Auf spezialisierte Kaufleute bauen


Jetzt in Ausbildung, bald am Arbeiten im Büro einer Schreinerei? Angehende Kauffrauen und Kaufmänner EFZ der Branche «Bauen und Wohnen» von Baukette Schweiz. Bild: Baukette Schweiz
Jetzt in Ausbildung, bald am Arbeiten im Büro einer Schreinerei? Angehende Kauffrauen und Kaufmänner EFZ der Branche «Bauen und Wohnen» von Baukette Schweiz. Bild: Baukette Schweiz
Nachwuchs. Seit einem Jahr existiert die KV-Branche «Bauen und Wohnen». Das neue Angebot soll den branchenspezifischen Praxisbezug in der kaufmännischen Grundbildung schaffen und so den Mehrwert für die Betriebe steigern.
In vielen Betrieben braucht es nicht nur Spezialisten für den Innenausbau und versierte Monteure, sondern ab einer gewissen Betriebsgrösse auch qualifizierte administrative Unterstützung. Dabei geht manchmal vergessen, dass die «Bürolisten» häufig eine wichtige Drehscheibenfunktion einnehmen, sei es zum Beispiel im Einkauf, in der Buchhaltung oder im Marketing. Und je besser Kaufleute ihre Branche kennen, desto besser fürs Kerngeschäft.
Die kaufmännische Grundbildung ist die mit Abstand am häufigsten absolvierte Lehre in der Schweiz. Dabei gehören alle KV-Lernenden einer von 21 Branchen an. Absolvierte ein Schulabgänger seine KV-Lehre in einer Schreinerei, erfolgte dies bis vor einem Jahr in der Branche «Dienstleistung und Administration». Warum also braucht es die neue KV-Branche «Bauen und Wohnen», die seit 2012 angeboten wird?
Einerseits sind die Anforderungen an die kaufmännischen Mitarbeitenden gestiegen, gefragt sind vermehrt Flexibilität und vernetztes Denken. Andererseits gehört die Baubranche hierzulande zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen. Baukette Schweiz will mit «Bauen und Wohnen» eine branchenspezifische Ausbildung bieten sowie das Know-how der KV-Abgänger langfristig in der Branche behalten.
Die KV-Lehre «Bauen und Wohnen» dauert drei Jahre. Die Berufsfachschulen übernehmen wie bisher die allgemeinen wirtschaftlichen Fächer und die Lehrbetriebe die Arbeit in der Praxis. Baukette Schweiz ist für die Organisation und Durchführung der betrieblichen und überbetrieblichen kaufmännischen Grundbildung zuständig.
Ausgebildet werden kaufmännische Lernen-de aus allen Bereichen der Bauwirtschaft, seien es Grossbetriebe wie beispielsweise Egokiefer, Handelsunternehmen wie Hiag oder ausführende Firmen wie Schreinerei-, Zimmerei-, Bodenleger-, Spengler-, Plattenleger-, Elektro- oder Dachdeckerbetriebe, Hochbau- oder Tiefbauunternehmen, Planungsbüros oder Total- sowie Generalunternehmen. Markus Bühlmann, Geschäftsführer der Baukette Schweiz, zählt die ersten Lehrbetriebe der neuen KV-Branche zu den Pionieren. «Manche Lehrbetriebe warten noch ab, bis sich Verbände der Baukette Schweiz anschliessen», ergänzt Markus Bühlmann (siehe Interview rechts) .
Der Lehrgang ist im letzten August erfolgreich gestartet, über 200 Lernende wählten die Branche «Bauen und Wohnen». Aus den holznahen Bereichen sind mehr als 23 Lernende dabei. Dies entspricht mehr als 10% der Lehrverhältnisse der neuen KV-Branche. Von Anfang an dabei ist die Zimmerei Kühni AG in Ramsei, welche in den Bereichen Holzbau, Schreinerei, Fenster und Bodenbeläge tätig ist. Für Eveline Kühni, Leiterin Administration und Betreuerin der KV-Lernenden, sind die Vorteile der neuen Branche klar: «Die Ausbildung ist nah an der Realität. Tauschen sich die Lernenden untereinander aus, geht es um aktuelle The-men aus der Praxis.»
In insgesamt sechs überbetrieblichen Kursen (ÜK) erlangen die Lernenden branchenspezifische Fachkompetenzen. Als roter Faden dient der Bau eines Hauses.
Vermittelt wird, wie die am Bau involvierten Akteure zusammenarbeiten: Wann kommen Bauherr und Planer ins Spiel, wann und wie braucht es die Gemeinden, Banken und Verbände?
In den ÜK wird die Brücke zwischen theoretischem Schulstoff und Arbeitsalltag im Lehrbetrieb geschlagen. Zum Beispiel wird das Thema Unfallversicherung als Theorie in der Schule behandelt. In den ÜK wird das Thema Arbeitssicherheit anhand konkreter Beispiele vertieft. Und im Lehrbetrieb erfährt der KV-Lernende, wie das Thema bei der täglichen Arbeit gehandhabt wird.
Die ÜK dauern insgesamt 14 Tage und werden an zehn Standorten in der Deutsch- und Westschweiz angeboten: In Aarau, Dag- mersellen, Bern, Sargans, Winterthur, Zürich, Marly, Tolochenaz, Vevey und seit diesem Sommer auch in Spiez.
Neben den ÜK-Lehrmitteln werden im Unterricht modular aufgebaute Branchenkunde-Lehrhefte verwendet. Zu den 15 Basisthemen gehören etwa Fenster, Türen und Treppen. Je nach Bereich, Lehrbetrieb und Interesse sind zusätzliche Hefte erhältlich, beispielsweise zu Einbauten und Küchen, Bodenbelägen oder Oberflächenbehandlungen. Ausserdem steht den Lehrbetrieben und Lernenden eine interaktive Plattform zur Verfügung. Die webbasierte Anwendung «time2learn» hilft bei der Ausbildungs- und Lernplanung.
Die neue kaufmännische Branche wird von Baukette Schweiz getragen, einem Zusammenschluss von Unternehmen und Institutionen des Bau- und Wohnbereichs. Als Basis dient die neue Verordnung des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie über die berufliche Grundbildung «Kauffrau/Kaufmann mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis EFZ» sowie die Bildungsverordnung Bivo 2012.
Baukette Schweiz finanziert sich einerseits über die Träger, das heisst über Verbände und Einzelfirmen. Die Mitglieder leisten einen Beitrag zum Grundbetrieb wie Entwicklung, Organisation und Schulung. Andererseits kommen die direkten Einnahmen für die Kurse sowie die Subventionsbeiträge der Kantone hinzu.
In Zukunft wird Baukette Schweiz unter anderem Laufbahnberatungen und zusätzliche ÜK-Durchführungsorte in Basel und St. Gallen anbieten. Auf Sommer 2015 wird ein Stellenportal für Lehrstellensuchende und Lehrabgänger zur Verfügung stehen.
Zu diesem Zeitpunkt werden auch die ersten ausgebildeten Kauffrauen und Kaufmänner der Branche «Bauen und Wohnen» auf dem Markt sein. Gut zu wissen: Nach Lehrabschluss ist es durchaus möglich, ebenso ausserhalb eines baurelevanten Bereiches zu arbeiten, da alle KV-Branchen den kaufmännischen Generalismus garantieren. Die Chancen stehen jedoch gut, dass ein bereits entfachtes Feuer für «hölzige» Themen den Wunsch weckt, weiterhin mit und für Schreiner zu arbeiten.
www.kuehni-ag.chVeröffentlichung: 18. Juli 2013 / Ausgabe 29-30/2013
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