Wenn drei «Köche» eine Firma aufsetzen

Die Produktionsgemeinschaft ist ein Rezept, das Unternehmen zum Kochen bringen kann. In der Holzinnovation Mörschwil AG rühren drei Firmeninhaber in einem Topf. Bild: Orpheus XL, fotolia.com

Produktionsgemeinschaft.  Viele Köche verderben den Brei, heisst es. Nicht so in einer Produktionsgemeinschaft, denn die Bedingungen der Zusammenarbeit sind vertraglich ausführlich geregelt. Auseinandersetzungen geht man gemeinsam an. Die Basis ist das Vertrauen.

Die Unternehmen von Rolf Bock, Hans Egger und Fabian Koch bilden seit 2008 zusammen die Holzinnovation Mörschwil AG. Jeder Unternehmer betreibt weiterhin seine eigene Firma, produziert aber wird am gemeinsamen Standort, in den 1990 neu erbauten Räumlichkeiten der Schreinerei Bock AG im st. gallischen Mörschwil.

Koordination wird grossgeschrieben

Die Produktionsgemeinschaft ist eine Form, die neben ökonomischen Vorteilen vor allem eine gute Planung und grosses Verständnis von allen Beteiligten verlangt. So sind dem Zusammenschluss zehn Jahre vorausgegangen, in welchen die Ideen reiften, in denen man zusammenfand. Denn das Wichtigste, wenn man gemeinsam Geschäfte machen wolle, sei das gegenseitige Vertrauen, beteuern die drei Betriebsführer und Schreinermeister. Im manchmal hektischen Alltag spielen weniger die unterschiedlichen Interessen der Protagonisten eine Rolle, sondern vielmehr, dass man im selben Topf rührt.

Hierbei kommt man nicht umhin, sich abzusprechen. Koordiniert wird zum Beispiel die Auslastung der Maschinen. «Ähnliche Aufträge können miteinander gefertigt werden», spielt Hans Egger auf die Synergien an. Schwieriger ist die Situation bei den Mitarbeitern. Diese arbeiten je nach Auftragslage für einen der drei Chefs. Logisch, dass in einer schnelllebigen Welt nicht immer alles nach Plan läuft. «Termine werden heute oft kurzfristig abgesagt oder verschoben», spricht Fabian Koch auf ein derzeitiges Problem an. Da komme es dann schon mal zu Engpässen.

