Sägst du schon oder beschickst du noch?

Das Plattenhandling birgt viel Optimierungspotenzial. Ein modernes Flächenlager mit automatischer Beschickung kann dieses ausschöpfen. Bild: Homag Schweiz AG

Plattenlagerung.  Beinahe jeder Maschinenhersteller hat sie mittlerweile im Angebot: automatisierte Säge-Lager-Kombinationen. Die SchreinerZeitung hat bei Schreinereien und Experten nachgefragt, was es damit auf sich hat, und nennt zwei konkrete Beispiele.

Als zu gross und zu teuer galten bis vor wenigen Jahren automatisierte, horizontale Plattenlager in Verbindung mit einer liegenden Säge. Nicht wesentlich anders klang es in den Anfängen der CNC-Bearbeitungszentren (BAZ). Dank tieferen Preisen, einfacherer Bedienung und intelligenten Steuerungen gehören diese Maschinen heute fast genauso zum Schreineralltag wie eine Kehlmaschine. Ähnliches scheint sich nun auch bei horizontalen Zuschnittlösungen abzuzeichnen: Dank sinkenden Anschaffungskosten sowie intelligenter Lager-Software werden solche Systeme zunehmend interessanter für mittelgrosse Schreinereien. Denn in einem Punkt sind sich Hersteller, Experten und Unternehmer einig: Beim Plattenzuschnitt lässt sich auf diesem Weg viel Zeit sparen.

Das Handling kostet zu viel Zeit

Sehr viel Zeit geht dabei nicht beim eigentlichen Zuschneidevorgang verloren, sondern beim gesamten Plattenhandling. Das beginnt schon bei der Materialanlieferung, wo die liegenden Platten von Hand oder mit dem Stapler abgeladen und in ein vertikales Lager eingeräumt werden müssen.

Kragarm zu umständlich

Wer schon über eine liegende Säge verfügt, muss die Platten dann für den Zuschnitt wieder in die Horizontale bringen. Andere haben vielleicht ein Kragarmregal, wo die Platten immerhin horizontal gelagert werden können. «Solche Lager benötigen aber verhältnismässig viel Platz», sagt Patrik Meyer von der Homag AG und erklärt, «diesen braucht es vor dem Regal, um mit einem Stapler manövrieren zu können. Ebenfalls genügend Luft braucht es zwischen den Regalebenen, damit die Platten sicher und ohne Beschädigung ein- und ausgelagert werden können.» Ausserdem gestaltet sich das Entnehmen einer einzelnen Platte sehr umständlich. Insbesondere wenn die Stapel nicht sortenrein sind und sich die benötigte Platte mitten im Stapel befindet.

Einlagern leicht gemacht

Solche zeitraubenden Abläufe gehören bei einem vollautomatischen Flächenlager der Vergangenheit an. Die angelieferten Platten werden als ganzer Stapel auf einem Einlagerungsplatz deponiert. In der Regel direkt daneben befindet sich ein Terminal, wo der Bediener eingibt, welche Platten in welcher Reihenfolge sich im Stapel befinden. Der mit Saugern ausgerüstete Fahrwagen schnappt sich dann die Platte und lagert sie ein. «Diesen Ablauf kann man natürlich noch weiter optimieren, indem der Plattenlieferant die Lieferung entsprechend vorsortiert», fügt Patrik Meyer an.

Ab diesem Punkt spielt die Lager-Software eine entscheidende Rolle, sie steuert in den meisten Fällen die Säge. Denn das Lager weiss, welche Platten überhaupt vorhanden sind. In der Software sind sämtliche Parameter der jeweiligen Platte erfasst. Dazu gehören nebst den Materialeigenschaften wie Werkstoff, Grösse, Dicke, Gewicht und Oberfläche auch Bearbeitungsparameter für die Säge. Anhand dieser Informationen entscheidet die Software, auf welchem Platz die jeweilige Platte eingelagert wird. «Der Betrieb kommt also nicht darum herum, seine Stammdaten und das Inventar auf den aktuellen Stand zu bringen», sagt Berater Tilmann Laube. Er hat schon verschiedene Schreinereien bei der Projektierung und Umsetzung eines automatisierten Lagers begleitet.

