Zirkusromantik mit der Familie


Der Schreiner Lukas Keller (30) steht schon vor der dritten Zirkus-Tournee.
Der Schreiner Lukas Keller (30) steht schon vor der dritten Zirkus-Tournee.
Lukas Kellers Zuhause ist bunt und eng: Zusammen mit seiner Freundin und der gemeinsamen dreijährigen Tochter lebt er auf 15 m2 im Winterquartier des Circolino Pipistrello in Rikon. Platz hat im kleinen Zirkuswagen neben Bett und Kleiderschrank nicht viel. An den beschränkten Wohnraum musste sich der 30-Jährige ebenso gewöhnen wie an das ständige Leben in der Gemeinschaft. Gegessen wird in einem grossen Küchenwagen. In einer ehemaligen Lagerhalle sind neben geheizten Proberäumen auch Duschen und Toiletten untergebracht. Wenn der Zirkus im Frühling auf Tournee geht, muss das ein lustiger Anblick sein. Traktoren ziehen dann die kleinen, farbigen Wagen hinter sich her. «Das ist echte Zirkusromantik, wenn wir durch die Dörfer tuckern und die Leute uns zuwinken», sagt der Schreiner. Im Sommer gastieren die Zirkusleute fast die ganze Zeit auf Schulhöfen und öffentlichen Plätzen. «Immer unter Leuten zu sein, ist anstrengend», meint er. Trotzdem, der Umgang mit Menschen muss Lukas Keller gefallen, denn der Circolino Pipistrello ist ein Mitmach-Zirkus. Ab Mitte April ist er während eines halben Jahres in der ganzen Deutschschweiz unterwegs. Meistens sind es Schulkinder, welche mit der Truppe das Zelt aufbauen, ein Programm einstudieren und dann schliesslich in der Manege stehen. «Die Kinder nehmen eine Woche lang am Zirkusleben teil. Es geht um das Erlebnis», erklärt der Bieler. «Wir haben einen dankbaren Job. Die Kinder haben Freude und bei der Abschlussvorstellung sitzen lauter stolze Eltern, Geschwister und Grosseltern im Publikum.» Im Moment noch ist es im Circolino Pipistrello ruhig. Nach zwei Monaten Winterpause studieren die Zirkusleute derzeit ihr neues Programm ein. Jeden Tag proben sie bis zu sieben Stunden lang. Und nebenbei haben sie für die Tournee viel vorzubereiten, denn sie erledigen sämtliche Büro- und Marketingarbeiten selbst und werkeln an der Zirkusausstattung.
Die insgesamt 17 Zirkusleute sind allesamt Laien, die aus verschiedenen Berufsrichtungen kommen. Einige davon bringen Vorwissen in Artistik oder Theater mit. Lukas Kellers Mitbringsel war die Musik. Er hatte während der Schreinerlehre seine erste Band und organisierte Konzerte in einem kleinen Kulturlokal. Heute spielt er Klavier und Kontrabass – und ein bisschen Gitarre und Akkordeon. Im Zirkus jedoch macht er nicht nur Musik. Manchmal ist er Artist auf dem Trapez, bringt den Kindern das Seiltanzen bei oder leitet den Zirkus als Direktor.
Dass Lukas Keller zum Zirkus kam, war Zufall. Nach der Schrei- nerlehre machte der Bieler die Berufsmatur, absolvierte eine musikalische Grundausbildung an der Jazzschule Bern und arbeitete temporär, bevor er sich mit 24 Jahren selbständig machte. Gemeinsam mit einem befreundeten Zimmermann betrieb er eine kleine Werkstatt in Biel. Doch als er mit 27 Jahren Vater wurde, merkte er bald, dass ein Teilzeiteinkommen nicht für eine Familie reichen würde. Die Annonce des Circolino Pipistrello in einem lokalen Blatt war eine völlig neue Option. «Wir gingen zu einem Infoabend, waren Feuer und Flamme, und dann ging alles Schlag auf Schlag», erklärt er. Nach einem ersten Jahr hängte die Familie ein zweites an und nun steht bereits die dritte Tournee bevor. Sie soll jedoch auch die letzte sein. Was danach passiert, weiss Lukas Keller noch nicht. Vielleicht steigt er wieder als selbständiger Schreiner ein, vielleicht will er sich beruflich völlig umorientieren. «Ich habe auf jeden Fall keine Angst vor der Zukunft. Nur dass mir das Zirkusleben fehlen könnte, das beängstigt mich im Moment», sagt er lachend.
«Wir gingen zu einem Infoabend, waren Feuer und Flamme, und dann ging alles Schlag auf Schlag.»
Veröffentlichung: 22. März 2012 / Ausgabe 12/2012
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