Ansichten eines Kartensammlers


Auf Heuheinzen stellt der diplomierte Schreinermeister Eugen Aebischer (57) historische Ansichtskarten aus. Bild: Sylvia Aebischer


Auf Heuheinzen stellt der diplomierte Schreinermeister Eugen Aebischer (57) historische Ansichtskarten aus. Bild: Sylvia Aebischer
Am 6. Juni 1906 wurde in Plaffeien eine Ansichtskarte abgestempelt und auf die lange Reise über den Ozean nach Brooklyn New York geschickt. Sie zeigt das Bauerndorf im Sensebezirk des Kantons Freiburg, niedergebrannt bis auf die Grundmauern. Der Text informiert kurz und knapp, dass sechs Tage zuvor 49 Häuser inklusive der Kirche einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen sind. Als Eugen Aebischer die Trouvaille an einer Brocante aus einem Stapel Karten herausfischte, schlug sein Herz Purzelbäume. Sie gehört zu einer grossen Sammlung von Ansichtskarten, die, sortiert in Ordnern, bei ihm zu Hause in einem Regal stehen. Gezählt hat sie der Schreinermeister aus Düdingen noch nie. «Es geht mir nicht darum, Sachen anzuhäufen. Vielmehr interessieren mich die kulturellen und historischen Hintergründe.» Deshalb gehört auch die Brooklyn-Karte zu seinen liebsten Stücken. Sie ist Teil der Geschichte, dokumentiert die Veränderung eines Ortes und zeigt, wie lokale Schlagzeilen vor dem digitalen Zeitalter um die Welt gingen. «Heute reicht ein Klick, um sich zu informieren, damals wurden Nachrichten oft mithilfe solcher Ansichtskarten verbreitet», erklärt Eugen Aebischer. Der Wandel der Zeit, festgehalten im Bild, inspirierte ihn vor rund 25 Jahren zum Kauf einer ersten historischen Ansichtskarte – Grüsse aus dem Bad Bonn, einem ehemaligen Kurort in einem Tal bei Düdingen, das in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts unter den Wassermassen eines Stausees begraben wurde.
Aebischers Ansichtskarten aus dem Sensebezirk sind rare Zeitdokumente. In der Region, die bis weit ins 20. Jahrhundert als Armenhaus des Kantons galt, waren sie nur für wenige erschwinglich. «Die Gemeinden produzierten, wenn überhaupt, bloss kleine Auflagen. Einzige Ausnahmen waren die Touristenorte», sagt er.
Die ersten Karten aus dem Senseland wurden kunstvoll von Lithografen gestaltet, ab ungefähr 1914 stellten die Postkartenverlage dann Fotografen dafür an. Hin und wieder zeigt Eugen Aebischer seine kleinen Schätze einem Publikum – zuletzt in Schwarzsee. 120 Karten der beliebten Ferienregion hat er vergrössert, laminiert, auf Vollkernplatten geklebt und sie dann auf Heuheinzen, die früher auf dem Feld zum Trocknen des Grases verwendet wurden, präsentiert. «Ich wollte etwas machen, das so in der Schweiz vorher noch nicht da gewesen war», sagt er. Ansichtskarten haben eine besondere Fähigkeit. «Sie wecken Erinnerungen und bringen die Leute zum Reden», erklärt Aebischer. Die Freude der Menschen ist dem diplomierten Schreinermeister, der bei der Schwab AG in Bern als Projektleiter arbeitet, Lohn genug für die vielen Stunden der Vorbereitung. Den Dank erhielt er schriftlich – weder per SMS noch per E-Mail, sondern per Ansichtskarte aus Schwarzsee. Dort war die erste Station der Wanderausstellung «De Seisa na». Sie folgt dem Fluss, der im Schwarzsee entspringt und durch die Kantone Bern und Freiburg mäandert, bevor er bei Laupen in die Saane mündet. «Das Interesse der Gemeinden im Sensebezirk ist gross, vor allem weil sie in ihren Archiven oft nur wenige Fotos haben», sagt Aebischer. Die nächste Ausstellung findet von Mai bis Juni im Hauptbezirksort Tafers statt. Auf dem Dorfplatz wird der Düdinger 75 Ansichtskarten zeigen und ein altes Kulturgut wieder ins Gespräch bringen.
«Ich wollte etwas machen, das so in der Schweiz vorher noch nicht da gewesen war.»
Veröffentlichung: 02. April 2015 / Ausgabe 14/2015
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