Ausprobieren lohnt sich

Hier könnten auch Tisch und Stühle vom Schreiner stehen. Apps helfen bei der Präsentation, den Kunden abzuholen. Bild: Roomle GmbH

Apps als Verkaufshilfen.  Das Tablet kann mehr, als dem Kunden Referenzbilder zu zeigen. Mit Apps zum Planen und kreativen Zeichnen lassen sich Präsentationen erstellen, die professionellen Ansprüchen genügen und im Kundengespräch helfen, die richtige Lösung zu kommunizieren.

Wer kennt das nicht? Man hat den Wunsch, schnell etwas zu skizzieren, ohne dass die Idee dann später nur auf einem Blatt Papier existiert, sondern auch verändert und weiter bearbeitet werden kann. Oder man möchte einen Raum zumindest grob visualisieren, um sich die Wirkung der Elemente und Farben besser vorstellen zu können. Und das alles bitte direkt im Wohnzimmer des Kunden.

Geeignete Werkzeuge dafür können Apps sein, mit denen sich auf vor Ort geschossenen Fotos skizzieren und kolorieren lässt, mit denen Bemassungen des realen Raumes visualisiert und diese in 3D-Ansicht durchstreift werden können. Und das Ganze mit mehr oder weniger Übung in Windeseile, sodass die Apps auch in einer kurzen Gesprächspause bedient werden können und so als nützliche Grundlage für die Planung dienen.

Ganz grob gibt es zwei Gruppen

Inzwischen steht für solche Aufgaben eine Fülle von sogenannten Raumplaner-Apps zur Verfügung. Diese funktionieren im Grundsatz stets ähnlich. Zunächst wird der Grundriss mit Fenstern und Türen nach Mass festgelegt, danach die Strukturen und Farben von Boden, Wand und Decke. Mit wenigen Klicks kann der Raum dann möbliert werden, zum Teil mit Standardformaten von Einrichtungsgegenständen, zum Teil aber auf der Grundlage von Katalogen der Möbelproduzenten. Je nach Modellvielfalt des jeweiligen Herstellers wie etwa USM Haller oder Wogg, die bereits Partner solcher Applikationen sind, lassen sich Formate, Oberflächen und Farben entsprechend verändern. Die Kataloge, mit denen die Anbieter der Apps arbeiten, enthalten zum Teil mehrere Tausend Möbelstücke, Dekorationselemente, Leuchten und Teppiche. Denn die wichtigste Zielgruppe der App-Anbieter ist der Konsument, der sein Zuhause neu einrichten und gestalten möchte. Manche bieten auch gleich die Bestellfunktion der ausgewählten Möbel mit an. Möbel von Kollektionsschreinern könnten dort natürlich auch auftauchen, machen sie aber bislang in der Regel nicht, sodass dieses Feld derzeit von den bekannten Markennamen belegt wird, unter anderem von vielen italienischen Produzenten.

Die andere Gruppe solcher Apps, die auch der Präsentation beim Kunden dienen können, ist kreativer. Hier geht es weniger um exakte Planungen als um Entwürfe, Skizzen und Collagen auf dem Tablet. Mittels eines Stifts oder direkt mit dem Finger kann frei skizziert, auf Bildern gemalt, oder es können ganze Präsentationen mithilfe von mehreren Ebenen erstellt werden, ähnlich einem Block mit Transparenzpapier. Das Zeichnen mit den Fingern ist allerdings nicht jedermanns Sache. Hier sollte man sich einen druckempfindlichen Stift besorgen, um die kreativen Apps auch wirklich ausprobieren zu können.

«Probieren geht über Studieren»

So manche der am Markt befindlichen Apps sind für einen professionellen Anspruch aber eher unbrauchbar. Von Vorteil ist, dass die meisten Apps kostenfrei verfügbar sind, zumindest in einer abgespeckten, oft mit Werbung versehenen «Light»-Version. Wer eine App ausprobiert, merkt recht schnell, ob ihm diese liegt und ob sie den eigenen Ansprüchen gerecht werden kann. Die meisten Apps funktionieren nur bei Internetverbindung tadellos, auch das sollte man beachten. Für alle Apps gibt es positive und negative Bewertungen von Nutzern, je nach Schwerpunkt und Anspruch. Deshalb gilt: «Probieren geht über Studieren». So lässt sich schnell für sich persönlich die Spreu vom Weizen trennen. Danach kann man die frei von Werbung und mit vollem Funktionsumfang versehene App kostenpflichtig installieren. Im Sinne der Zeitersparnis bei der Suche hat die SchreinerZeitung eine Auswahl interessanter Apps zusammengestellt.

