Sendung mit der Maus

Die Maschinen von Online-Händlern stehen oft in den Produktionsbetrieben. Nur ein kleiner Teil wird etwa bei Surplex an Lager genommen. Bild: Michael Claushallmann (Surplex)

Online-Maschinenhandel.  Internetportale für Verkauf und Versteigerung von Occasionsmaschinen haben Hochkonjunktur. Diese agieren global und profitieren von Umwälzungen in den Branchen. Der Hype macht auch vor den Toren der Schweizer Schreinereien nicht halt.

Man ist sich inzwischen gewohnt, nahezu jedes Produkt über das Internet zu ordern. So verwundert es nicht, dass auch der Onlinehandel mit Maschinen in voller Blüte steht. Und damit der Einkauf auch bei Investitionsgütern etwas prickelt, erfreuen sich Internet-Auktionen offensichtlich grosser Beliebtheit. Aus dem privaten Bereich ist die Lust am Ersteigern, vielleicht ein Schnäppchen bei Ricardo oder ebay machen zu können, weitläufig bekannt. Aber bei Investitionsgütern wie Maschinen und Anlagen für Handwerk und Industrie?

Verlinkte Plattformen

Man staunt nicht schlecht, wie viele Portale und sogar Meta-Portale sich inzwischen im Netz tummeln. Letztere übernehmen die Funktion einer spezialisierten Suchmaschine, indem sie gar nicht selbst Akteur sind, sondern nur die Angebote der Auktions-Plattformen verlinken und damit bündeln und einen riesigen Markt generieren. Nach diesem Prinzip arbeiten etwa die Portale trademachines.com oder maschinensucher.ch. Entsprechend erhöht sich die Reichweite für die Beteiligten, die Anzahl der Angebote und damit die Bedeutung des Internetportals weltweit. Schaut man sich das realisierte Handelsvolumen, die Klickzahlen oder die Anzahl an Maschinenangeboten an, wird die Bedeutung der Internetdienstleister klar. Allein die Meta-Suchmaschine Trademachines verweist auf knapp eine Million gelisteter Angebote und bislang über 13 Milliarden Euro Umsatz.

Sagenhafte Zahlen

«Die zunehmende Beteiligung an Online-Auktionen einerseits und die wachsenden Umsätze andererseits führen dazu, dass immer mehr und immer grössere Artikel angeboten werden», erklärt das Unternehmen Trade Machines GmbH aus Berlin. Und: «Dies führt wiederum dazu, dass Auktionen nicht nur bei dringenden Verkäufen wie etwa Insolvenzen gewählt werden, sondern zu einem regulären Verkaufsformat geworden sind. So konnten sich über 50 Industrie-Auktionshäuser allein im deutschsprachigen Raum und mehrere tausend Auktionatoren weltweit etablieren. Eine unüberschaubare Menge an Anbietern mit einer noch schwerer zu erfassenden Masse an Angeboten für den Käufer.»

In nächster Zeit dürfte die Bedeutung des Handels mit Occasionsmaschinen noch zunehmen, denn international ist nicht nur die Holzbranche durch Insolvenzen, Schliessun-gen, Umstrukturierungen, Unternehmensverkäufe und Zusammenschlüsse in Bewegung.

Gute Maschinen kommen aus der Schweiz

Das ist die Zeit der Internet-Dienstleister, die damit beauftragt werden, ganze Produktionsbetriebe scheibchenweise unter den Hammer zu bringen. Die Verkaufsmodelle sind dabei im Detail verschiedenen. Neben den Auktionen treten manche Maschinenportale auch als Käufer oder je nachdem als Kommissionär auf. So etwa die auf Metall- und Holzbearbeitungsmaschinen spezialisierte Surplex GmbH mit Sitz in Düsseldorf. Das Unternehmen mit mittlerweile 120 Mitarbeitern hat im letzten Jahr auch eine Zweigstelle in der Schweiz eröffnet.

«Der Schweizer Markt ist äusserst interessant für unser Unternehmen», erklärt Christian Thomsen, zuständig für den Bereich Marketing Holz bei Surplex. «Die Schweiz verfügt über hervorragende Produktionsunternehmen mit modernen, qualitativ hochwertigen Maschinen und Anlagen in meist top ausgestattetem und gepflegtem Zustand. Fast alle Maschinen werden im Einschichtbetrieb genutzt, somit ist der Schweizer Markt für uns von zentraler Bedeutung, da wir auf der Käuferseite wie auf der Abgeberseite wichtige Beziehungen entwickelt haben.» Der Experte sieht im Gegenzug aber auch besondere Herausforderungen wie etwa Zollbarrieren bei Verkäufen und Käufen. Dadurch ergebe sich ein deutlich höherer Arbeitsaufwand in Bezug auf die Lieferung und die Bereitstellung der Maschinen.