Intelligent gestapelt

Sehr häufig verwendetes Material mit einem entsprechend hohen Lagerbestand wie auch 19-mm-Weissware wird dabei in der Regel sortenrein gelagert. Andere Platten kommen auf chaotische Stapel, wobei es sich sprichwörtlich um ein Chaos mit System handelt. Der Anwender kann beispielsweise definieren, dass eine furnierte Platte nie zuoberst auf dem Stapel liegt, sondern immer von einer anderen Platte abgedeckt wird, um ein Vergilben zu vermeiden. «Deshalb macht es meistens auch Sinn, die Deckplatten einzulagern», erzählt Meyer. Noch wichtiger ist dieser Umstand beim Restenstapel, wo nicht alle Platten gleich gross sind. Hier wird eine heikle Platte nach Möglichkeit mit einem grösseren Restenteil abgedeckt.

Sauber trennen und ablegen

Darüber hinaus nutzten einige Lager die hinterlegten Materialeigenschaften, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um die richtige Platte handelt. Dazu wird sie automatisch vermessen und gewogen. Letzteres verhindert zudem, dass aus Versehen zwei Platten auf einmal angesaugt werden. In diesem Fall würde der Greifer nochmals versuchen, die beiden Platten voneinander zu trennen.

Je nach Maschinenhersteller kommen zum Trennen der Platten verschiedene Techniken oder Kombinationen davon zum Einsatz:

  • Rütteln
  • Druckluft
  • Einseitiges Anheben

Dadurch kann ein automatisches Flächenlager auch mit dünnen Platten und sogar Kunstharz umgehen.

Präzision ist auch beim Ablegen der Platte wichtig, damit die Stapel nicht schief werden. Dies hat wiederum Auswirkungen auf den Platzbedarf: Je kleiner die Toleranzen, desto geringer können die Abstände zwischen den Stapeln ausfallen.

Mit wenigen Stapeln effizient

Die meisten Software-Lösungen beachten aber nicht nur die Materialeigenschaften, sondern sind auch lernfähig: Selten verwendete Platten rutschen im Stapel immer weiter nach unten und werden weiter entfernt von der Säge gelagert. Die maximale Stapelhöhe liegt in der Regel bei 2 m oder rund 100 19-mm-Platten.

Es wird aber nach Möglichkeit darauf geachtet, dass die Stapel nie ganz, sondern im Durchschnitt nur zu etwa 60 % gefüllt sind. Dadurch braucht die Anlage weniger Zeit zum Umstapeln, wenn eine weiter unten liegende Platte benötigt wird. Zudem steht so im Lager immer ausreichend Puffer zum Umstapeln und Einlagern zur Verfügung. «Idealerweise hat ein automatisiertes Lager mindestens fünf Plätze für ganze Platten und ein bis zwei Plätze für Resten», sagt Meyer. Je nach Betrieb kann aber ein Lager mit drei oder vier Stapeln bereits effizient betrieben werden, denn auch der Einlagerungsplatz kann als Puffer oder direkt zum Beschicken der Säge genutzt werden. «Solche Überlegungen sind entscheidend», sagt Tilmann Laube und fügt an, «insbesondere wenn der Platz Mangelware und somit sehr teuer ist.»

Zudem lassen sich in den Systemen Aussenlagerplätze definieren, die dann im Inventar und bei der Zuschnittoptimierung berücksichtigt werden. Wird eine Platte von einem externen Platz benötigt, erhält der Maschinist eine Meldung und er kann sie über den Einlagerungsplatz oder direkt über den Maschinentisch zuführen.

Die Bestände wirklich im Griff

Um den Arbeitsprozess zu optimieren, sind die Lagersysteme ausserdem in der Lage, die Platten entsprechend umzuschichten und vorzusortieren. Dazu müssen die Zuschnittlisten rechtzeitig – zum Beispiel am Vorabend – in das System eingegeben werden. Am einfachsten erfolgt dies mittels Excel-Listen, die im Branchenprogramm generiert und importiert werden. Die Software übernimmt dann die Zuschnittoptimierung und das Lager kann über Nacht die Vorsortierung vornehmen. Es gibt aber auch Betriebe, die wünschen eine direkte Anbindung an die Branchen-Software, damit die Bestände zentral kontrolliert und Bestellungen getätigt werden können. «Diese Anbindungen lassen sich im Vergleich zu anderen Bereichen mit verhältnismässig wenig Aufwand realisieren», sagt Tilmann Laube.

