Schürze und Jackett

Vorvergraute Fassade aus Douglasie. Gut erkennbar sind die Brandschutzschotten zwischen den Etagen. Bild: Erne AG Holzbau

Fassaden.  Holz hält ewig, wenn es gut umlüftet ist und nach jedem Regenguss wieder ganz austrocknen kann. Fassaden aus Holz sind also vor allem konstruktiv eine Herausforderung. Sind sie richtig gemacht, kann meistens auf eine chemische Behandlung verzichtet werden.

Holzfassaden halten vieles aus, aber Feuchtigkeit macht ihnen auf die Dauer zu schaffen. Doch es ist keine Hexerei, eine Fassade zu konstruieren, die beständig ist und dabei auch lange Zeit schön aussieht. «Wenn man die wichtigsten Regeln beachtet, hält Holz ewig», sagt Hansueli Schmid, Techniker bei Lignum, der Dachorganisation der Schweizer Holzbranche. Das Zauberwort heisst Hinterlüftung, ein genügend grosser Abstand zwischen der Aussenwand des Gebäudes und der davor montierten Fassadenschalung. Die Hinterlüftung ist heute umso wichtiger, zumal in der modernen Architektur kaum mehr Dachvorsprünge realisiert werden, welche die Fassade vor Verwitterung schützen. Dass diese nass wird, ist nicht das Problem. Wichtig ist, dass sie nach Niederschlägen wieder möglichst rasch und effektiv austrocknet. Dafür sorgt die natürliche Luftzirkulation.

Gestaltung bestimmt den Querschnitt

Die Tiefe des Hinterlüftungsraums ist in der SIA-Norm 232/2 geregelt und muss durchgehend mindestens 20 mm betragen, bei Systemen mit offenen Fugen mindestens 40 mm. Darüber hinaus hängt die Tiefe von Wetterexposition und Art der Fassade ab. Denn wählt man zum Beispiel eine vertikale Schalung (Bretter von unten nach oben), braucht es für die Befestigung eine Kreuzlattung. Für eine horizontale Verkleidung reicht eine vertikale Lattung aus, um Raum für einen Luftstrom zu schaffen. Die Hinterlüftung ist übrigens nicht nur ein Mittel gegen die Feuchtigkeit, sie schützt im Sommer auch gegen die Hitze.

Keine Angst vor wilden Tieren

Oben und unten muss je ein Spalt für Zu- und Abluft offen bleiben. Dieser solle eine Stärke haben von 1 cm pro Meter Fassadenhöhe. Weil der Spalt rasch mehrere Zentimeter breit ist, sollte er mit einem starken Insektengitter versehen werden.

Laut Hansueli Schmid ist dies vor allem eine Massnahme gegen tierische Störenfriede, nicht gegen Holzschädlinge. «Ich habe schon hinterlüftete Verkleidungen gesehen, hinter denen Spatzen brüteten. Das führte zu ärgerlichen Verschmutzungen. Die Vögel hatten das dünne Netz einfach aufgepickt.» Auch Wespen können sich hinter Fassaden ohne Insektengitter einnisten. Sie nagen gerne an Holzoberflächen, um Zellulose-Fasern für den Nestbau zu sammeln. «Doch das sind geringe Mengen.» Die Beschädigungen, welche die Tiere hinterlassen, seien vernachlässigbar. «Wespen können einer Holzfassade fast nichts anhaben», sagt Schmid. Erst einmal sei er mit gut sichtbaren Schäden durch Wespen konfrontiert gewesen. Die Fassade war mit einer Bio-Lasur versehen worden. Diese machte den Wespen nichts aus, sodass sie Holzfasern mitsamt Farbe wegknabberten.

Mit Schotten gegen den Kamineffekt

«Die Wirkung von Insekten auf eine Holzkonstruktion wird oft dramatisiert», heisst es in einer Lignum-Wegleitung. Geringer Insektenbefall stelle keine Gefahr für ein Gebäude dar, könne aber auf Konstruktionsmängel hinweisen. Man sollte nicht vorsorglich zur Chemie greifen, sondern zuerst die konstruktive Ursache beheben.

Im Zusammenhang mit Hinterlüftung ist immer auch der Brandschutz ein Thema. Ab einer Fassadenhöhe von vier Geschossen müssen zwischen den Geschossen Brandabschottungen eingebaut werden, die im Brandfall den Flammen den Luftzug nehmen und so das Ausbreiten des Feuers über mehrere Geschosse hinweg verhindern.

Eine weitere wichtige Regel: Der Querschnitt der direkt bewitterten Fassadenschalung darf nicht zu gross sein. Sind die Latten oder Bretter zu dick, können sie die Feuchtigkeit, der sie ausgesetzt sind, nicht optimal abgeben. Hansueli Schmid empfiehlt eine Stärke von 19 bis höchstens 27 mm. Darüber behalten die Teile zu lange eine Feuchtigkeit von über 20 Prozent, wodurch sich im Inneren schädliche Braunfäulepilze entwickeln können.

Das Wasser muss schnell abfliessen

Fehler kann man auch im Bereich der Stossfugen machen – ähnlich wie bei Terrassenböden aus Holz. Wo auf der Stirnseite Brett auf Brett trifft, muss ein Abstand von mindestens 10 mm eingehalten werden. Wird dieser unterschritten, lagert sich Feuchtigkeit ab, die mittel- bis langfristig ebenfalls Schäden verursachen kann.

