Rekordhalterin und Vollblutmami

Mireille Gigandet ist Geschäftsfrau und Mutter. Sie hält heute noch den Schweizer Rekord über 100 m. Bild: Franziska Gertsch

Sie war Ende der 1990er-Jahre die erfolgreichste Sprinterin der Schweiz: Mireille Gigandet-Donders hält bis heute den Schweizer Rekord im 100 m-Lauf. Dabei hatte sie diese Sportkarriere so gar nie geplant. Als 15-Jährige stieg sie spät in die Leichtathletik ein. Doch schon nach einem Jahr qualifizierte sie sich für die Junioren-EM. «Wenn man einmal Wettkampfluft geschnuppert hat, will man das immer wieder», erklärt sie. Also machte sie weiter und trainierte fleissig. Nebenbei liess sie sich zur Lehrerin ausbilden und arbeitete in einem 80-Prozent-Pensum. «Ich musste den Kopf immer beschäftigt haben, sonst wäre mir langweilig geworden», sagt sie. Ihre Leistungsbilanz kann sich sehen lassen: Neben dem 100 m-Rekord, 60- und 200 m-Rekorden in der Halle und zahlreichen Schweizer-Meister-Titeln waren die Olympischen Spiele 1996 in Atlanta und 2000 in Sidney die Highlights ihrer Karriere. Grossen Druck habe sie nie verspürt, erklärt Gigandet. Die Zeit im Spitzensport hat sie denn auch durchwegs positiv in Erinnerung: «Für die Wettkämpfe sind wir um die Welt geflogen. Ich war eine echte Weltenbummlerin, und das hat mir gefallen», erinnert sie sich. Trotzdem entschied sie sich, mit dem Spitzensport aufzuhören, «bevor mich die Jüngeren überholen». Sie setzte sich zum Ziel, bei der Universiade 2001 in Peking noch eine letzte Medaille zu holen. Es gelang, sie holte im Sprint über 100 m Bronze und gab den Rücktritt. Den Ausstieg hat sie nie bereut. Heute ist sie keine angefressene Sportlerin mehr, hat aber immer noch starken Bezug zur Welt des Sports. Als Mitglied der Swiss Olympians trifft sie mehrmals im Jahr alle ehemaligen Olympioniken und damit die grossen Namen der Schweizer Sportgeschichte. «Um dem Sport etwas zurückzugeben» engagiert sie sich für den Nachwuchs der Behindertensportler. Sie ist Vizepräsidentin der Schweizerischen Leichtathletikvereinigung der Behinderten (SLVB) und organisiert unter anderem Trainingslager für handicapierte Leistungssportler. Ausserdem springt sie gelegentlich als Trainerin für das Leichtathletiktalent Mujinga Kambundji ein. Die junge Athletin wird es vielleicht sein, die dereinst ihre Rekorde bricht. «Ich bin ihr grösster Fan und würde mich freuen, wenn auf mich wieder eine Bernerin folgt.» Beruflich engagiert sich Gigandet im Betrieb der Eltern – der Böhme Lacke AG im Berner Liebefeld. Der Betrieb, den ihre Schwester soeben übernommen hat, produziert und handelt mit Farben und Lacken, die vielen Schreinern ein Begriff sind. Seit jeher hatte sie nebenbei den Eltern geholfen. Als sie sich entschied, in die Firma einzusteigen, fing sie ganz unten an. Als Praktikantin lernte sie alle Abteilungen kennen – half im Büro aus, besuchte bei Aussendienstterminen Schreiner so- wie Händler oder erledigte Hilfsarbeiten in Labor und Lager. «Darum kenne ich mich jetzt ziemlich gut aus in unserem Betrieb», sagt sie lachend. Heute leitet sie als Geschäftsleitungsmitglied die Administration. Fix im Büro ist sie jedoch nur eineinhalb Tage die Woche, denn die 39-Jährige ist «ein Vollblutmami», wie sie selbst sagt. Ihre beiden Kinder nimmt sie oft mit ins Büro.

Auch ihre Hobbies sind vom Nachwuchs geprägt: Die Kinder sind das Hauptsujet, wenn die Mutter fotografiert. Für sie – und manchmal für Freunde – malt sie leidenschaftlich gerne. «Die Bilder sind nichts Besonderes und erst recht nichts, das man unbedingt gesehen haben müsste», sagt sie bescheiden und zeigt dabei auf ihre fröhlichen, bunten Kunstwerke, die im Ansatz an Hundertwasser-Gemälde erinnern.

«Für die Wettkämpfe sind wir um die Welt geflogen. Ich war eine echte Weltenbummlerin und das gefiel mir.»

fg

Veröffentlichung: 29. März 2013 / Ausgabe 13/2013

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