Resten sinnvoll nutzen

Ebenfalls nicht dem Zufall überlassen sind die Resten, die zu klein sind, um wieder zurück ins Flächenlager zu kommen: Sie erhalten eine Etikette mit Barcode und werden von Hand in nummerierten Fächern verstaut. Je nach System gibt es dem Maschinisten vor, in welches Fach das Teil gehört. Dabei berücksichtigt es wiederum Grösse sowie Materialeigenschaften und das System achtet darauf, dass sich in jedem Fach nur eine bestimmte Anzahl Resten befinden. Es gibt aber auch Systeme, in denen der Maschinist das Fach selber bestimmt, indem er zuerst die Resten und anschliessend das Fach scannt, in welches er das Teil stellt. In jedem Fall erleichtert es dem Maschinisten, ein benötigtes Teil schnell wieder zu finden.

Zu kleine Resten werden vom System automatisch als Abfall deklariert und können direkt entsorgt werden. Hier kann der Betrieb ebenfalls individuell die Mindestgrösse für jedes Material definieren. Bei günstigen und oft benötigten Platten kann also zum Beispiel das Mindestmass etwas grosszügiger gewählt werden als bei seltenen und teuren Materialien.

Das manuelle Lager erfordert allerdings grosse Disziplin von allen Mitarbeitern. Wird einfach ein Rest aus dem Regal genommen, ohne diesen mit dem Lesegerät «abzuschiessen» und somit aus dem System zu buchen, entsteht beim Zuschnitt ein Problem. Aber auch für diesen Umstand gibt es eine einfache Lösung: Der Maschinist kann ab und zu einige Abschnitte direkt ausbuchen und in ein separates Fach stellen, aus dem man sich ohne Weiteres bedienen kann.

Schnellschuss ohne Durcheinander

Eine weitere Knacknuss können die sogenannten Schnellschüsse darstellen, also wenn ein Teil aus einem früheren Auftrag nachgerüstet werden muss. Im Idealfall befindet sich dafür noch ein passendes Stück im Restenlager oder eine ganze Platte ganz oben im Stapel. Dann kann der Maschinist seinen laufenden Zuschnittplan jederzeit unterbrechen und das benötigte Teil zuschneiden.

Im schlechtesten Fall befindet sich die benötigte Platte ganz unten im Stapel, es muss also umgeschichtet werden. Richtig abgestimmt und je nach Software geschieht dies noch währenddem der Maschinist eine andere Platte am Zuschneiden ist, um die Wartezeit möglichst kurz zu halten. «Beim Umschichten achtet die Anlage aber darauf, dass zum Beispiel die Sortierung vom Vorabend erhalten bleibt. Sie verbaut sich also nichts», erklärt Patrik Meyer.

Wo ist der Haken?

Klar ist, diese Effizienzsteigerung hat ihren Preis. Je nach Angebot und Zusatzausstattungen – zum Beispiel das Vermessen und Wiegen der Platte gehört nicht bei allen Herstellern zur Grundausstattung – muss man mit etwa 100 000 bis 150 000 Franken für das Lager rechnen. Ob die Einrichtung etwas grösser oder kleiner ausfällt, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Ein paar Meter zusätzliche Laufschienen sind verhältnismässig günstig. Die teure Technik steckt in den Antrieben, in der Saugertraverse und der Steuerung.

Wer noch keine horizontale Säge besitzt, muss hier auch noch einen entsprechenden Betrag einrechnen. Sägen neueren Datums können aber auch mit einem Flächenlager nachgerüstet werden. Hinzu kommen allfällige baulichen Massnahmen am Gebäude sowie Anpassungen am Layout und in den betrieblichen Abläufen.

Dafür kann das Unternehmen mit einer langen Lebensdauer des Lagers rechnen – die Hersteller gehen davon aus, dass es die Säge ohne Weiteres überdauert.

www.tilmannlaube.com

Neues Lager im neuen Anbau

Zehn Jahre lang schnitt man bei der KLS Müller AG in Wallisellen ZH auf einer horizontalen Plattensäge zu. Zwei Jahre lang erfasste das Unternehmen die Zeit, welche für das Plattenhandling aufgewendet wurde: «Wir sind auf rund 2000 Stunden pro Jahr gekommen.»

«Da war klar, hier muss etwas passieren», erzählt der Geschäftsführer Jürg Müller. Man begann, verschiedene Varianten für eine Optimierung durchzuspielen, aber es war schnell klar – eine zufriedenstellende Lösung ist nur mit einem Anbau und automatisiertem Flächenlager möglich.