Von Profis gemacht

Palette CAD ist Schreinern wohlbekannt. Aus demselben Haus gibt es auch die Raumplanungs-App «Palette@Home», die mit Besonderheiten aufwartet. Neben der App, die aufgrund des kleinteiligen Bedienermenüs auf möglichst grossformatigen Tablets zu bedienen ist, gibt es auch eine Online-Version, die kostenpflichtig auf der eigenen Website eingebunden werden kann. Die App ist übersichtlich und funktioniert einfach. Grundriss aufziehen, Ausbauelemente einfügen und den Raum mit Elementen gestalten. Der Entwurf kann dann in das Profi-CAD der Vollversion eingebunden werden. Ebenso ist es möglich, mit der App «Move» über die 3D-Betrachtung hinaus durch den Raum zu gehen. Ein Extra-Badplaner ist ebenso verfügbar. Das Speichern von Entwürfen ist möglich. Werbung taucht in der kostenlosen App erfreulicherweise keine auf. Weil die Kataloge im Hintergrund abgerufen werden, damit das Programm möglichst schnell läuft, sollte man online sein, auch wenn die App beschränkt auch offline zu bedienen ist. Verfügbar in allen App-Stores.

www.palettehome.de

Offen für Möbel

Die App «Roomle» stammt aus Österreich und setzt als Raumplanungs-App stark auf die Möbelkomponente. Die Betreiber sind offen für Möbel zur Einbindung in die App und gehen damit in Richtung des virtuellen Möbelhauses. Das Versprechen: «Ohne Training und Schulung kann jeder selbstständig Grundrisse zeichnen, Räume planen, Möbel auswählen, individuell konfigurieren und auf Knopfdruck kaufen. Das Ergebnis kann in überzeugenden 3D- und Augmented-Reality-Darstellungen erlebt werden.» Das Programm lässt sich tatsächlich leicht und übersichtlich bedienen. Die kosten- und werbefreie App gibt es für iOS-Geräte bei Online-Betrieb und auf der Internetseite selbst.

www.roomle.com

Auch Grafiktablet möglich

«AstroPad» stammt von zwei ehemaligen Apple-Ingenieuren. Im Zusammenspiel mit einem Mac soll das iPad damit zu einem vollwertigen, professionellen Grafiktablet werden, bedienbar mit dem Finger oder einem druckempfindlichen Stift, von denen die meisten zum System passen sollen. Dann lassen sich auf dem iPad Skizzen und Illustrationen erstellen und auch auf dem Mac mit entsprechenden Programmen weiterverarbeiten. Durch die Synchronisation der beiden Geräte erscheint alles, was auf dem iPad gezeichnet wird, auch auf dem Mac. Technisch soll das Ganze laut Kritiken inzwischen ausgereift sein, die Zeitverzögerung zwischen der Stiftführung und dem Erscheinen auf dem Bildschirm soll kürzer als je zuvor sein. Die App für das iPad ist kostenlos. Die dazugehörige Mac-Application kann auf der Website heruntergeladen werden. Es gibt zwei Versionen: «Standard» kostet einmalig 29,99 US-Dollar, «Studio» kann noch mehr und genügt eher künstlerischen Ansprüchen – für 7,99 US-Dollar im Monat bzw. 64,99 US-Dollar pro Jahr.

www.astropad.com

Grundrisse schnell erfassen

Mit der App «MagicPlan» soll man Grundrisspläne schnell und einfach erfassen und erstellen können. Dazu kommt nach einem in der App beschriebenen Vorgehen die Kamera von iPhone oder iPad zum Einsatz. Die einzelnen Räume werden dann einfach zusammengefügt, und fertig soll der Grundriss sein. Messungenauigkeiten gibt es dabei natürlich, weshalb die App für Einbaumöbel nicht geeignet ist. Was aber geht, das ist ohne aufwendiges Messen im schnell erstellten Grundriss mit neuen Raumaufteilungen zu spielen.

