Vom Glück des Fliegens

Stefan Hofer (40)absolvierte eine Schreinerlehre. Nach zwei Jahren im Beruf wechselte er in die Gastronomie. Heute arbeitet er als Firmenpilot. Bild: Christian Bärtschi

Stefan Hofer ist seit 2013 Firmenpilot für das Unternehmen Amac Aerospace mit Sitz in Basel. Diese Firma gehört zu den fünf grössten Innenausstattern für Flugzeuge und baut zum Beispiel Jumbo-Jets für zahlungskräftige Kunden aus beziehungsweise um. Nebst dem Innenausbau wartet die Amac auch Flugzeuge. Die Firma mit einer Niederlassung in Zürich und einer Vertretung für die Pilatus Flugzeugwerke in Istanbul beschäftigt sogar eigene Schreiner und Sattler, um die aufwendigen Ausbauten vorzunehmen. Interessant dabei ist, dass Stefan Hofer ursprünglich Schreiner gelernt hatte – wie sein Vater. 1996 schloss er seine Lehre in einem Betrieb im bernischen Innerberg ab. Danach blieb der heute 40-Jährige zwei Jahre auf dem Beruf und wechselte dann – eher zufällig – in die Gastronomie. «Ich war einer der Mitgründer des bekannten Barstreet-Festivals in Bern. So kam ich mit der Gastronomie in Berührung und führte als Besitzer unter anderem das Restaurant ‹Cowboysbar› in Bern» , erzählt der ruhig und überlegt wirkende Ex-Schreiner. Den Schreinerberuf hat Hofer sehr geschätzt, und er hat keine negativen Erfahrungen gemacht. Doch die neuen, spannenden Eindrücke und Herausforderungen in der Gastronomie lockten den zupackenden Berner einfach noch mehr.

Auch der Weg zum Piloten war nicht programmiert. Noch während seiner Tätigkeit im Restaurant interessierten sich Arbeitskollegen von ihm für eine Stelle als Flight-Attendant. Auf diese Weise kam Stefan Hofer mit dem Thema Luftfahrt in Kontakt. Und allmählich keimte beim Gastronomen der Wunsch, Pilot zu werden. Gedacht, getan: Zuerst nahm er zahlreiche Flugstunden in Amerika, später absolvierte er diese vor allem in Deutschland. Der Weg ins Cockpit war nicht immer leicht, so viel lässt sich Hofer entlocken.

Nach rund zwei Jahren Ausbildung ist der Traum vom beruflichen Fliegen wahr geworden – der ehemalige Schreiner und Gastronom ist Pilot. Als solcher schätzt er die zahlreichen Orte und Menschen, die er dank seiner Arbeit kennenlernen darf. Gleichzeitig ist er sich bewusst, dass er einen privilegierten Job hat: «Ich habe nie das Gefühl, ich müsse arbeiten gehen. Es ist ein Vergnügen für mich», sagt Stefan Hofer. Normalerweise fliegt er eine PC-12, eine einmotorige Propellermaschine, die von den Pilatus Flugzeugwerken in der Schweiz produziert wird. Doch er darf auch andere Flugzeugtypen steuern, so zum Beispiel Strahlflugzeuge, umgangssprachlich als Düsenflugzeuge oder Jets bezeichnet. Wenn er nicht gerade im Cockpit sitzt oder andere Piloten seines Arbeitgebers ausbildet, hat er ziemlich oft Bereitschaftsdienst. Er kann dann grundsätzlich frei über seine Zeit verfügen, muss jedoch ständig damit rechnen, sofort nach Basel berufen zu werden und von dort aus nach Istanbul oder in eine andere Stadt fliegen zu müssen. Im Privatleben komme er deshalb relativ oft nicht darum herum, Termine kurzfristig abzusagen, das bringe dieser spezielle Job eben mit sich. Auch arbeitet er häufig am Wochenende.

Und doch möchte er keine einzige Flugminute verpassen: «Gerade bei regnerischem Wetter ist es ein tolles Gefühl, wenn du durch die Wolkendecke stösst und nur noch den offenen Himmel vor dir hast», schwärmt Hofer. Seine Augen blitzen bei dieser Aussage, und der Blick schweift kurz nach oben. Der nächste Flug kann kommen. Und Stefan Hofer wird seine Kunden ruhig und sicher an ihren Bestimmungsort fliegen und dabei jede Minute geniessen.

«Gerade bei regnerischem Wetter ist es ein tolles Gefühl, wenn du durch die Wolken- decke stösst und nur noch den offenen Himmel vor dir hast.»

cb

Veröffentlichung: 10. September 2015 / Ausgabe 37/2015

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