Begeisterung als Erfolgsrezept

225 Gäste besuchten das diesjährige Schreinerforum im Trafo Baden. Bild: Beat Baschung

Unternehmertag.  Unter dem Motto «Mehrwerte schaffen – Kunden begeistern» gewährten am 7. Schreinerforum des VSSM Menschen mit unterschiedlichstem Werdegang Einblick in ihr persönliches Erfolgsrezept. Gemeinsames Fazit: Echte Emotionen sind der stärkste Mehrwert.

Die Schreinerbranche verfüge über viele besondere Gaben, sagte TeleZüri-Moderatorin Vanessa Meier zur Einleitung des Unternehmertags des VSSM, welcher am Mittwoch vergangener Woche im Trafo Baden AG stattgefunden hat. «Doch eines könnt ihr nicht so gut, euch selbst vermarkten», befand sie. «Da seid ihr zu bescheiden.» Auf die Bescheidenheit der Schreinerbranche ging auch Jürg Rothenbühler ein. «Ihr investiert Stunden und Herzblut, bevor ihr einen einzigen Franken seht», sagte der Zentralpräsident des VSSM. «Stärken nützen uns nur, wenn wir sie sichtbar machen und sie verrechnen.» Die Frage stelle sich, ob der Kunde nicht bereit ist, zu zahlen, oder ob die Schreinerinnen und Schreiner zu bescheiden sind, um ihren verdienten Anteil einzufordern. Damit sprach er ein zentrales Thema an, das Simon Schneider, Bereichsleiter Technik & Betriebswirtschaft beim VSSM, den Unternehmern zum Abschluss der Veranstaltung nochmals in aller Klarheit ans Herz legte: Planungskosten sollen klar ausgewiesen und verrechnet werden, denn sie stellen einen zentralen Teil des Auftrags dar.

Das Ergebnis vieler kleiner Schritte

Unkonventionelle Wege hat Geschäftsinhaber Markus Fust eingeschlagen. 1997 als Einmannbetrieb gestartet, zählt die Fust AG in Wil SG mittlerweile 85 Mitarbeitende und verfügt mit der Online-Schreinerei Ecoleo und der Pulverbeschichtung Woodcoat über drei stabile Standbeine. Gemeinsam mit Serge Eggler, Geschäftsmitglied und Leiter der beiden Divisionen, sprach Fust über diesen erfolgreichen Weg. Mit einem Online-Möbelkonfigurator gegen einen Riesen wie Ikea zu bestehen, sei eine grosse Herausforderung gewesen, sagte Eggler. «Alle Aktivitäten der Kunden werden aufgezeichnet und ausgewertet», erklärte er. Man habe aber bewusst Grenzen gesetzt bei Ecoleo. Wichtig sei die Einfachheit in der Bedienung. «Ecoleo ist die Dreistern-Lodge mit Self-Check-in», beschrieb er das System. «Und wenn Ecoleo die Dreistern-Lodge ist, dann will die Schreinerei das Fünfsternehotel sein», ergänzte Fust. Die heutigen drei Standbeine des Unternehmens seien das Ergebnis vieler kleiner Schritte, sagte er. Diese seien geprägt gewesen von Wagemut, Rückschlägen, Meilensteinen und von Glück. «Wir haben immer die Nischen gesucht», sagte Fust, denn wenn man produziere, was eh schon alle machen, dann entscheide der Preis. «Wir wollen besser sein, nicht billiger.» Es seien schon immer neue Technologien gewesen, welche die Menschen vorangebracht hätten, erklärte Eggler. Es gelte, diese zu erkennen und zu nutzen. «Stillstand ist riskanter als Risiko», befand Fust. Und sprach zum Abschluss noch ein Thema an, das ihm besonders am Herzen liegt: «Unser Modell funktioniert nur, wenn wir alle ausbilden.» Man müsse die Jungen begeistern. Denn: «Spannende Unternehmen ziehen spannende Mitarbeitende an.»

