mit hoher Dichte», so der Hersteller. Darin stecken auch neue Fertigungsverfahren, wie die Härtung mittels Elektronenstrahlung und Nanotechnologie für die Oberfläche. So ist das Material mit hochmattem Antlitz und antibakteriellen Eigenschaften auch gegen Fingerabdrücke unempfindlich. Sogar Lavabos werden mit dem Werkstoff beschichtet. Ab 6 Millimeter Stärke ist das Material laut Hersteller selbsttragend, bis zu 12 Millimeter Dicke sind die Platten erhältlich.

Der Markt für die Nischenlösungen scheint sich derzeit noch zu sortieren. Untrügliches Zeichen dafür: Unter den Produkten findet sich auch so manche Idee aus dem Handwerk vom Fliesenleger bis zum Glasverarbeiter. Und für den Schreiner ist auch noch Platz in der Nische.

www.antoniolupi.itwww.easydrain.chwww.swisscdf.comwww.fenixforinteriors.comwww.display.3acomposites.comwww.argolite.ch

ch

Veröffentlichung: 14. Juni 2018 / Ausgabe 24/2018

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