www.tecchannel.de

Lieblinge der Architekten und Designer

Die gesamte Palette von «Morpholio» umfasst mehrere Kreativ-Apps rund um das Entwerfen und Präsentieren, die von Architekten für die kreative Szene geschaffen wurden. «Trace» ist dabei für Schreiner vielleicht das interessanteste Angebot. Damit lässt es sich auf einem beliebigen Bild skizzieren und zeichnen, und das in immer neuen darüberliegenden Seiten wie bei Transparenzpapier. So lässt sich nicht nur die Treppe an die Wand zeichnen, sondern auch eine Einbauküche in einen Raum skizzieren, oder es können vorhandene Entwürfe einfach abgeändert werden. Daneben gibt es viele weitere Tools in der App-Familie, mit denen man sich kreativ austoben kann. Die Grundversionen sind kostenfrei, für «Trace pro» mit mehr Funktionen sind 13,99 Euro pro Jahr fällig. Die Apps gibt es nur für iOS.

www.morpholioapps.com

Einfach und vielseitig

Um «Home Design 3D» vernünftig nutzen zu können, braucht es die Vollversion für 6,99 Euro (Gold-Version 10,99 Euro). Denn daran ist eine Speicherfunktion gekoppelt. In der kostenlosen Variante kann man alle Funktionalitäten testen, muss aber auf die Vorlagen zurückgreifen. Dann fällt auch der Werbestreifen weg, der störend ist. Die App lässt sich einfach und übersichtlich bedienen. In der 2D-Ansicht lassen sich die Räume mit Türen, Fenstern, Zwischenwänden, Möbeln und Leuchten entwerfen und gestalten und in der 3D-Ansicht betrachten. Gut ist, dass man auch in der 3D-Ansicht die Bodentextur oder Wandfarbe ändern kann. Die Möbel sind in Form stilisierter Abbildungen vorhanden, womit sich nicht besondere Designansprüche bedienen lassen, aber es sich dafür produktunabhängig planen lässt. Im 3D-Modus lassen sich die Räume auch mit verschiedenen Tageslichtsituationen betrachten. Darüber hinaus ist auch der Aussenbereich abbildbar. Die App ist für alle Systeme verfügbar.

www.homedesign3d.net

Klassiker für Freihänder

Schon fast ein Klassiker unter den Zeichen-Apps ist «Paper» von Fiftythree. Es geht um das Festhalten von Ideen in Form von Notizen, Skizzen oder Fotos und das Verbinden miteinander. Die App ist schon länger am Markt und geniesst einen guten Ruf als Skizzen- und Malbuch – einfach ein Sketchbook. Die Übersichtlichkeit der App wird oft gelobt. Es gibt fünf Arten von Werkzeugen und drei weitere für Diagramme, eine Farbpalette mit 35 Tönen, die miteinander mischbar sind. Die App ist mit dem Finger oder einem druckempfindlichen Stift zu bedienen und kann auch für Präsentationen genutzt werden, bei denen sich die verschiedenen Darstellungsformen zu Collagen aus Texten, Fotos und Skizzen verbinden lassen. «Paper ist wie eine Pinnwand mit Post-its für alle Dinge, die inspirieren», so der Hersteller. Das Erstellen von Checklisten und Notizen soll besonders einfach und schnell gehen. Traditionell ist die App nur für iOS verfügbar.

www.fiftythree.com

Holzmustersammlung immer dabei

Die Schreinerei Drautzburg hat die erste und bislang wohl auch einzige Holzmus-ter-App auf den Markt gebracht. Darin sind derzeit 25 Holzmuster mit einigen knappen Informationen, die RAL-Farbkarte sowie mehrere Kollektionen von Holzwerkstoffanbietern hinterlegt. Besonders praktisch für alle, die mit dem Werkstoff Holz arbeiten. Die Holzmuster sind immer dabei, auch ohne schwere Mustermappen. In der Pro-Version für 4,99 Euro kann man die Holzmuster auch im Vollbildmodus betrachten, zudem ist die Version werbefrei, was bei der kostenfreien Light-Version nicht gegeben ist. Die Holzmuster-App gibt es nur für iOS.

www.schreiner-drautzburg.de

ch

Veröffentlichung: 16. März 2017 / Ausgabe 11/2017

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