Tür zu und Ruhe

Schallschutzprüfung eines Rohlings im Labor. Die Mindestanforderungen bleiben auch künftig gleich. Bild: RWD Schlatter AG

Schallschutz.  Die neue SIA-Norm 181 zum Schallschutz im Hochbau gilt. Das hat Auswirkungen auf die Türen. Die Verfasser der Norm wollten diese klarer, einfacher und verständlicher gestalten und dabei den wachsenden Anforderungen an das Ruhebedürfnis Rechnung tragen.

Die neue SIA-Norm 181 über den Schallschutz im Hochbau ist in Kraft. Sie gilt für alle Bauvorhaben, deren Baugesuche nach dem 1. November 2020 eingereicht wurden. Die Norm betrifft Schreinerarbeiten vor allem hinsichtlich der Türen, aber auch bei Verglasungen und Trennwänden, Treppen und Böden.

«Zwischen dem Schlussentwurf und der nun vorliegenden Endfassung gab es keine gravierenden Änderungen. Es gingen einige Kommentare ein, die aufgenommen wurden», sagt Giuseppe Martino, Leiter Fachbereich Normen beim Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) in Zürich, wo die Norm auch zu beziehen ist. Die Branche scheint weitgehend einig zu sein. Denn: «Dem Schallschutz wurde in den letzten Jahren eine wachsende Bedeutung zuteil. Dies zeigt sich sowohl an den gestiegenen Bedürfnissen der Bewohner und Benutzer von Hochbauten als auch an der zunehmenden Anzahl von Beschwerden und rechtlichen Verfahren», analysiert die zuständige Normenkommission. In einer repräsentativen Umfrage hat das Bundesamt für Umwelt (Bafu) vor einigen Jahren die Ursachen für einen beabsichtigten Umzug von Mietern erfasst. Das Ergebnis ist wenig überraschend: «Zu den wichtigsten Gründen gehören die Lärmimmissionen im Umfeld des Gebäudes und die mangelnde Schallisolation der Wohnung», resümiert das Bafu. Die neue Norm trage nun auch solchen Umständen Rechnung und solle für mehr Klarheit sorgen, auch durch Anpassungen an internationale Normen.

Zur Klarheit und Entflechtung von Bestimmungen trägt auch der Umstand bei, dass Schallschutz und Raumakustik in der neuen Norm voneinander getrennt sind. «Die Anforderungen an die Raumakustik sowie die Empfehlungen des Anhangs G der alten Norm sind nun nicht mehr Bestandteil der Norm», erklärt Lukas Rohr, Experte für Akustik und Schallschutz beim Ingenieurbüro Prona in Biel BE.

Die Aspekte der Raumakustik sollen vielmehr in einer eigenen Norm geregelt werden, die mit der Bezeichnung SIA 181/1 direkt an die neue Schallschutznorm anschliessen wird. «Da die Dokumente bisher jedoch nicht ausgearbeitet sind, empfiehlt die Schweizerische Gesellschaft für Akustik SGA-SSA, diesbezüglich weiterhin mit der alten Norm zu arbeiten», sagt Rohr.

Was bewährt und was neu ist

Die Abgrenzung gegenüber anderen weiteren Bestimmungen, wie sie bei Normen oft formuliert wird, ist eindeutig. Die neue SIA-Norm 181 gilt für den «baulichen Schallschutz gegenüber externen und internen Lärmquellen bei Neubauten sowie bei Umbauten und Umnutzungen», heisst es im Wortlaut. Nebst den Kernanliegen der Normenschreiber durch Präzisierungen, Vereinfachungen und Entflechtungen enthält die Norm zum Schallschutz auch einige Neuerungen.

