Aus einem Guss

Die Chesa Plattner in Pontresina gehört zum Konzept «Alpine Lodging». Der monolytische Baukörper hat die Form eines behauenen Steins. Bild: Ralph Feiner

Massivholz.  Die Gäste sollen merken, dass sie im Engadin sind. Das ist Teil der Philosophie der Ferienhäuser «Alpine Lodges» in Pontresina. Der Schreiner Ramon Zangger hat daher für den Innenausbau der Wohnungen vor allem massives Arvenholz eingesetzt.

Was sieht der Gast, wenn er in Pontresina aus dem Fenster schaut? Er erblickt hauptsächlich die schroffen Felsen der Bernina-Gruppe und mit Arven-Lärchen-Wäldern bestockte Steilhänge. Darauf bezieht sich die Materialwahl für die Chesa Plattner: Der Beton steht für das Gestein, der Wald ist mit dem Arvenholz vertreten. «Das Grundprinzip ist einfach und in allen Wohnungen gleich», sagt der Schreiner Ramon Zangger, den die Bauherrschaft direkt mit dem Innenausbau und der Möblierung der Apartments betraut hat. Die einzigen zwei eingesetzten Holzarten sind Arve und Eiche. Stark beanspruchte Bereiche und Bauteile sind in geöltem Eichenholz ausgeführt – also die Türen, die Fenster, die Verkleidung der Loggien und die breiten Bodenschwellen zwischen den einzelnen Räumen. Auch die Tischbeine – sie durchdringen die Tischplatte aus Arvenholz – sind aus Eichenholz gefertigt, ebenso die Stühle von Horgenglarus.

Eine bevorzugte Lage

Die Chesa Plattner liegt an ruhiger Lage mitten im Dorf. Ihr Entwurf stammt vom Pontresiner Architekten Hans-Jürg Stricker. Durch die etwas erhöhte Hanglage eröffnet sich den Gästen eine schöne Aussicht auf die Kulisse der Oberengadiner Bergwelt. Das viergeschossige Gebäude ist mit seiner Höhenabtreppung der verschiedenen Nutzungen in die Topografie des Hanges integriert. Es beinhaltet auf den drei Wohngeschossen gesamthaft zehn Ferienapartments mit 2-Zimmer- bis 4-Zimmer-Einheiten. Neben den Allgemeinräumen wie Keller, Technik- und Lagerräumen sowie einer Tiefgarage im Untergeschoss verfügt das Gebäude auch über eine Wellnessanlage und einen Fitnessraum im Sockelgeschoss.

Reduktion auf das Wesentliche

«Es stellte sich die Frage, was mit diesen anspruchsvollen Grundrissen zu machen ist», so Zangger. Das Gebäude hat eine eigenwillige Form, entsprechend verwinkelt präsentierten sich ihm die Grundrisse. Um die erforderliche Wohnungsausstattung darin zu integrieren, bedurfte es einer klugen, auf alle Apartments gleichermassen übertragbare Lösung. Zangger spricht in diesem Zusammenhang von Möbelwänden. Das prägende Element der Wohnungen sind die Innenwände aus unbehandeltem Arvenmassivholz. Sie bilden in Kombination mit einem von bakelisierten Multiplexplatten eingefassten Arvenholzrahmen ein ganzes Möbel oder den Bestandteil eines Möbelstücks. Eine derartige Konstruktion findet sich im Wohn- und Essbereich aller Wohnungen, wo sie gleichsam als TV-Möbel und Büchergestell dient. In den meisten Apartments trennt sie den Wohnbereich von einem Schlafzimmer. Auf der gegenüberliegenden Seite wird eine entsprechende Konstruktion dann zum Bestandteil des Bettgestells eines Doppel- oder Kajütenbettes. In ihr integriert sind immer auch gleich die Leuchten. Wo es sich ergab, sollte der Fassadenausschnitt im Bereich der Loggien im Innern eine gestalterische Fortsetzung finden und sich in einer Möbelwand, also in einem Wandausschnitt, fortsetzen. Die einfachen, klaren Formen bringen das dekorative Arvenholz schön zur Geltung.