Die persönliche Grundhaltung kennen

«Alle sagten, es geht nicht, dann kam einer, der hat das nicht gewusst und hat es gemacht», so beschrieb Erica Müller die Entstehungsgeschichte der Curdin Müller SA, welche sie 2017 gemeinsam mit ihrem Mann in Strada GR gegründet hat. Die beiden setzen auf Nachhaltigkeit und Regionalität. Als Leiterin des zugehörigen Möbelladens Butia Curdin Müller in Scuol, weiss Erica Müller, welchen Wert der persönliche Kontakt zu Menschen hat. Man müsste der Kundschaft mit Freude und Überzeugung gegenübertreten, ist sie überzeugt. «Es genügt nicht, dass das Produkt perfekt ist, das ist man vom Schreiner gewohnt», meinte sie. Man müsse sich auch die Frage stellen, wie man zu Kunden kommt, die zu einem passen, ist sie überzeugt. «Dafür ist es wichtig, seine Grundhaltung zu kennen, sie immer wieder zu hinterfragen, um auf Kurs zu bleiben, und sie so sichtbar wie möglich zu machen.» Müller griff auch das Thema der Planungskosten nochmals auf. «Früher haben wir diese nicht in Rechnung gestellt, und es schien uns richtig so», erzählte sie und fügte mit einem Lächeln an: «Ein Hobby braucht man ja.» Doch später, als ihnen bewusst geworden sei, wie umfangreich die Planungsleistung ist, hätten sie begonnen, diese einzurechnen. «Unsere Planungsarbeiten haben ihren Wert und werden wertgeschätzt. Wir dürfen diese in Rechnung stellen, damit nicht nur der Kunde einen Mehrwert hat», befindet sie mittlerweile. Und wenn man überzeugt sei, dann sei es meist auch kein Problem für das Gegenüber.

Neid auf die Schreinerbranche

Als Inhaber der Klimamacher AG in Arbon TG kennt Dennis Reichardt ähnliche Herausforderungen wie die Schreinerbranche. Dabei erwähnte er insbesondere die Digitalisierung, die künstliche Intelligenz, den «Fachkräftebedarf», wie er es ausdrückte, und die steigenden Kundenerwartungen. «Wir müssen mit weniger Leuten mehr machen, deshalb müssen wir unsere Prozesse überdenken», meinte er. Um den Aufwand zu reduzieren, können Kunden ihre Daten und die gewünschte Dienstleistung direkt in einem Online-Tool erfassen und erhalten auf Knopfdruck eine Offerte. So müsse man nicht bei der ersten Anfrage beim Schreiner vorbeigehen und habe gleich einen Kontakt, erklärte Reichardt. Er sprach sich daneben auch klar dafür aus, die Planung zu verrechnen. «Wir sagen dem Kunden, dass die Offerte kostet, und wenn der Auftrag kommt, dann ist es inklusiv», sagte er. So merke man auch gleich, ob es der Kunde ernst meint.

Als neuer Zentralpräsident des Gebäudetechnikverbands Suissetec griff Reichardt ausserdem das Thema der Sichtbarkeit und der Emotionen auf. «Wir von der Gebäudetechnik schauen schon ein wenig neidisch auf eure Branche, denn ihr kreiert Emotionen, da habt ihr einen Riesenvorteil», konstatierte er. «Ihr müsst euch nicht verstecken», meinte er und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: «Ihr müsst einfach schauen, dass wir euch nicht überholen.»