www.holzinnovation.ch
SchreinerZeitung: Weshalb finden sich drei eigenständige Schreinereien zu einer Produktionsgemeinschaft?
Fabian Koch: Die Gründe für den Zusammenschluss waren vorwiegend wirtschaftlicher Art. Der Markt stellt heute an den Schreiner hohe Anforderungen bezüglich Qualität und Quantität. Ohne grössere Maschinen wie beispielsweise einem Kantenleimer läuft da nichts mehr. Gerade für kleine Schreinereien sind solche Maschinen aber überdimensioniert und damit viel zu oft schlecht ausgelastet. Wenn man solche Maschinen gemeinsam nutzt, werden sie rentabler. Aus diesem Grund haben wir uns zur Holzinnovation Mörschwil AG zusammengeschlossen.
Wie kam die Produktionsgemeinschaft zustande?
Hans Egger: Die Idee zur Gemeinschaft ist jeweils bei gemeinsamen Anlässen gewachsen. Der Verband spielte hierfür eine wichtige Rolle. Auf einer Reise nach St. Petersburg reifte der Gedanke schliesslich aus und wurde konkreter. Schliesslich haben wir uns 2006 definitiv dazu entschlossen, gemeinsam zu produzieren.
Rolf Bock: Und im Oktober 2007 folgte dann die Gründung unseres neuen Unternehmens. Wir sind aus einer starken Position heraus – und nicht etwa aus Not – zusammengewachsen. Ich denke, das ist wichtig. Auch dass man früh auf veränderte Bedingungen am Markt reagiert.
Ihre Mitarbeiter haben also drei Chefs?
Rolf Bock: Genau. Jeder von uns betreut weiterhin seine Kunden. Die Zusammenarbeit beschränkt sich auf die Produktion.
Fabian Koch: Indem wir von der Administration jeden Auftrag einzeln abgerechnet erhalten, sind wir ständig im Besitz der vollumfänglichen Kostenwahrheit.
Was bedeutet das genau?
Fabian Koch: Nehmen wir einen Tisch. Der kostet vielleicht 5000 Franken. Wenn in der Produktion etwas schief läuft, dann kostet er mich unter Umständen mehr, als ich dafür offeriert habe. Das kriege ich dann vollumfänglich in Rechnung gestellt.
Wie schwierig ist es, dieses Prinzip im Alltag umzusetzen?
Fabian Koch: Das ist unsere tägliche Herausforderung. Und damit sind wir beim wichtigsten Punkt: Wer eine Produktionsgemeinschaft plant, muss in erster Linie gut miteinander auskommen. Zweitens braucht er ein gewisses Mass an Grosszügigkeit. Denn es ist im Alltagsgeschäft unmöglich, jeden Rappen zu verrechnen. Und schliesslich ist das ganze auf viel Vertrauen gebaut. Ohne Vertrauen läuft nichts. Wir sind ein Team – und ein Team, in dem jemand nur seine eigenen Interessen vertritt, ist zum Scheitern verurteilt.
Rolf Bock: Uns ist bewusst, dass wir mit diesem System hohe Anforderungen an die Flexibilität unserer Mitarbeiter stellen. Denn jeder von uns dreien hat eine andere Art, die Dinge anzupacken, was sich auch in der Fertigung und Montage auswirken kann. Andererseits bieten wir unseren Schreinern einen abwechslungsreichen Arbeitsplatz. Und in der Praxis lassen wir dem Werkstattleiter freie Hand.
Wie ist die Zusammenarbeit geregelt?
Rolf Bock: Wir haben uns viele Gedanken gemacht über die Art der Kooperation. Der Vertrag ist umfangreich. Und das ist der wichtigste Unterschied zu einer Firmengründung, wo nur eine Person involviert ist. Die Kooperation benötigt im Vorfeld viel Zeit. Da muss man alle Eventualitäten planen.
Fabian Koch: Damit sind wir auch offen für neue Kooperationspartner. Auch die Bedingungen für eine allfällige Nachfolge sind klar. Die Besitzverhältnisse sind nicht nur im Kooperationsvertrag, sondern zusätzlich in einem Aktionärsbindungsvertrag geregelt, da wir ja eine AG sind.
Sie haben lediglich einen rudimentären Internetauftritt. Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach die Website einer Schreinerei?
Fabian Koch: Für mich einen kleinen. Ich habe jährlich drei bis fünf Neukunden. Diese finden mich im Internet. Wichtig ist meiner Meinung nach aber die Mund-zu-Mund-Werbung.
Welches sind für Sie die grössten Vorteile der Gemeinschaft?
Hans Egger: Mir persönlich bringt die Gemeinschaft mehr Freizeit. Angehende Probleme können zusammen diskutiert werden. Das gibt auch einen gewissen Rückhalt. Die Verantwortung zu teilen, empfinde ich als sehr positiv.

Gemeinsam produzieren in mörschwil

Rolf Bock gehören die Räumlichkeiten in Mörschwil, wo die 2008 gegründete Firma ihre Produktion aufnahm. Sein Sohn Fabian leitet die Werkstatt in der Produktionsgemeinschaft.

Die Schreinerei Egger wurde 1912 an der Bahnhofstrasse in Mörschwil gegründet. Hans Egger führt den Betrieb in der dritten Generation.

Der gelernte Möbelschreiner und Schreinermeister war langjähriges Mitglied im Zentralvorstand des VSSM. Koch ist als CVP-Politiker im St. Galler Stadtparlament aktiv.

Veröffentlichung: 07. Juni 2012 / Ausgabe 23/2012

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