Ein weiteres prägendes Element in den Wohnungen sind die Bänke. Sie seien der Bauherrschaft besonders wichtig gewesen, so Ramon Zangger. Vor allem in den grösseren Apartments ziehen sich nun lange, ebenfalls aus massivem Arvenholz gefertigte Bänke den Wänden entlang. Meist werden sie durch die «banc-porta» aus Zanggers Möbelkollektion ergänzt. Die Sitzbank aus naturbelassener Arve hat er im Jahr 2007 entworfen. Die Böden in den Wohnbereichen sind mit einem Hartsteinholz-Belag gegossen. In grünen Fliesen sind die Badezimmer gehalten, was einen spannenden farblichen Akzent setzt.

Individuelles Feriendesign

Bettina und Richard Plattner haben mit «Alpine Lodging» ein interessantes Konzept entwickelt. Es umfasst das Angebot stilvoll ausgebauter Ferienwohnungen in moderner alpiner Architektur. Auf den regionalen Bezug und Charakter der «Alpine Lodges» wird dabei besonderer Wert gelegt. Derzeit sind zwei Häuser integriert: das Haus Sandven in Klosters, ein renoviertes historisches Walserhaus, und eben die 2012 neu erstellte Chesa Plattner. Ein drittes Objekt, die ebenfalls in Pontresina stehende Chesa al Parc, befindet sich derzeit im Bau und soll Ende dieses Jahres eröffnet werden.

Die Gäste werden vor Ort persönlich betreut. In den beiden Häusern in Pontresina haben sie die Möglichkeit, aus einem breiten Angebot Zusatzleistungen zu buchen. Als Beispiele seien der Hauslieferdienst von Mahlzeiten, Babysitting, Bügelservice, individuelle Dekorationen oder verschiedene Pakete für Entspannung und Aktivitäten genannt. Dadurch erhält der Gast ein Angebot, das er auch in einem Hotel in Anspruch nehmen könnte. Er kann aber auch einfach nur die Ferienwohnung buchen. Der Aufenthalt lässt sich folglich den individuellen Wünschen entsprechend gestalten.

Weiterentwicklung des Konzepts

Die sich derzeit noch im Bau befindende Chesa al Parc kommt bezeichnenderweise am Rande des Parks des Hotels Saratz exklusiv zu liegen. Auf fünf vollen Geschossen und einer Galerie unter dem Dach werden eine 2,5- und vier 4,5-Zimmer-Wohnungen untergebracht, deren Grundrisse, im Gegensatz zur Chesa Plattner, praktisch quadratisch und identisch ausfallen. Die grosszügigen Apartments werden eine gehobene Klientel ansprechen.

Wiederum ist dasselbe Team wie bei der Chesa Plattner am Projekt beteiligt. So lässt sich das Konzept weiterentwickeln und präzisieren. «Die Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft und dem Architekten ist beispielhaft», sagt Zangger. Man lerne voneinander und nehme Impulse auf. Der höhere Anspruch der neuen «Alpine Lodge» müsse sich auch in der handwerklichen Konstruktion ausdrücken, sagt er. In den Räumen wird eine Schale aus Arvenholz sichtbar sein, die nicht bis zur Decke hochgezogen ist. Wo die Schale durch Einbauten aufgebrochen wird, sind diese mit Stoff bezogen. Zangger kehrt das Konstruktionsprinzip der Möbelwand in der Chesa Plattner demnach um, das Arvenholz tritt in den Vordergrund. Wiederum sind auch die Leuchten in die Konstruktion integriert. Als Lichtband auf der Schale angebracht, strahlen sie zur Decke. Ebenso werden die Bänke wieder eine Rolle spielen, so Zangger: Die Nischen vor den grossen Fenstern werden diese Funktion übernehmen.

