Augen auf beim Nachrüsten

Zwei solcher Abschlusstüren wurden komplett umgebaut und mit modernen Beschlägen ausgerüstet. Bild: SZ, Philipp Heidelberger

Sicherheit.  Oft muss es schnell gehen, wenn eine bestehende Tür angepasst oder ein defekter Beschlag ausgewechselt werden muss. In sensiblen Bereichen lohnt sich aber ein seriöses Abklären der Situation, um die Funktion sicherzustellen und den Vorschriften zu genügen.

Oft werden Schreiner gerufen, um defekte Türen zu reparieren. Wo das Problem genau liegt, zeigt sich dann jeweils erst vor Ort. Dort stellt sich heraus, dass der Auftraggeber ohnehin schon lange ein anderes Schloss möchte oder einen Türöffner nachrüsten will. In Einfamilienhäusern sind solche Anpassungen meistens relativ unproblematisch. «In öffentlichen Bauten oder Mehrfamilienhäusern können solche Änderungen aber heikel sein», sagt Daniel Moser, Geschäftsführer der Moser Sicherheit AG. Das Zuger Unternehmen aus Cham deckt vom 24-Stunden-Notfalldienst bis zur Umsetzung von Grossprojekten den ganzen Sicherheitsbereich rund um Türen ab.

«Sobald es sich um Brandschutz- oder Fluchtwegtüren handelt, muss man wissen, was man tut», erklärt Moser. Im besten Fall fällt eine Änderung bei einer Kontrolle gar nicht auf und es kommt nie zu einem Zwischenfall. In einer Notsituation können aber einfache Details über Leben oder Tod entscheiden. «Im Alltag stellen wir aber immer wieder fest, dass den Beteiligten gar nicht bewusst ist, um was für eine Tür es sich handelt», erzählt Daniel Moser.

Die Konstruktion kennen

Geht es um eine bestehende, neuere Brandschutztür, kann der Schreiner relativ schnell und einfach anhand der VKF-Zulassungsnummer auf der Plakette herausfinden, was für eine Konstruktion im konkreten Fall vorliegt. Weitere Anhaltspunkte liefern Türdokumentationen, die heute in der Regel der Bauherrschaft oder dem Eigentümer mitgeliefert werden. Mithilfe dieser Informationen kann man schnell herausfinden, welche Beschläge an dieser Tür zugelassen sind. Muss zum Beispiel ein defektes Schloss ausgewechselt werden, das nicht mehr verfügbar ist, kann so schnell eine passende und geprüfte Alternative gefunden werden. Vereinfacht wird dies durch die sogenannten «Schlossfamilien», welche den Einbau bestimmter Schlösser erlauben, selbst wenn diese in der vorliegenden Konstruktion nicht geprüft wurden (siehe SZ-Nr. 36/2009, Seite 8) .

Kniffliger gestaltet sich die Situation, wenn es sich beispielsweise um eine ältere T30-Brandschutztür handelt. Meistens kann man da nur noch schwer eruieren, um was für eine Tür es sich konkret handelt, und die damals verwendeten Beschläge sind heute kaum noch erhältlich. «Wenn man andere Beschläge einsetzt, bewegt man sich streng genommen in einem Graubereich», erklärt Moser. Aufgrund eines defekten Beschlags aber gleich eine neue Brandschutztür einzusetzen, wäre in vielen Fällen unverhältnismässig. Wer auf Nummer sicher gehen will, spricht sich dann mit den Brandschutzbehörden ab. «Setzt man nachweislich einen vergleichbaren oder sogar besseren Beschlag ein, welcher sich auch in ähnlichen Kon-struktionen bewährt hat, haben die Behörden meistens Verständnis dafür», berichtet Moser.

Brandschutzfunktion ausser Kraft

Der Sicherheitsexperte triff aber insbesondere im Bereich der Zutrittskontrolle immer wieder unzulässige Situationen an. Vielfach handelt es sich dabei um Brandschutztüren in Fluchtwegen, die mit einem Türöffner nachgerüstet werden. In Verbindung mit einer Zeitschaltung wird so sichergestellt, dass die Tür zum Beispiel während der Bürozeiten unverschlossen ist. Oder mit einem Nottaster kann die Tür im Brandfall als Fluchtweg genutzt werden. «Dabei geht aber häufig vergessen, dass die Tür aus brandschutztechnischer Sicht während der Zeitschaltung oder nach dem Betätigen des Nottasters offen ist und somit ihre Funktion nicht mehr erfüllt», erklärt Daniel Moser. Eine einfache Lösung stellt dann zum Beispiel ein Schloss mit Doppelfalle dar. Dadurch ist sichergestellt, dass eine Falle die Tür im Brandfall geschlossen hält.

Zusätzlicher Faktor Denkmalschutz

Noch schwieriger gestaltet sich auch ein Umbau oder Nachrüsten von Türen, wenn der Denkmalschutz ins Spiel kommt. Die von Büren + Sommer AG hat schon einige solcher Projekte umgesetzt und viele Erfahrungen gesammelt. «Oft wäre es natürlich billiger, eine komplett neue Tür einzubauen. Aber je nach Situation ist das aus Sicht des Denkmalschutzes nicht möglich», erzählt der Geschäftsführer der Schreinerei aus Berg TG, Roland von Büren.