Die Begriffe der «Mindestanforderungen» und der «erhöhten Anforderungen» finden sich nach wie vor. Während die Werte für Mindestanforderungen unverändert übernommen wurden, sind die erhöhten Anforderungen um 1 Dezibel (dB) verschärft worden. Statt 3 dB beträgt der Unterschied nun 4 dB zum Schutz gegen Innenlärm, was Luft- und Trittschall umfasst. Mit diesen strengeren Anforderungen will man den Schallschutz zwischen Nachbarn nun besser garantieren können. Denn die erhöhten Anforderungen gelten für Doppel- und Reiheneinfamilienhäuser sowie in Gebäuden mit Stockwerkeigentum. Damit gleicht die Schweiz ihre Regelungen den Bestimmungen des internationalen Umfeldes an.

Deshalb muss jetzt aber nicht alles geändert werden. «Diese Erhöhung wird in Einzelfällen einen minimalen Einfluss auf die Bauteilaufbauten haben, wie zusätzliche Schichten oder grössere Materialstärken. In den meisten Fällen dürften aktuelle Aufbauten aber bereits den höheren Anforderungen genügen», sagt Rohr. Letztlich bleibt die Verantwortung beim Planer. Der Architekt muss die geforderten Leistungen richtig benennen. Der Schreiner muss am Ende wissen, wie er diese Anforderungen erfüllen kann.

Der Blick in die Norm schafft Klarheit

Mit 40 Seiten Umfang regelt die neue SIA-Norm 181 die Dinge recht konkret und detailliert. Dennoch bleibt es komplex. Insbesondere müssen Planer künftig die Trennung zwischen Sende- und Empfangsraum und damit die zu erwartende Lärmbelastung im Griff haben. Denn die Anforderungen an den Schallschutz eines trennenden Bauteils werden von der Lärmempfindlichkeit des zu schützenden Empfangsraumes (etwa eines Schlaf- oder Wohnzimmers) und durch den Senderaum (etwa einen Korridor oder Technikraum) bestimmt. Je nach zu erwartender Lärmbelastung einer internen Lärmquelle und der eingeschätzten Empfindlichkeit der anderen Räume variieren die Anforderungswerte. Die Norm teilt die Lärmempfindlichkeit in die vier Stufen, «keine», «gering», «mittel» und «hoch» ein. Wohn- und Schlafzimmer, Küche und Büro werden beispielsweise als «mittel» eingestuft. Ebenso gibt es vier Niveaus von Lärmbelastung, die entsprechend der Nutzung von Räumen zu erwarten sind. Anhand dieses Rasters kann der Planer nun die Anforderungswerte ablesen und bei erhöhten Anforderungen die Tabellenwerte um 4 dB erhöhen. Mit der neuen Norm wur- den zuvor unklare Situationen nun geklärt, wie zum Beispiel die Schalldämmung zu Technikräumen.

Was das für die Türen bedeutet

Für die Luftschalldämmung von Abschlusstüren gegen Erschliessungszonen gilt für Räume mittlerer und hoher Lärmempfindlichkeit ein Wert von R’w+C ≥ 37 dB als Mindest-Schalldämmmass. Dies betrifft vor allem die klassischen Wohnungseingangstüren. Aber auch hier liegt der Ball beim Planenden. Denn das Hauptaugenmerk ist bei den Wänden. Sind diese relativ schlecht, was die Schalldämmung angeht, können die Ansprüche an die Türen steigen, und dementsprechend müssen dann andere und teurere Türblätter verbaut werden.

Für Räume geringer Lärmempfindlichkeit gilt dagegen einheitlich das Mindestmass von R’w+C ≥ 32 dB gegen Erschliessungszonen, worunter der Korridor fällt.

«Im Zuge der neuen Norm überarbeiten wir derzeit auch das technische Merkblatt Nr. 005 zur Schalldämmung bei Türkonstruktionen im Verband der Schweizerischen Türenbranche», sagt Simon Schneider, Projektleiter Technik und Betriebswirtschaft beim VSSM in Wallisellen ZH. Damit bekäme der Praktiker dann wieder eine bewährte Anleitung für das Bauteil Tür an die Hand unter Berücksichtigung der geänderten Norm.

www.sia.chwww.prona.chwww.vssm.ch

Christian Härtel

Veröffentlichung: 10. Dezember 2020 / Ausgabe 50/2020

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