Viele Wege führen ans Ziel

Nach einer intensiven Softwareschulung sammelt Tony Wieland, Mitarbeiter der Schreinerei Sutter GmbH, nun die praktische Erfahrung. Bild: SZ, Monika Hurni

CNC-Schulung.  Es gibt sie nicht, die ultimative Weiterbildung in der C-Technologie. Wohl aber eine Vielzahl an Angeboten, abgestimmt auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse. Die SchreinerZeitung hat bei verschiedenen Weiterbildungsstätten nachgefragt.

Die Schreinerei Sutter GmbH in Bülach hat keine Homepage, die Pläne werden noch auf dem Reissbrett gezeichnet. Doch seit knapp drei Monaten steht mit der Format-4 «profit H22» nun ein neues, hochmodernes CNC-Bearbeitungscenter (BAZ) im traditionellen Schreinerbetrieb.

«Es ist für uns ein Schritt in die Zukunft», erklärt Geschäftsführer Markus Sutter. «Ich habe mir überlegt, ob ich in fünf Jahren weiterhin produzieren oder nur noch handeln will.» Mit der neuen Maschine hat er nun ein klares Zeichen gesetzt.

Individuelle Schulung

Doch wie sieht es mit der Programmierung aus? Im achtköpfigen Betrieb gab es mit Tony Wieland bis anhin gerade mal einen einzigen Schreiner, der über rudimentäre Kenntnisse beim Bedienen – nicht aber beim Programmieren – einer CNC-Maschine verfügte. Gemeinsam mit Markus Sutter und einem weiteren Mitarbeiter hat er deshalb die Schulung der HM Spoerri AG auf dem Softwareprogramm Wood Flash in Anspruch genommen.

«Verkaufen wir einem Kunden eine Maschine, so wissen wir anhand der Vorgespräche über dessen Vorkenntnisse Bescheid und können unsere Schulung individuell darauf abstimmen», erklärt Raphael Betschart, Geschäftsführer der HM Spoerri AG.

Während dreier Tage wurde den Kursteilnehmern im Schulungsraum in Bachenbülach das Grundwissen in der C-Technologie und der Programmierung vermittelt. Am vierten Tag ging es im eigenen Betrieb unter der Aufsicht eines Experten an die Umsetzung des Gelernten. «Wir helfen unseren Kunden bei der Programmierung, geben aber nur bedingt fertige Makros ab», erklärt Betschart. «Der Kunde soll das Programm verstehen und die einzelnen Schritte nachvollziehen können.» Und genau dieses Ziel haben die Mitarbeiter der Sutter GmbH während der letzten Wochen verfolgt. «Wir haben uns intensiv mit der Software beschäftigt, viele Makros erstellt und auch ebenso viele Probefräsungen gemacht», sagt Tony Wieland. Nun sei das Bearbeitungscenter bereits fest in den Arbeitsablauf integriert.

Hilfe per Fernwartung

«Die Hürden bei der Programmierung sind viel tiefer als wir anfangs gedacht hätten», stellt Markus Sutter erleichtert fest. Da viele Unklarheiten oder Probleme erst bei der täglichen Arbeit auftreten, ist bei der HM Spoerri AG eine Nachschulung im Service inbegriffen. Hilfestellungen werden ausserdem per Fernwartung oder über die kostenlose Hotline angeboten.

Ähnliche Schulungsangebote, wie sie im vorigen Beispiel aufgezeigt sind, werden auch bei den meisten anderen Maschinenlieferanten angeboten. Weitere kompetente Anlaufstellen können für den Schreiner die Software- sowie die ERP-Anbieter sein. Daneben decken die Weiterbildungsinstitute des Schreinergewerbes mit mannigfachen Angeboten sämtliche Bedürfnisse ab.

Austausch mit Gleichgesinnten

Die C-Technologie-Seminare der HF Bürgenstock (HFB) sind in mehrere Anwenderstufen unterteilt und so auf die spezifischen Bedürfnisse der Kursteilnehmer ausgerichtet. Die Thematik ist innerhalb der Ausschreibung fixiert. So profitieren die Kursteilnehmer während der Seminare von einem Austausch mit Gleichgesinnten und die Ausbildungen sind gleichzeitig berechtigt für die Rückvergütung aus der MAEK und ZPK.

