Vielfach selten

Sicher, bequem und mit hoher Effizienz erfolgt das Auftrennen mit der Vielblattsäge. Bild: Weinig AG

Vielblattsägen.  Die Maschinenhersteller finden ihren Absatz mit Mehr- oder Vielblattsägen vor allem in der Industrie bei Sägewerken und der Weiterverarbeitung. Im Handwerk kommt der Maschinentyp nur selten vor. Dabei kann die Technik auch dort vorteilhaft eingesetzt werden.

Es ging um knapp sieben Kilometer Sockelleisten für den Neubau einer Bildungseinrichtung. 20 Jahre liegt das nun zurück. Schreiner Franz Grübel (Name geändert) war frisch im Unternehmen und führte das Projekt mit aus: kilometerweise Buchenbohlen zu Leisten auftrennen, hobeln und fasen, schleifen, lackieren und dann Stück für Stück montieren. Wochenlang lief der Auftrag. Zugeschnitten wurde an der Formatkreissäge, ein Vierseitenhobel war vorhanden, was vermutlich die Kalkulation des Unternehmens gerettet hat.

Plötzlich ging der Zuschnitt flott

Heute würde eine Schreinerei die Aufgabe wohl anders lösen. Gerade der Zuschnitt der Leisten war zeitaufwendig und mühsam. Der Einsatz einer Längsschnittsäge hätte eine Arbeitserleichterung dargestellt, obschon dieser Maschinentyp für die Serienfertigung nicht die erste Wahl ist.

Später war Grübel in einer anderen Schreinerei beschäftigt und arbeitete dort das erste Mal mit einer Vielblattsäge. «Diese wurde nicht so oft gebraucht. Aber wenn sie lief, ging alles ziemlich flott beim Zuschnitt», erzählt Grübel. Sein neuer Arbeitgeber richtete damit von Zeit zu Zeit Halbfertigteile, die regelmässig benötigt wurden. Etwa viele Laufmeter Blendrahmen, die ins Magazin eingelagert wurden. Denn furnierte Futter auf Mass für Dachfenster waren eine Spezialität des Hauses, und diese wurden mit massiven Blendrahmen versehen. Im Produktionsablauf als erste Maschine nach dem Massivholzlager platziert, erfolgte an der Vielblattsäge meist gänzlich der Massivholzzuschnitt, auch bei unterschiedlichen Friesbreiten für die spätere Breitenverleimung. Dann wurde die Säge mit nur einem Sägeblatt bestückt, und der Breitenanschlag entsprechend den Anforderungen flexibel verstellt. Bei der Maschine handelte es sich um eine Occasion älteren Baujahres, die für wenig Geld angeschafft wurde. Die aufgrund der Ausstattung etwas aufwendigere Umstellung der Sägewelle für die Arbeiten in der Schreinerei schmälerte offensichtlich nicht die Sinnhaftigkeit für den Einsatz beim Zuschnitt.

Perfekt für gleiche Querschnitte

Die entscheidende Stärke einer Vielblattsäge kommt bei der Herstellung grosser Mengen an gleichen Querschnitten so richtig zum Tragen. Denn Bretter und Bohlen können in nur einem Durchlauf komplett aufgetrennt werden. Wenn es um Laufmeter geht, spielt der Maschinentyp seine Stärke aus, denn schneller geht es nicht. Selbst wenn die Sägewelle mit nur drei Blättern bestückt ist, beträgt der Faktor bei der Effizienz drei. Je schmaler das zu richtende Material ist und je mehr Blätter aufgespannt werden können, desto wirkungsvoller die Einsparung an Zeit und Mühe.

Daneben sind bei dem im Handwerksbetrieb eher unpopulären Maschinentyp weitere Aspekte vorteilhaft. So sorgen einfachste Mechanisierungen wie Rollen- oder Kugelbahnen an der Maschine dafür, dass bei Einmannbedienung auch schwere Bohlen kräftesparend bearbeitet werden können. Noch wichtiger ist das hohe Mass an Sicherheit für den Bediener. Durch den mechanischen – im Fachjargon teilmechanischen – Vorschub und die Rückschlagschutzeinrichtungen ist der Betrieb für den Arbeiter äusserst sicher, auch bei grösseren Krümmungen des Holzes oder beim Zuschnitt kleiner Querschnitte. In vielen Schreinereien wird das Massivholz mit der Längsschnittsäge aufgetrennt, Serienproduktion gleicher Querschnitte ist eher selten. Es gibt mutmasslich zwei Gründe dafür, dass Mehrblattsägen eher selten in den Werkstätten anzutreffen sind.

Hohe Sicherheit für den Bediener

Die Funktionsweise der einfachen Vielblattsägen hat sich über die Jahre nur wenig verändert. Das Aggregat mit Sägewelle und Andruckrollen ist im höhenverstellbaren oberen Gehäusearm untergebracht. Dieses drückt das Material auf den mechanisierten Vorschub in Form eines Kettenbettes. Als Rückschlagsicherung während der Arbeit dienen schräg angebrachte Metalllamellen im Zufuhrbereich des Materials, sodass ein Werkstück und auch anfallende Splitter und Spreissel nicht zurückschlagen können. Je nach Hersteller und Modell kommen mehrere solcher Fingerreihen für den Rückschlagschutz zum Einsatz. Beim Modell «M3» aus dem Hause SCM schafft man so eine vierfache Sicherheit für den Bediener. Der Zugang zu den Sägeblättern und das Anheben einzelner Splitter- und Rückschlagkeile ist nur bei stillstehender Sägewelle möglich. Heute ist eine unachtsame Sägewellenverstellung bei laufendem Motor nicht mehr möglich, früher war das durchaus ein gehöriges Sicherheitsrisiko.