Auch professionelle Händler

Stöbert man in den Portalen, finden sich als Anbieter auf den Meta-Suchmaschinen auch namhafte Maschinenhersteller und Handelsbetriebe, die auf diesem Wege gegen relativ geringe Gebühren ihre Gebrauchten an den Schreiner bringen möchten. Vor allem finden sich aber reine Occasionsmaschinenhändler, die über solche Seiten ihre Geschäfte tätigen und durch die Internationalisierung ihr Volumen deutlich steigern. Was manche Maschinenhändler so zu ihrem Geschäftserfolg nutzen, wird von anderen ablehnend betrachtet. «Wir suchen nicht das schnelle Geschäft, da wir unsere Arbeit seriös und mit dem Ziel einer bestmöglichen Kundenzufriedenheit machen wollen. Den Online-Handel sehen wir hierzu nicht als die richtige Plattform», erklärt Silvan Steinmann, Geschäftsführer der Arthur Bründler AG im luzernischen Ebikon. Diese Ziele liessen sich nur durch das persön- liche Gespräch und eine sorgfältige Planung erreichen. Und das brauche eben auch etwas Zeit.

Das Internet verdient immer

Natürlich setzen auch klassische Hersteller- und Handelsunternehmen auf das Internet. War früher auf deren Webseiten lediglich ein Hinweis zum Lagerbestand an Occasionsmaschinen zu finden, stehen die Maschinen und Werkzeuge heute mit Fotos dokumentiert und beschrieben zur Vorabsichtung online bereit. Es geht den Maschinenexperten dabei aber vor allem um Angebotsinformation und nicht um den Kauf mittels eines Klicks mit der Maustaste. Gekauft wird vor Ort per Handschlag, damit am Ende beide Seiten zufrieden sind.

Anders ist es natürlich beim Online-Kauf. Egal ob es sich um einen Verkauf mit Festpreis, einen Freihandverkauf oder eine Meistbieterauktion handelt: Das Internetportal verdient immer, und das ohne Risiko. Die Leistung eines Online-Anbieters besteht nämlich darin, dass dieser eine Plattform für Verkäufer und Käufer bereitstellt. Das ist das Geschäftsmodell, egal ob es um Kreissägen oder Bettwäsche geht. Kommt das Geschäft zustande, zahlen Käufer und Verkäufer in unterschiedlichen Modellen und Teilen diese Dienstleistung. Je höher der Preis, desto besser für den Seitenbetreiber. Denn die «Provision» ist anteilig fällig. Ein Portal arbeitet als «Doppelmakler» und wird so nicht Vertragspartner bei einem Geschäftsabschluss. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Verantwortung. Wer das manchmal schwer zu findende Kleingedruckte der Internetanbieter liest, stellt schnell fest: Der Käufer trägt alleine das volle Risiko.

Der Kick mit dem Klick

In vielen Artikeln und Informationen zum Thema «Investitionsgüter online kaufen und ersteigern» wird stets darauf hinge-wiesen, dass der Käufer durch diese Form günstig einkaufen könne. Dadurch werde weniger Kapital gebunden und der Unternehmer habe so mehr Luft für andere Aktivitäten. Dabei wird der «Schnäppchen-Effekt» automatisch mit eingeschlossen. Einen wirklichen Nachweis darüber, dass online gekaufte Investitionsgüter am Ende wirklich günstiger zu haben sind als solche beim Anbieter vor Ort, ist jedoch noch nie erfolgt.

Unbestritten gibt es Auktionen im Netz, bei denen man – warum auch immer – ein Schnäppchen machen kann. Das wird dann auch gerne kommuniziert. Da es beim Ersteigern auch um eine spielerische Komponente für die Bietenden geht, ist der entgegengesetzte Fall vielleicht noch häufiger zu beobachten. Im Falle vom weltweit bekanntesten Online-Auktionshaus ebay haben Untersuchungen inzwischen gezeigt, dass die realisierten Preise oft über denen eines Neukaufes oder vergleichbarer Angebote im Freihandverkauf liegen.