Ohnehin gilt bei der Verkleidung von Fassaden: Auf allen Bauteilen, die horizontal montiert werden, kann Wasser liegen bleiben, was die Dauerhaftigkeit beeinträchtigt. An einer vertikalen Verkleidung fliesst das Wasser am besten ab. Alle horizontalen Elemente wie Fenstersimse sollten mit einem Neigungswinkel von mindestens 15 Grad montiert werden. Bei horizontalen Verkleidungen müssen die Längskanten von Latten und Brettern schräg nach aussen profiliert werden, damit das Wasser oben abfliessen und unten abtropfen kann. Die «Tropf- nase» verhindert, dass Wasser in die Fugen der Konstruktion hineinzieht.

Graue Farbe, um das Alter zu kaschieren

Die Wahl des Holzes ist derweil nicht die alles entscheidende Frage. «Wenn die Konstruktion gut gemacht wird, kommt es gar nicht so stark auf die Holzart an», sagt Schmid. Dennoch empfiehlt Lignum besonders witterungsbeständige Nadelhölzer wie Douglasie oder Lärche, auch mit Fichte habe man gute Erfahrungen gemacht.

Dauerhafter, aber heikler seien dagegen Laubhölzer wie Edelkastanie, Eiche oder Robinie. Durch die Bewitterung entstehen Auswaschungen, die auf anderen Bauteilen wie etwa Betonsockeln dunkle, unschöne Streifen hinterlassen können.

Werden die Regeln des konstruktiven Holzschutzes befolgt, muss das Fassadenholz nicht unbedingt vorbeugend behandelt werden. Ausser natürlich, man wünscht aus ästhetischen Gründen einen farbgebenden Anstrich. Dabei kann man auch die Farbe der natürlichen Verwitterung wählen. Das wird heute oft gemacht, damit weniger exponierte Fassadenbereiche, zum Beispiel unter Dachvorsprüngen und Fensterbänken, nicht hell bleiben, während der Rest der Fassade mit der Zeit das holztypische Silbergrau annimmt. Die natürliche Alterung wird vorweggenommen, damit die Fassade keine Flecken bekommt.

Diese Vorvergrauung wird mittels spezieller Lasuren erzielt, die wie Dünnschichtlasuren, Schlämmfarben auf Ölbasis oder Druckimprägnierungen nicht filmbildend sind. Selbstverständlich können Holzfassaden auch mit filmbildenden Anstrichen (Dickschichtlasur oder deckende Farben) behandelt werden. Wichtig zu wissen ist, dass eine Fassade mit deckendem Anstrich nur bei entsprechendem Unterhalt eine längere Lebensdauer verspricht. Die halbtransparenten Lasuren schützen das Holz ungenügend vor UV-Strahlung und sind intensiv im Unterhalt. Sie werden daher für grössere und exponierte Fassaden nicht empfohlen. Gemäss Lignum erfordern Fassaden aus unbehandeltem Holz dagegen «lediglich einen geringen Unterhalt».

Fassadenfolie als Gestaltungselement

Laut Thomas Wiessmer von der Erne AG Holzbau sind derzeit auch offene Fassadenschalungen im Trend. Dabei bildet die Verkleidung eine teiltransparente Aussenschicht, sodass die tragende Wand dahinter durchschimmert. Oft wird dann eine farbige Fassadenfolie verwendet, wodurch ein spezieller Effekt erzielt wird. Fassadenfolien sind ähnlich wie Gore-Tex-Bekleidungen gegen aussen dampfdiffusionsoffen, in die umgekehrte Richtung jedoch wasserdicht. Sie kommen heute praktisch immer bei Holzfassaden zum Einsatz, und zwar auf der Aussenseite der Wärmedämmschicht, also direkt hinter dem Zwischenraum für die Hinterlüftung. Die Fassadenfolie ist quasi der Regenschutz hinter der wasserdurchlässigen Holzfassade.

Exponierte Teile aus Aluminium

Die Erne AG Holzbau beschäftigt auch Schreiner und bietet praktisch alle Arbeitsschritte bei Holzbau-Grossprojekten an, von der Planung bis zum Innenausbau. Die Holzbau-Elemente, die das Unternehmen produziert, weisen einen sehr hohen Vorfertigungsgrad auf. Bei gewissen Projekten sind bereits Fassadenteile oder Teile des Innenausbaus in die Elemente integriert.

Horizontale Bauteile wie Fensterbänke führt Erne in den meisten Fällen aus Aluminium aus. Und Thomas Wiessmer rät, eine Holzfassade nie zu nahe an den Boden heranzuziehen, sondern immer einen Sockel aus nicht verrottbaren Materialien zu bauen. Meistens besteht dieser aus Beton.

Auch der Erne-Fachmann hat bislang keine negativen Erfahrungen mit Insekten, Pilzen oder Moosen gemacht. «Probleme damit entstehen nur dort, wo sich längere Zeit Feuchtigkeit niederschlägt. Und das ist nur möglich, wenn in der konstruktiven Planung ein Fehler passiert ist.»

www.lignum.chwww.erne.net

mf

Veröffentlichung: 25. Mai 2017 / Ausgabe 21/2017

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