Bei modernen Anlagen kann zudem durch die annähernde «Zwangsführung» des Materials und die deutlich höhere Rundlaufgenauigkeit eine Schnittfugengüte erreicht werden, die ohne weitere Bearbeitung verleimfähig ist. So lassen sich auch bereits fertig gehobelte Querschnitte wirtschaftlich auftrennen, was weniger für Schreiner, aber für Unternehmen im Bereich des Holzbaus ein wichtiges Argument sein kann.

Simples Umstellen der Sägeblätter

Weiteres Ausstattungsmerkmal moderner Vielblattsägen sind die Lasermarkierungslinien. Dadurch erhält der Bediener auf einen Blick das spätere Ergebnis bereits im Voraus angezeigt, was natürlich vielerlei positive Effekte mit sich bringt.

Müssen bei älteren Maschinenmodellen die Abstände zwischen den Sägeblättern auf der Welle mittels Zwischenringen recht aufwendig eingestellt werden, sind heute je nach Hersteller und Anwendungsbereich zeitgemässe Spannsysteme im Einsatz. So etwa das Schnellspannsystem «Quickfix» bei der «Raimann Line» von Weinig. Dabei wird die hydraulische Spannung gelöst, die Sägeblätter werden auf der Welle verschoben und die Spannung wieder aktiviert. Das ermöglicht auch, die Abstände mittels Musterstücken unkompliziert einzustellen. Aufsteckbüchse, Zwischenringe oder Werkzeuge braucht es dafür nicht mehr. Auch Kombinationen von festen und beweglichen Sägeblättern sind üblich.

Auch hier gilt: Je einfacher die Sägeblätter auf der Sägewelle verstellt werden können, desto höher ist der Zeitgewinn und damit die Kosteneinsparung, besonders bei wertvollen Hölzern. Bei wechselnden Holzbreiten und unterschiedlichen Holzqualitäten ist dies gegenüber dem Festeinhang auf der Werkzeugwelle ein wichtiges Kriterium bei der Maschinenwahl.

Flexible Leistungsdaten

Mit Schnitthöhen bei den Modellen für die handwerklich-flexible Anwendung um die 100 mm, Durchlassbreiten jenseits von 600 mm und Vorschubgeschwindigkeiten von bis zu 50 m/min – abhängig auch vom Material und der Bestückung der Welle – können Werkstücke ab etwa 400 mm Länge verarbeitet werden. Die Werkstücklänge wird im Prinzip nur durch die örtlichen Gegebenheiten beschränkt.

Die Leistungsdaten können sehr unterschiedlich ausfallen, da die Grenzen zwischen handwerklichen Ansprüchen und industriellem Einsatz doch recht fliessend sind. Denn Besäumer oder Doppelwellenkreissägen für den Nachschnitt im Sägewerk sind hinsichtlich Funktionsprinzip eng mit der Vielblattsäge verbunden. Individuelle Maschinenkonfigurationen mit speziellen Anpassungen sind deshalb gängig. Spezialisiert für die Auslegung jeglicher Bedürfnisse ist die deutsche Maschinenfabrik Paul mit ihren Vielblattsägen, deren Partner in der Schweiz die Holmag AG im bernischen Gondiswil ist. Eine Besonderheit bei Paul stellen die Mehrblattsägen auch für den Einschnitt von Plattenmaterialien jedweder Art bei Durchlassbreiten von bis zu 3000 mm dar. Neben dem Auftrennen lassen sich, mit entsprechenden Werkzeugen bestückt, auch Platten im Durchlauf nuten oder profilieren, wie es etwa für Akustikanwendungen oder bei der Produktion von Faltkorpussen üblich ist.

Zu gut für einen Nachruf

Trotz der zahlreichen Vorteile von Vielblattsägen ist der Maschinentyp kaum im Holzhandwerk zu finden, sondern wird eher von spezialisierten Betrieben zur Produktion von Serienteilen nachgefragt. «Es gibt praktisch kaum Nachfragen aus dem Handwerk», sagt Giovanni De Lorenzo, Fachberater für SCM-Industriemaschinen bei der Arthur Bründler AG in Ebikon LU. Auf dem Occasionsmaschinenmarkt findet man den Maschinentyp häufig, wenngleich dann meist recht betagten Alters und mit den entsprechenden Einbussen an Sicherheit und Bedienkomfort. Auch die Vielblattsäge im Falle von Franz Grübel war älteren Semesters. Trotzdem lernte er diese schätzen und hätte sie seitdem schon öfter gebrauchen können. «Mit den Maschinen der jetzigen Generation wären freilich auch 70 Kilometer Sockelleisten kein Problem gewesen», ist sich Grübel sicher.

www.scmwood.comwww.bruendler.chwww.weinig.comwww.paul.euwww.holmag.ch

ch

Veröffentlichung: 24. August 2017 / Ausgabe 34/2017

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