C-LAB mit Testumgebung

«Oft macht in dieser komplexen Thematik auch eine betriebsspezifische Unterstützung Sinn», sagt Erich Amgwerd, C-Technologie-Verantwortlicher der HFB. Und genau hier setzt das C-LAB an. Es dient als Übungslabor, in welchem verschiedene Arten von Produktionssystemen miteinander verglichen werden können, was in der Praxis so ansonsten nicht möglich ist. Ein Testauftrag kann auf den Systemen A und B durchgespielt werden. Dadurch erhalten die Betriebe wertvolle Inputs für die Entscheidungen in ihrer Produktion. Um diesen Anspruch innerhalb des C-LAB zu erfüllen, vernetzt die HFB ihre Infrastruktur vom ERP bis zur CNC-Maschine. Diese Vernetzung reicht von der gezielten Optimierung vorhandener Komponenten bis hin zu vollständig durchgängigen Systemen.

Die ersten zwei Stunden im C-LAB erfüllen in erster Linie den Zweck einer unverbindlichen Vorabklärung und sind für den Unternehmer kostenlos.

Für das weitere Vorgehen werden die Ziele dann sowohl zeitlich als auch inhaltlich definiert und eine Offerte erstellt. «Im Bereich der praktischen Umsetzung arbeiten wir eng mit den jeweiligen Lösungsanbietern zusammen», erklärt Erich Amgwerd. «Das oberste Ziel ist es, dem Kunden in diesem Paket einen hohen Nutzen für die Praxis zu generieren.» So wird dann auch der Aufwand der weiteren Lösungsanbieter über die HFB koordiniert.

Ineffiziente Arbeitsabläufe

«Viele Systeme sind so komplex geworden, dass abgesehen von den enormen Möglichkeiten damit auch das Risiko von ineffizienten Arbeitsabläufen einhergeht», warnt Amgwerd. Deshalb ist es wichtig, dass die Mitarbeiter gezielt geschult werden. Der finanzielle und zeitliche Aufwand sollte dem Mitarbeiter und damit auch dem Betrieb einen konkreten Nutzen bringen.

Bereits eine Beratung anhand eines telefonischen Gesprächs kann Klarheit bringen. Möglich ist bei der HFB auch eine individuelle Betriebsanalyse direkt vor Ort beim Kunden.

Bewertungstool zur Analyse

Um den Arbeitsablauf optimieren zu können, ist zuerst oft eine Analyse der Betriebsprozesse nötig. Hierzu kann das C-Prozess-Bewertungstool der HFB als Mittel beigezogen werden. Dieses durchleuchtet anhand eines Fragekatalogs die Betriebsprozesse des Unternehmens und deckt dessen Stärken und Schwächen auf. Die Ergebnisse werden von den Spezialisten der HFB ausgewertet und bilden die Grundlage für das weitere Vorgehen in Bezug auf die Produktionsoptimierungen.

Vielfalt im Technologiezentrum

Unzählige Möglichkeiten im Bereich der C-Schulung bietet auch die IBW Höhere Fachschule Südostschweiz an. Dies sowohl in der theoretischen Ausarbeitung als auch in der praktischen Umsetzung. So kommen bereits die Schreinerlernenden aus der Region für den CNC-Teil der überbetrieblichen Kurse ins Technologiezentrum (TZ) nach Maienfeld.

Daneben bietet das TZ die für das neue Ausbildungssystem des VSSM zum Fertigungsspezialisten notwendigen Module an. Diese Grundkurse werden im Klassenverband mit maximal zehn Teilnehmern geführt.

Während ihrer Weiterbildung zum Fertigungsspezialisten erarbeiten die Studenten in einem ersten Kursteil die Grundlagen für ihre eigenen Projekte. Hierfür stehen ihnen unterschiedliche Softwareprogramme zur Verfügung, auf die sie mittels Citrix-Desktop-Viewer auch von zu Hause aus zugreifen können. Zur Umsetzung der Projekte können die Studenten im zweiten Kursteil das gesamte TZ nutzen, vom 3D-Scanner über den 3D-Drucker bis hin zum Fräsroboter. «So können sie von modernster Infrastruktur profitieren und technische Herausforderungen gemeinsam mit den erfahrenen Dozenten angehen», sagt Marco Caviezel, Fachvorsteher Schreiner der IBW.

