Wenn bloss kein Personalmangel wäre

Die Delegierten stimmten allen Geschäften einstimmig zu. Bild: Reto Schlatter

VSSM.  Die Delegiertenversammlung des Verbandes Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten fand vergangenes Wochenende in Lugano statt. Bei hochsommerlichem Wetter und herzlicher Gastfreundschaft der Tessiner Sektion waren die Tagesgeschäfte im Nu erledigt.

So wie die Sonne über dem Lago di Lugano schien, strahlt sie auch über der Schreinerbranche. Diesen Eindruck vermittelte die 137. Delegiertenversammlung des Verbandes Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) am vergangenen Freitag und Samstag in Lugano. Die Tessiner Sektion des VSSM durfte nach coronabedingter dreijähriger Verschiebung nun endlich ihren Gastgeberpflichten nachkommen, wobei Pflicht angesichts der Herzlichkeit doch als Gastgeberfreude zu verstehen ist. So profitieren die 139 Delegierten und 65 Gäste des VSSM nicht nur von Bilderbuchwetter, sondern auch von einer Bilderbuchgastronomie und einer Infrastruktur, die kaum Wünsche übrig liess.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Schreinerfamilie im Tessin tagte. Dass sie das überhaupt kann, hat sie Napoleon Bonaparte zu verdanken, wie VSSM-Zentralpräsident Thomas Iten in seiner Begrüssung im Kongresszentrum erklärte. Ohne Napoleons Eingreifen wäre 1803 der Kanton Tessin nicht zur Schweiz gekommen, und die vielgerühmte Sonnenstube gehörte heute wohl zu Italien.

Jetzt Reserven schaffen

In seiner kurzen Rückschau freute sich Iten, dass die Schreinerbranche Zeiten der Vollbeschäftigung und der vollen Auslastung erleben darf «von Zermatt bis Schaffhausen», wie er sagte. Dies dürfte auch in nächster Zeit so bleiben, umso mehr als das Schweizervolk am 18. Juni das Klimaschutzgesetz angenommen hat. Damit wird der Bund in nächster Zukunft rund zwei Milliarden Franken bereitstellen für Investitionen im Gebäudebereich. «Schade ist dabei nur, dass es unserer Branche angesichts steigender Kosten nicht gelungen ist, die Preise anzuheben, doch es wäre jetzt nötig, Reserven anzulegen», meinte Iten.

Da keine Wahlen oder Sachgeschäfte anstanden, boten die ordentlichen Traktanden der Versammlung keinen Anlass zu Wortmeldungen aus den Reihen der Delegierten. Die VSSM-Jahresrechnung 2022 (mit einem Verlust von knapp 500 000 Franken sowie die Rechnung der Militär- und Ausbildungsentschädigungskasse (Maek) mit einem Plus von rund 110 000 Franken gingen einstimmig über die Bühne. Erstmals wurden aus der Maek Gelder für Vaterschaftsurlaube ausbezahlt, in der Summe 130 000 Franken. Der Beitragsfuss des VSSM bleibt bei 254 Prozent.

Neues gab es von der Schmelzbergstrasse in Zürich zu erfahren, wo der VSSM anstelle des früheren Zentralsitzes ein Appartmenthaus erstellt. Laut Vorstandsmitglied Basil Gasser hat im Juni der Innenausbau begonnen. Die Wohnungen sollen ab dem ersten Quartal 2024 vermietet werden. Markus Hobi, Geschäftsführer des Fensterverbandes FFF, wollte wissen, wer die Fenster liefere. «Wir haben natürlich möglichst Verbandsmitglieder berücksichtigt, doch es war in der Submission grundsätzlich schwierig, genügend Angebote zu erhalten», sagte Gasser. Dies ist wohl auch der hohen Auslastung geschuldet. Bei den Fenstern habe schliesslich die Firma G. Baumgartner AG aus Cham den Zuschlag erhalten, die später allerdings aus dem Verband austrat.

Eine Lanze für den Schreinerberuf

Ein Thema, das Wolken vor die Tessiner Sonne schob, war der Fachkräftemangel. Darauf kam nebst anderen Gastrednern auch der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), der Tessiner Nationalrat Fabio Regazzi, zu sprechen. «Ihr Verband engagiert sich vorbildlich für den Nachwuchs», lobte er die Aktivitäten des VSSM. «Es ist wichtig, den künftigen Generationen das Wissen und die handwerklichen Fertigkeit weiterzugeben», sagte der Tessiner Regierungsrat Raffaele de Rosa. Nur so könne man sich als Handwerker von globalisierter Massenware abheben. Das Thema war verschiedenen Tessiner Medien am Freitag gar einen Beitrag wert.

Mit launigen Worten begrüsste der Luganeser Stadtrat Filippo Lombardi die VSSM- Delegierten. Der frühere Tessiner Ständerat erkärte, dass Lugano als einzige der zehn grössten Städte der Schweiz bürgerlich regiert werde, was spontanen Applaus auslöste. Lugano habe sich in den vergangenen Jahren gewandelt und viel investiert. Bezugnehmend auf den Slogan der Tessiner Schreiner «L’uomo che fa», sagte Lombardi «Lugano e la città che fa».

www.vssm.ch

Benvenuti in Ticino

«Was verbindet Sie mit dem Tessin?»

Die Südschweiz ist ein Sehnsuchts- ort für viele nördlich der Alpen. Die Redaktion hat bei Delegierten und Gästen nachgefragt, was sie mit dem Tessin verbindet.

«Ich habe beruflich seit 35 Jahren im Tessin zu tun, entdecke aber immer noch neue Ecken und gemütliche Beizli», sagt Urs Gisler , Inhaber der Mengelt & Gisler AG in Flüelen UR. «Ich mag die Geselligkeit, welche die Tessiner leben, und dass sie noch singen, das ist schön und verbindet.»

«Das Tessin ist für uns Walliser ein Partnerkanton», sagt Christian Schöpfer aus Naters, Delegierter der Sektion Oberwallis. «Wenn wir an die Sonne wollen, fahren wir nach Ascona, und zwar von Kindsbeinen an. Die Tessiner sind ‹endsgüeti› Gastgeber, was sie an der DV wieder beweisen.»

«Wir fahren seit Langem regelmässig für Tagesausflüge ins Tessin», sagt Gerda Heinzer aus Muotathal SZ. Ihr Mann klettere gerne. «Und seit vergangenem Jahr haben wir ein Rustico im Isonetal. Jetzt sind wir noch häufiger hier und geniessen das Essen und die Sonne.»

«Ich erinnere mich an einen Töffausflug mit improvisierter Übernachtung in einer Bruchbude von Hotel mit Einzelbetten», erzählt Sigi Senti von der Atlas Holz AG in Trübbach SG. «Meine Freundin hat mich danach aber trotzdem geheiratet, und das Tessin mögen wir auch heute noch.»

Stefan Hilzinger, mh/Hil

Veröffentlichung: 29. Juni 2023 / Ausgabe 26/2023

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