Einen Nerv treffen

In seiner Arbeit ist Zangger der Bezug zur Region sehr wichtig. «In einer anderen Region würde ein derartiges Projekt auch anders aussehen. Der Ort muss im handwerklichen Ausdruck zu sehen und zu erleben sein. Die Arbeit muss aus dem Ort erwachsen und aus dem Vorhandenen schöpfen», sagt er. Jeder Schreiner habe die Möglichkeit, sich mit der Tradition und der Besonderheit seiner Region auseinanderzusetzen und sie weiterzuentwickeln. Diese Verbundenheit mit dem Ort suchten die Menschen im Engadin. Manchmal seien sie dann enttäuscht von dem, was sie vorfänden, so Zangger weiter. Er will den Menschen seine Verbundenheit mit dem Ort mitgeben. Das entspricht auch der Philosophie von «Alpine Lodging»: Die Gäste sollen merken, dass sie sich im Engadin befinden, austauschbares Design gibt es überall. Darin sieht Zangger letztlich die Chance für die Regionen und insbesondere für die Bergregionen, für die der Tourismus der Hauptwirtschaftszweig ist. Er ist überzeugt, dass das Konzept der «Alpine Lodges», gerade auch bei jungen Menschen, einen Nerv trifft.

www.ramonzangger.chwww.alpinelodging.chwww.arch-stricker.ch

Rückgang der Logiernächte

Verschiebung in die Städte

Die Destination Engadin St. Moritz kämpft seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise mit deutlich rückläufigen Logiernächten. So ist laut Daten des Amts für Wirtschaft und Tourismus Graubünden die Zahl der Logiernächte in der grössten Destination des Kantons von rund 1,95 Mio. im Jahr 2008 auf 1,58 Mio. letztes Jahr gesunken. Begründet wird diese markante Abnahme vielfach durch die hohe Abhängigkeit von Gästen aus dem Euroraum. Der starke Franken verteuert das Oberengadin um 20 bis 30 %. Dass dies jedoch nicht der einzige Grund sein kann, zeigt die Entwicklung der Hotelübernachtungszahlen zwischen 2000 und 2010: Laut einer Studie des Bak Basel stiegen diese in der gesamten Schweiz um insgesamt 1,89 Mio. an. Das Wachstum kam dabei ausschliesslich von den grossen Städten, während die Berggebiete einen negativen Wachstumsbeitrag leisteten. Die goldenen Zeiten, in denen die Touristen ins Oberengadin strömten, sind wohl vorbei. Das Hochtal, für das der Tourismus lebenswichtig ist, muss sich neu positionieren. Die Tourismusorganisation Engadin St. Moritz besinnt sich vermehrt auf die inländischen Gäste, bearbeitet neue Märkte wie Brasilien, Indien oder China – und will auf Qualität setzen, die den höheren Preis rechtfertigt.

rw

Veröffentlichung: 08. Mai 2014 / Ausgabe 19/2014

Artikel zum Thema

30. Juni 2025

Reichen gewinnt in gewohnter Umgebung

Schreinermeisterschaften. Die Schreinernationalmannschaft 2025 hat an der Technischen Fachschule Bern (TFB) ihren zweiten Wettkampf bestritten. Silvan Reichen, der an der TFB die Ausbildung absolviert, holte am meisten Punkte und den Tagessieg. 

mehr
26. Juni 2025

In der Geschäftswelt ist die Zahlungsmoral im Sinkflug

20,5 Prozent aller Business-to-Business-Rechnungen in der Schweiz wurden im ersten Quartal dieses Jahres verspätet bezahlt, wie eine Studie zeigt. Unternehmen in der Zentralschweiz begleichen demnach ihre offenen Beträge am zuverlässigsten.    

mehr

weitere Artikel zum Thema:

News