Für die teuerste Lösung entschieden

Es folgte eine Evaluation der Säge-Lager-Kombination, wo verschiedenste Parameter verglichen wurden. Gemäss Jürg Müller fielen alle Layoutvorschläge der verschiedenen Anbieter in etwa ähnlich aus. Ebenfalls nur kleine Unterschiede habe es bei der Software gegeben. «Die grossen Unterschiede fanden wir beim Preis und dem Platzbedarf», erzählt Müller und ergänzt, «die Vorschubgeschwindigkeit spielte bei unserer Lagergrösse kaum eine Rolle.» Entschieden hat man sich letztendlich für das Lager «PL 250» und die Säge «PS 80 Premium» von Mayer, in der Schweiz vertreten durch die Ineichen AG. Dabei handelte es sich zwar um die teuerste Lösung, aber offenbar benötigt dieses Lager in dieser Raumsituation weniger Platz bei derselben Plattenmenge, als jene der Konkurrenz.

Zuverlässig gegriffen

Zudem hinterliess der Vakuumsauger von Mayer bei der Live-Vorführung im Referenzbetrieb den besten Eindruck auf die Schreinerei. «Er nahm die von uns definierten Platten am effizientesten und zuverlässigsten auf», begründet Müller. Das neue Lager erstreckt sich inklusive Einlagerungsplatz und Zuführtisch über rund 21,5 × 6,3 m. Da-rin finden zwölf Stapel für 2800 mm lange sowie ein Stapel für 4100 mm lange Platten Platz. Jeweils eine Fläche ist für 19-mm-Weissware und für Resten reserviert. Die ganze Anlage ist nun seit einigen Monaten in Betrieb und bei der KLS Müller AG rechnet man mit einer Zeitersparnis von mindestens 40 %. Das erstmalige Erfassen und Einlagern sämtlicher Platten erwies sich zwar als zeitaufwendig. «Dafür kann jetzt eine Person schwere Platten problemlos alleine zuschneiden. Und das mühsame Abladen und Versorgen der Platten entfällt komplett. Das macht ja eigentlich sowieso niemand gerne», bilanziert Jürg Müller.

www.klsm.chwww.ineichen.ch

Neues Lager im bestehenden Gebäude

Seit zwei Jahren produziert die Pianorm AG im zürcherischen Illnau mit einer automatischen Säge-Lager-Kombination von Homag. Zuvor wurde zwar auch schon mit einer liegenden Säge zugeschnitten, die Beschickung erfolgte aus einem vertikalen Plattenlager mittels Kran.

Dennoch waren fast immer zwei Personen nötig, um auch schwere oder empfindliche Materialien zu verarbeiten. «Und die Lernenden waren jeweils einen ganzen Tag damit beschäftigt, die neu gelieferten Platten zu verstauen, denn wir kaufen das Mate- rial wenn immer möglich in Grossmengen ein», fügt der Geschäftsführer Markus Jakob an.

Durchführbarkeit unklar

Bei der Wahl der neuen Anlage war für das Unternehmen der Maschinenlieferant eigentlich schon gesetzt. «Wir setzen schon lange auf Maschinen von Homag und wollten auch in diesem Bereich alles aus einer Hand», erklärt Jakob. Nicht klar war allerdings die Durchführbarkeit des ganzen Unterfangens: In der Zuschneiderei beträgt die Raumhöhe gerade mal 2,62 m, im Bereich der Säulen sogar nur 2,22 m.

Aufgrund seiner niedrigeren Bauhöhe entschied man sich deshalb für das teurere «TLF 440»-Lager in Verbindung mit einer «HPP 380 profiLine»-Säge. Dennoch musste bei den Säulen Beton weggespitzt und ein massiver Stahlträger eingezogen werden. Das alles führte natürlich zu massiven Mehrkosten. «Wir waren aber in allen anderen Bereichen bereits top ausgestattet. Nur beim Zuschnitt war noch ein grosser Sprung möglich, also zogen wir es durch», sagt Markus Jakob.

Kaum mehr Platz benötigt

Das Lager umfasst insgesamt zehn Stapel, wovon vier auch für 4100 mm lange Platten verwendet werden können. Zwei Plätze sind für Resten reserviert. Mit einer Grundfläche von rund 17,3 × 7,7 m inklusive Einlagerungsplatz beansprucht es gemäss Markus Jakob nur unwesentlich mehr Platz als das alte, vertikale Lager. «Dafür kann heute ein Maschinist in einem halben Tag dieselbe Menge zuschneiden, für die zwei Personen früher einen ganzen Tag brauchten.» Und der Betrieb hat nicht nur seinen Lagerbestand inklusive manuellem Restenlager ständig unter Kontrolle – beschädigte oder uralte Platten gehören ebenfalls der Vergangenheit an.

www.pianorm.chwww.homag-schweiz.ch

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Veröffentlichung: 19. Februar 2015 / Ausgabe 8/2015

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