Alte Dame erstrahlt in neuem Glanz


Generalüberholt: Das Motorschiff Linth bricht bald wieder zu neuen Ufern auf. Bild: ZSG


Generalüberholt: Das Motorschiff Linth bricht bald wieder zu neuen Ufern auf. Bild: ZSG
Schiffbau. Vor über 60 Jahren wurde das Motorschiff Linth gebaut. In den Wintermonaten wurde der Innenausbau samt Türen zum ersten Mal komplett erneuert. Der Schreinerlernende Mattia Druey aus Winterthur hat mit angepackt.
Wie ein schlafender, auf den Frühling wartender Riese liegt es da: 54 Meter lang, 11,6 Meter breit und Hunderte Tonnen schwer. Das Motorschiff Linth wurde 1952 erbaut und war das erste 3-Deck-Schiff auf dem Zürichsee. Jetzt wird es in der Werft der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft (ZSG) in Wollishofen wieder flott gemacht für neue Abenteuer. Für den neuen Innenausbau wurde die Schreinerei bbf Weber aus Fehraltorf ZH beauftragt. Mit an Bord des Schreinerteams ist der Lernende Mattia Druey aus dem zürcherischen Winterthur. Obwohl der junge Mann bereits an vielen Grossprojekten mitarbeiten konnte, sind für ihn die Arbeiten am Passagierschiff etwas ganz Besonderes. «Ich mag Schifffahrten», erzählt der 17-Jährige begeistert. «Und wer kann schon von sich behaupten, an einem Schiff mitgearbeitet zu haben? Die Arbeiten sind aufgrund der vielen Schrägen und Rundungen sehr anspruchsvoll.»
Für die bbf Weber ist es das erste Mal, dass sie an einem Schiff Arbeiten verrichten kann. «Das stellt grosse Herausforderungen an das Team», sagt Geschäftsinhaber Roland Weber. «Es gibt keine Standardlösung und wir müssen uns viel Wissen über den Schiffbau aneignen. Und Projektleiter Fritz Friedli führt aus: «In der Werft sieht man noch nicht, wie das Schiff schlussendlich im Wasser liegen wird. Horizontale Flächen werden dadurch zur Herausforderung. Man muss sich gezwungenermassen am Metallbau orientieren.» Die Schreinerei hat die alten Holzverkleidungen demontiert und verwendet sie als Schablonen für die neuen. Eine weitere Herausforderung ist, dass sich die Schiffform durch den Wasserdruck verändern wird. «Die 4 mm starken Fugen sind dann vielleicht nicht mehr vorhanden. Wir wissen nicht, wie stark sich der Wasserdruck auswirkt», sagt Friedli. Die Schreinerei muss sich bei ihren Arbeiten an die Schiffbauverordnung halten und das Material muss die hohen Anforderungen der Brandschutzverordnung erfüllen. Die Elektronik hinter den Wänden und Decken soll im Notfall schnellstmöglich zugänglich sein. Das heisst für die Schreinerei, dass sämtliche Wandverkleidungen und Decken mit Sichtschrauben befestigt werden. All diese Bedingungen stellen auch an das Material grosse Anforderungen. «Wir arbeiten mit Swiss CDF von Kronospan. Die schwarz eingefärbten Holzfaserplatten sind extrem robust, quellungsarm und schwer entflammbar», erklärt Fritz Friedli.
Der Lernende Mattia Druey arbeitet gerade an einer Fensterbank. Nachdem er beim Zuschnitt der Platten mitgeholfen hat, ist er nun daran, die Gehrungen zu verleimen. Der sichtbare Kleber muss nach einiger Zeit mit dem Stechbeitel weggekratzt werden. «Die Kanten werden zum Schluss noch geschliffen und geölt. Das gibt der Holzwerkstoffplatte einen zusätzlichen Schutz und macht sie visuell attraktiver», weiss er. Vor dieser Arbeit hat Mattia die Unterkonstruktion mit feuerfester Farbe beschichtet. «Ich musste eine dicke, klebrige und etwas übelriechende Schicht auftragen. Das Holz war unter der Beschichtung kaum noch erkennbar.» Da die Beschichtung klebrig ist, musste er einen Ganzkörperschutzanzug tragen. «Das war eine neue Erfahrung für mich», lacht er. Mattia hofft nun, dass er möglichst bald auch die Werft besuchen kann und das Schiff einmal mit eigenen Augen bestaunen darf.
Als im bitterkalten Winter 1963 der Zürichsee zufror, stand die ZSG zwischen den Fronten. Auf der einen Seite waren die vielen Pendler, die den Schiffsverkehr so lange wie möglich aufrechterhalten wollten, auf der anderen Seite stand die breite Bevölkerung, die einer kompletten Seegfrörni entgegenfieberte. Die ZSG musste mit Eisbrechern jeweils die Häfen freimachen, um die Pendlerfahrten zu ermöglichen. Schliesslich gab es dazumal noch keine S-Bahn, und viele waren auf den Schiffsverkehr angewiesen. Irgendwann wurde dann der Druck zu gross, worauf die städtische und kantonale Seepolizei entschieden, den Schifffahrtsbetrieb einzustellen. Die in der Werft in Zürich Wollishofen stationierten Schiffe, darunter die MS Linth, mussten fortan vor dem Eis geschützt werden, da sie durch den Druck sonst beschädigt worden wären. So waren täglich dutzende Angestellte stundenlang damit beschäftigt, Graben in das Eis bei der Werft zu fräsen. Am 1. Juni 2016 ist die Linth wieder für die Öffentlichkeit unterwegs.
Veröffentlichung: 07. April 2016 / Ausgabe 14/2016
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