Umfassende Informationen

Um dem Schreiner die Entscheidung im Bezug auf seine Weiterbildung zu erleichtern, führt die IBW monatlich Infoanlässe an den Standorten Chur und Sargans durch.

Möglich sind auch persönliche Beratungsgespräche mit dem Fachvorsteher. «Es müssen alle Parteien am gleichen Strick ziehen, deshalb ist es für die IBW sehr wichtig, dass auch der Arbeitgeber die Weiterbildung seines Mitarbeiters voll unterstützt», erklärt Caviezel. Unternehmungen steht das TZ als unabhängige Informationsstelle bei Entscheidungen im C-Bereich zur Seite.

In individuellen Infoworkshops haben sie die Gelegenheit, das breite Angebot an Software und Infrastruktur zu testen und zu vergleichen. Auf diese Weise kann auch die Datendurchgängigkeit der Produktion an verschiedenen konkreten Anwendungen nachvollzogen werden.

Projekte zu konkreten Fragen

An der Berner Fachhochschule (BFH) in Biel ist die C-Schulung sowohl im Technikerstudium Holztechnik wie auch in der Ingenieurausbildung (Bachelor of Science in Holztechnik) integriert. Daneben ist auch die Robotik Bestandteil der Ausbildungen.

Des Weiteren hat die BFH im Institut für Holzbau, Tragwerke und Architektur einen Kompetenzbereich «Integrierte Planung und Produktion», welcher sich mit der ganzen Prozessthematik, und damit auch intensiv mit den C-Technologien auseinandersetzt. «Bei uns kommen Unternehmungen in der Regel mit konkreten Fragen», erklärt Christoph Rellstab, Mitglied der Departementsleitung der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau.

«In manchen Fällen entwickeln sich aus den Fragestellungen Forschungs- oder Entwicklungsprojekte oder allenfalls auch Dienstleistungen.» Was die BFH mit wenigen Ausnahmen nicht anbietet, sind einzelne C-Tech-Kurse oder Seminare.

Eingebettet in die Vollzeitausbildung

Ähnlich wie bei der BFH sieht es auch bei der Höheren Fachschule für Technik und Gestaltung (HFTG) in Zug aus: Hier wird der Bereich der C-Technologie nicht in einzelnen Kursen oder Seminaren angeboten, sondern als wichtiges Teilgebiet in die Vollzeitausbildung der Studenten eingebettet. Dies sowohl in der Studienrichtung Technik als auch in derjenigen der Gestaltung.

«Wir wollen mit unsern Lehrgängen keine unrealistischen Wölkchen bauen, sondern so nahe wie möglich an der Praxis sein», erklärt Philipp Etter, Leiter der HFTG. Hier liegt für Etter das Hauptproblem. Der Markt biete in der C-Technologie unheimlich viel, sagt er. Damit spricht er sowohl die technischen Möglichkeiten, die modernen BAZ als auch die Option der kompletten Durchgängigkeit des Arbeitsprozesses an. Etter empfiehlt vor allfälligen Investitionen deshalb eine genaue Analyse der Bedürfnisse. «Schliesslich gehe ich auch nicht in die Garage und schaue mir den teuersten Ferrari an, um danach festzustellen, das ich eigentlich doch nur den praktischen Lieferwagen brauche.»

Die Qual der Wahl

So gilt auch bei der Weiterbildung: Allem voran steht das Bedürfnis des Schreiners. Je konkreter seine Vorstellung, desto schneller lässt sich die ideale Einheit finden.

Eine Weiterbildung kann mit kleinen Puzzleteilchen in Form von einzelnen Kursen oder Seminaren zu einem Bild zusammenge- fügt werden oder auch gleich als ganzes Gemälde in Form einer Vollzeitausbildung in Angriff genommen werden. Es liegt beim Schreiner, seinen Weg zu finden.

www.hm-spoerri.chwww.hfb.chwww.ibw.chwww.ahb.bfh.chwww.hftg.ch

mh

Veröffentlichung: 23. April 2015 / Ausgabe 17/2015

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