Reklamationen sind ein Fest

«Dienstleistungskompetenz aus Sicht eines Butlers», präsentierte Zita Langenstein. Die Leiterin Weiterbildung bei Gastrosuisse verriet als diplomierter Butler – nicht Butlerin – in einem unterhaltsamen Referat, wie es gelingt, «das Gewöhnliche aussergewöhnlich gut zu tun». Dabei unterschied sie zwischen den Basisleistungen, die der Kunde voraussetzt, den Standards, die er erwartet, dem Erwünschten und dem Unerwarteten, das den Kunden begeistert. Oft seien es die kleinen Dinge, die den Unterschied machen. Sich den Namen eines Kunden zu merken und diesen auch richtig zu schreiben, den Menschen die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, auf ihre Bedürfnisse einzugehen oder sie zur Tür zu begleiten, obwohl sie wissen, wo der Ausgang ist. Ihre Tätigkeit als Butler sieht Langenstein nicht als Beruf, sondern als Berufung. «Ich habe mich 20 Jahre lang bei der Butlerschule in London beworben – und 20 Jahre wunderschöne Absagen erhalten, so schön, dass ich mich gefragt habe, ob das nun wirklich eine Absage ist», erzählte sie mit einem Lächeln. Doch dann nahm die renommierte Butlerschule Kontakt zu ihr auf und Zita – «alle unter Ihnen, die einen Butler haben, wissen, dass man Butler mit dem Vornamen anspricht» – wurde als erste Frau dort aufgenommen. «Ich liebe es, zu dienen», erklärte sie offen. Sie sei sich bewusst, dass das Wort «dienen» in der heutigen Zeit eher negativ besetzt ist, doch es gebe keinen Beruf, in dem man nicht dient. «Und wenn ich sehe, wie viel Nachholbedarf wir noch haben, dann müsste ich noch drei weitere Leben dienen.»

In ihrem Vortrag zeigte Langenstein ausserdem das überraschende Ergebnis einer Umfrage auf, wonach die Anzahl der Kunden, die zu einem Unternehmen zurückkehren, höher ist, wenn sie nach einer Reklamation vollkommen zufriedengestellt werden konnten, als wenn dies gleich beim ersten Versuch der Fall war. «Reklamationen sind ein Fest», konstatierte Langenstein.

Kunden als Fans gewinnen

Genau gleich sah das auch Hubert Waeber, CEO der AHG Group mit zwölf Garagenbetrieben zwischen Bulle FR und Biel BE: «Ich liebe Reklamationen, daraus gibt es die besten Fans», erklärte er. Wie seine Vorrednerinnen und Vorredner sprach auch er die Emotionen an und meinte: «Es ist wichtig, dass ihr und eure Mitarbeitenden Fans von eurem Unternehmen seid, denn nur so gewinnt ihr auch die Kunden als Fans.» Als Verwaltungsratspräsident des HC Fribourg-Gottéron kennt sich Waeber mit dem Thema aus und sieht viele Parallelen zwischen Wirtschaft und Sport. Man müsse lernen, mit Misserfolg um- zugehen, die Ruhe zu bewahren und ehrlich zu kommunizieren. Denn nur so könne man Vertrauen schaffen. «Um seine Ziele zu erreichen, darf man die Vision niemals aus dem Kopf verlieren», erklärte er und wagte dabei folgende Prognose: «In den nächsten drei Jahren wird Fribourg Schweizermeister.»

Eine eigene Spur ziehen

«Erfolg kommt nicht von folgen», hielt André Lüthi fest. Als Verwaltungsratspräsident und Mitbesitzer der Globetrotter Group AG in Bern blickt er auf einen aussergewöhnlichen Lebenslauf zurück. Immer wieder hat er seinen Kurs geändert und auf seinen unzähligen Reisen und Abenteuern viel über das Leben gelernt. «Es braucht Mut, auf den Bauch und das Herz zu hören und eine eigene Spur zu ziehen», sagte er. «In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.» Wenn die Leidenschaft nicht mehr da sei, müsse man etwas verändern. Die Führung eines Unternehmens verglich er mit einer Bergtour. «Bergführer und Gast wissen, wo sie hinwollen, das sollte in Betrieben mehr so sein», befand er und fügte an: «Wenn ihr führt, müsst ihr die Spur legen, dann aber nicht am kurzen Seil führen, sondern Vertrauen haben.»

Bevor die Gäste beim Apéro ihr Netzwerk vertiefen und über die gehörten Referate diskutieren konnten, griff Anita Luginbühl, Vizepräsidentin des VSSM-Zentralvorstands, die zentralen Werte in einem Schlusswort noch einmal auf und forderte die Anwesenden auf, ihre Begeisterung rauszutragen.

www.vssm.ch

Monika Hurni

Veröffentlichung: 04. Dezember 2025 / Ausgabe 49/2025

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