Handwerk hinter Gittern


Romano Keller (30) in der Schreinerei der JVA Bostadel mit einem Antikmöbel in Restauration. Bild: Caroline Mohnke


Romano Keller (30) in der Schreinerei der JVA Bostadel mit einem Antikmöbel in Restauration. Bild: Caroline Mohnke
Leute. Eingebettet in einer sanften Hügellandschaft liegt sie, wenige Fahrminuten von Menzingen entfernt: die Justizvollzugsanstalt (JVA) Bostadel. Will man in die dortige Schreinerei, muss man mehrere Detektoren und Sicherheitstüren passieren.
Angekommen in der Werkstatt, sieht es aus wie in jeder anderen Schreinerei, mit dem Unterschied, dass die Verglasungen schusssicher sind und es vor den Fenstern Gitterstäbe hat. «Ich nehme die Stäbe nicht mehr wahr», sagt Romano Keller, der als Schreiner, Aufseher und Betreuer in der JVA arbeitet. Genauso wie alle Besucher muss er sein Handy bei Arbeitsbeginn abgeben und kann es erst nach Feierabend wieder abholen. Doch das stört ihn nicht. Der auf einem Bauernhof in Unteriberg SZ aufgewachsene gelernte Schreiner hat keinen alltäglichen Arbeitsort. Mit vier anderen Schreinern, darunter einem Betriebsleiter, betreut er die Insassen in Bostadel bei der Arbeit in der Schreinerei. «Ich erinnere mich noch gut an die Schulzeit», sagt er und fügt an: «Im Freundschaftsbuch der ersten Klasse stand bei vielen als Traumberuf Polizist oder Feuerwehrmann.» Doch er wusste schon bald einmal, dass er Schreiner lernen wollte. Der Bauernhof gehörte den Grosseltern, und er hat schon als Zweijähriger eine Schachtel mit Hunderternägeln und einen Hammer bekommen. So hat er als Bub viele Baumhäuser gebaut und viele Freiheiten rund ums Haus genossen. Nach der Lehre in einem Familienbetrieb in Rüti ZH besuchte er das Militär, wo er zum Unteroffizier ausgebildet wurde. «Zu dieser Zeit merkte ich, dass ich mein Wissen gern weitergebe.»
Eines Tages entdeckte er ein Stelleninserat, worin stand, dass die JVA Bostadel einen Schreiner suchte. Nach zwei Gesprächen und Probearbeiten hat es gegenseitig sehr gut gepasst. «An meiner Arbeitsstelle schätze ich die Vielseitigkeit», erzählt der 30-Jährige. So hat er regelmässig Etagendienst und ist verantwortlich für die Insassen von 18 Zellen. Dazu kommen auch Nachtdienste: «Ich muss kontrollieren, ob alle nach der Arbeit in den Zellen sind, am Morgen den Weckdienst machen, schauen, ob es allen gut geht, und wenn nötig Medikamente verteilen.» Er schätzt die Arbeit mit den Strafgefangenen: «Auch hier gebe ich mein Wissen gern weiter. Die Insassen sind ja keine gelernten Schreiner, da braucht es manchmal Geduld.» Es sei auch sehr wichtig, immer bereit zu sein und die Balance zwischen Nähe und Distanz zu halten. «Wir alle sprechen einander mit «Sie» an.» Wichtig sei immer, sachlich und ruhig zu bleiben, sagt er. Und manchmal sei auch Zuhören wichtig. Beim Gang durch die Schreinerei zeigt Andreas Bachmann, Leiter der Schreinerei, auf hohe Holzwände: «Diese stehen schon für die Lebkuchenhäuser am Basler Weihnachtsmarkt parat.» Nebenan bereitet ein Häftling Holzfiguren für Ostern vor. «Wir machen auch viele Restaurationen auf Kundenauftrag», sagt Keller. Neben der Schreinerei gibt es eine Korbflechterei sowie Montage, Kartonage, eine Malerei/Ablaugerei und drei Dienstleistungsbetriebe. Die Beschäftigung leistet einen grossen Beitrag an die Resozialisierung und Wiederintegration.
Ist Romano Keller nicht hinter Gittern am Arbeiten, geniesst er seine freie Zeit sportlich: Er fährt leidenschaftlich Autocross. Mit hoher Geschwindigkeit über Schotterstrassen fahren und den Fahrtwind geniessen, das gebe ihm Energie für den anspruchsvollen Arbeitsalltag. Mit seiner Frau bewohnt er eine Wohnung im Haus der Grosseltern, dort schraubt er auch gern am Motor seines Crosskarts herum.
Caroline Mohnke
Veröffentlichung: 15. Dezember 2025 / Ausgabe 50/2025
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