Als konkretes Beispiel nennt er Abschlusstüren in einem Treppenhaus eines Pflegeheimes: Die alten, denkmalgeschützten Türen mit zwei Flügeln, Seitenteilen, Oberlicht sowie Füllungen aus Glas und Holz entsprachen nicht mehr den modernen Anforderungen bezüglich Brandschutz und Fluchtwegen.

Zuerst vorgesehen war der Einbau einer neuen, vorgesetzten Türfront. «Das kam aber nicht in Frage. Für ältere Personen ist es mühsam, wenn sie zwei kurz aufeinander folgende Türen öffnen müssen. Zudem wäre dadurch im Treppenhaus viel Platz verloren gegangen, was sich negativ auf den Fluchtweg ausgewirkt hätte», erklärt Roland von Büren.

Türen komplett umgebaut

Also entschloss man sich dazu, die bestehenden Türen umzubauen und so auszurüsten, dass sie einer modernen, geprüften Brandschutztür entsprechen. «Bei solchen Arbeiten gilt es als Erstes, eine zugelassene Konstruktion zu finden, welche den verschiedenen Ansprüchen gerecht wird», sagt von Büren. Da die Schreinerei dem Feuerschutzteam angehört, kann sie hier auf einen grossen Fundus an verschiedensten Konstruktionen zurückgreifen.

Darin finden sich sogar geprüfte und zugelassene Türen mit Fischbändern und aufgesetzten Schlössern. «Bei den Fischbändern muss man sich aber bewusst sein, dass diese ursprünglich nicht für so hohe Türgewichte gedacht waren, wie sie heute im Brandschutzbereich vorkommen. Das kann einen höheren Wartungsaufwand mit sich bringen oder man muss die Bänder allenfalls früher austauschen als üblich», gibt Roland von Büren zu bedenken.

Tür muss nach aussen öffnen

Im vorliegenden Fall konnte aber in Absprache mit dem Denkmalschutz auf moderne Beschläge zurückgegriffen werden. Weil die Tür aber ursprünglich nach innen öffnete, musste alles so umgebaut werden, dass sie nach aussen öffnet, um den Fluchtweg sicherzustellen. Um dies zu bewerkstelligen, war der Einsatz von verlängerten Bändern nötig (Bild Titelseite) . «Hier darf man aber die grössere Hebelwirkung und die dadurch entstehenden Kräfte im Bandbereich nicht unterschätzen», sagt Roland von Büren.

Ebenfalls problematisch im Hinblick auf die Fluchtwegsituation war die zu geringe Durchgangsbreite: Dies konnte die Schreinerei lösen, indem sie den festen Flügelteil entsprechend kürzte und am anderen Flügel ansetzte. Natürlich mussten auch die Türstärke, die Füllungen und Gläser sowie Wandanschlüsse entsprechend angepasst werden. Trotz vieler Anpassung gelang es aber, die ursprüngliche Optik der alten Tür weitestgehend zu erhalten.

Das Risiko nicht wert

Da Umbauten und Anpassungen von bestehenden Türen je nach Situation sehr schnell heikel, komplex und somit auch teuer werden können, empfiehlt es sich, die Bauherrschaft und die verschiedenen Behörden frühzeitig zu informieren und auf die Problematiken aufmerksam zu machen. Beide Experten bestätigen allerdings, dass leider oft der Kostenfaktor im Vordergrund stehe. Sich deshalb aber auf unsaubere Lösungen einzulassen, steht für sie ausser Frage. Dies sei das Risiko nicht wert und davon müsse man den Kunden mit fachlichem Know-how überzeugen.

www.moser-sicherheit.chwww.vonbuerensommer.ch

Fluchttürtauglicher Einlassdrücker

Wie die Schlossfabrik Heusser mitteilt, kommt es vermehrt vor, dass die Türenhersteller gewisse Türen, in denen der nicht EN 179 (fluchttürtauglich) kompatible Drücker «653S» eingebaut ist, umrüsten müssen. Dies kann zum Einen durch den Einsatz des «655S» erreicht werden – dazu muss jedoch die Tasche vergrössert werden.

Dies bedeutet allerdings einen erhöhten Arbeitsaufwand und die Anpassungen am Türblatt können im Widerspruch zur Brandschutzsicherheit stehen. Deshalb hat der Schlosshersteller eine weitere Möglichkeit entwickelt: Diese besteht aus der Schale des «653S», kombiniert mit dem EN-179-Drücker aus der Einlassschale «655S» (rechts im Bild) . Weil sich der Drücker aber etwas näher am Rand befindet, muss ein Schloss mit einem geringeren Dornmass eingesetzt werden. Dafür kann der Austausch ohne Veränderung der Tasche erfolgen.

www.heusser-schloss.ch

ph

Veröffentlichung: 16. April 2015 / Ausgabe 16/2015

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