Am Computer im Jagdfieber

Internet-Marketingexperten bedienen sich gerne der Psychologie: So wird empfohlen, den Startpreis für eine Ware sehr niedrig anzusetzen. Die Folge: Viele beobachten den Verlauf der Auktion und erleben dadurch, «dass so viele sich ja wohl kaum irren können». Es wird ein regelrechtes Jagdfieber bei den Bietern erzeugt. Die Effekte pushen sich gegenseitig und selbst wenn man sich eine Höchstgrenze beim Bieten gesetzt hat, raten Experten dazu, diese zu reissen. Denn kaum etwas ist schlimmer, als den Zuschlag nicht zu erhalten, wenn der Höchstbietende den Zuschlag mit nur wenigen Franken über dem eigenen Höchstgebot erhält.

Die Katze im Sack

Aus der Perspektive des Praktikers und Fachmanns haben manche Portale schon Mühe, die jeweilige Maschine der richtigen Kategorie zuzuordnen. Metallbearbeitungsmaschinen stehen dann bei Holzbearbeitungsmaschinen und darunter wird glaubhaft versichert, der Zustand und die Qualität des angebotenen Artikels seien top. Nicht nur in diesem Beispiel stellt sich grundsätzlich die Frage, ob ein Bauer bei einem Gemüsehändler einen Rasenmäher kaufen sollte. Gleichwohl bietet so mancher Internetanbieter eine fachliche Expertise zu einer Maschine gegen Gebühr an und rät dazu, die Anlage vor Ort in Augenschein zu nehmen. Und das aus gutem Grund: Wer das Kleingedruckte auf den Portalen findet und liest, der stellt fest, dass viele Grundsätze eines «ehrbaren Kaufmannes» im Internet ihre Gültigkeit verloren zu haben scheinen. So sind die gemachten Angaben, etwa zum Alter, zu Qualität oder zu technischen Details stets unverbindlich. Sie dienen nur der Information und werden von niemandem garantiert.

Auch wenn eine Maschine deutliche Mängel hat, die aber für den Käufer aufgrund der im Internet gezeigten Bilder nicht sichtbar waren, ist dies noch lange kein Grund für eine Nachverhandlung. Es gilt: «Der Käufer erklärt sich als fachkundig, wenn er mitbietet», da davon ausgegangen wird, dass der Käufer das Produkt vorher in Augenschein genommen hat. Was war jetzt nochmal das Wesen des Internethandels? Selbst von der Verbindlichkeit der veröffentlichten Fotos distanziert man sich im Kleingedruckten. Für den Interessenten einer Maschine bedeutet das nichts anderes, als dass er sich sein eigenes Bild machen muss. Meist ist es aber so, dass etwa ein Probelauf vor Ort nicht mehr möglich ist, der Augenschein muss dann genügen. Geht man davon aus, dass man wegen einer Kantenanleimmaschine in den Norden Portugals reist, um eine Anlage zu sehen, und die nächste vielleicht in Polen findet, dann wird das ganze System mit dem schnellen Klick zum Schnäppchen fragwürdig.

Geprüft ist nicht gleich geprüft

Es bleibt nur, das Risiko eines Fehlkaufes in Kauf zu nehmen. Selbst der Hinweis «Geprüft» zu einer Maschine ist nicht näher bestimmt und darf nicht mit dem Schweizer Standard verwechselt werden.

«Eine revidierte Maschine aus dem EU-Raum entspricht nicht derselben hohen Qualität wie eine in der Schweiz revidierte Maschine. Das hiesige Qualitätslevel ist einfach höher als in den europäischen Ländern», sagt Stefan Graf, verantwortlich für Verkauf und Produktmanagement bei der Ineichen AG im luzernischen Ermensee.

Hinter vorgehaltener Hand hört man von Schreinerkollegen durchaus beispielhafte Geschichten. Dass beispielsweise Maschinen einfach mit abgezwickten Kabeln geliefert wurden, weil die Leitungen offensichtlich beim Verpacken gestört haben, ist dabei das Geringste. Eine Kehlmaschine mit fehlenden Tischeinlageringen, was auf den Bildern im Internet nicht zu erkennen war, ist dann schon deutlich ärgerlicher. Auch Elektromotoren, welche die hiesige Netzspannung nicht vertragen, da sie in einem ganz anderen Teil der Welt im Einsatz waren, können für sehr teure Überraschungen sorgen.

www.trademachines.comwww.maschinensucher.chwww.surplex.comwww.dechow.de

ch

Veröffentlichung: 09. Februar 2017 / Ausgabe 6/2017

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