Segeln wie ein Pirat


Stefan Züst (41) baut nicht nur selber Boote, sondern ist auch selber ein leidenschaftlicher Segler. Bild: PD
Stefan Züst (41) baut nicht nur selber Boote, sondern ist auch selber ein leidenschaftlicher Segler. Bild: PD
Leute. Ein frisches, kräftiges Mint blitzt auf und erinnert an das Mittelmeer vor Sardinien. Es ist mehr als eine Farbe, es ist das Markenzeichen der Werft von Stefan Züst in Altnau TG.
«Wer sich nicht wehrt, bekommt den ins Wasser eintauchende Teil seines Bootes in dieser Farbe gestrichen», scherzt Züst und zeigt auf sein eigenes Boot. Als erfolgreicher Segler weiss er: «Was schön aussieht, segelt auch gut.» Soeben ist er zurückgekehrt aus Schottland, wo er seine Sommerauszeit mit der Familie verbracht hat – natürlich auf dem Wasser, natürlich auf dem Segelboot. Und von wegen Sardinien: «Dort werde ich vielleicht nach der Pensionierung segeln», sagt der 41-Jährige mit dem Pferdeschwanz mit einem breiten Grinsen. Wenn er nicht gerade durch den Nordatlantik navigiert, betreibt er seine Bootswerft am Bodensee. Zusammen mit einem Team von sechs Mitarbeitenden restauriert er mit Hingabe Segelyachten, Motor- und Ruderboote, gerne Oldtimer und Klassiker, und zwar stets nach der Devise: So original wie möglich, damit «die Seele» erhalten bleibt. Dafür setzt er bei Bedarf auf neue Technologien wie Laser oder 3D-Drucker. Er restauriert nicht nur, er plant und baut Holzboote von Grund auf neu. Das Holz stammt aus dem eigenen Wald, den einst sein Grossvater, ein Zimmermann, umsichtig genutzt hat. Nun lässt Züst dort Bäume fällen, und zwar ausschliesslich im Winter, wenn der Mond «richtig ist»: «Ich komme nicht aus der ‹Gschpürschmi-Ecke», hält er fest, «aber ich sehe den Unterschied mit eigenen Augen.»
Das Holzlager seiner Werft ist imposant, die Vielfalt reicht von Eiche, Lärche, Douglasie, Fichte, Esche, Kirschbaum bis hin zu Magnolie, die aus der Region stammt. – Wie fast alles, was hier verwendet wird: «Weshalb soll ich ein bestimmtes Teil in Singapur bestellen, wenn es eine Firma in Romanshorn selber herstellt und ein Mitarbeiter vor Ort testen kann, ob es auch wirklich passt?» Der Thurgauer ist selber ein «Seebueb», aufgewachsen in Güttingen, wenige Kilometer von seinem Bootsbauhandwerk entfernt. Als er die Lehre als Bootsbauer begann, hatte er bereits zwei Boote gebaut. Dass er sich kurz nach der Lehre selbstständig machte, habe sich einfach ergeben. «Mich interessiert der kreative Prozess. Müsste ich in einer Firma Serienteile herstellen, käme das nicht gut. Hier kann ich mich ausleben – bei uns entstehen lauter Unikate.» Das passt zu einem, der sich selber als «Eigenbrötler» bezeichnet. Einen Businessplan sucht man bei ihm bis heute vergeblich. «Ich legte einfach los und schaute, was passiert.» Passiert ist seither viel. Leute aus der ganzen Schweiz, manche gar aus dem Ausland, bringen ihre Boote in seine Werft. «Was wir hier machen, ist Handwerk auf hohem Niveau – das findet man nicht überall», lautet seine Erklärung, und sie klingt kein bisschen überheblich.
In seinem Büro stapeln sich Segelmagazine, Fachliteratur über den Bootsbau in aller Welt und zahlreiche Auszeichnungen als Segler. Wenn er heute etwas vermisst, dann dies: die Restauration eines grossen Bootes vom ersten Augenschein bis zur Übergabe an den Kunden selber vorzunehmen. Doch sein Zeitbudget ist dafür zu schmal, zu viele andere Aufgaben drängeln sich in die Agenda: «Ich komme mir manchmal vor wie ein Zirkusdirektor», sagt er und verrät sein liebstes Kontrastprogramm: Segeln, ganz allein, am liebsten in der rauen See vor Schottland, «denn da hat es Wetter». Für einen wie ihn, von dem manche sagen, er segle wie ein Pirat und sehe auch so aus, wäre Sardinien heute noch viel zu gemütlich.
«Mich interessiert der kreative Prozess. Müsste ich in einem Unternehmen Serienteile herstellen, käme das nicht gut.»
Veröffentlichung: 05. September 2022 / Ausgabe 35/2022
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