Begreifen auf digitalem Weg
Am Podium wurde eine Brücke geschlagen zwischen der digitalen und der analogen Materialwelt. Bild: Michael Lio
Am Podium wurde eine Brücke geschlagen zwischen der digitalen und der analogen Materialwelt. Bild: Michael Lio
Podium. Lassen sich Materialien digital abbilden? Dieser Frage widmeten sich die Referentinnen und Referenten vergangenen Freitag im Zentrum Architektur Zürich beim Podium zum Thema «Material denken. Ein Zusammenspiel zwischen Erkennen & Erfahren».
«Wie ist es möglich, Zweidimensionales in Dreidimensionales zu überführen?» Diese Frage stellte Hochparterre-Redaktorin Meret Ernst als Leiterin des Podiums in den Raum. Max Spielmann (Bild), Professor am Institut Hyperwerk der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel, erklärte, dass uns die Erfahrung lehre, Bilder mit haptischen Erlebnissen zu verknüpfen. Dazu brauche es Fleiss. Es helfe, die Materialien zu erleben, sie in der Praxis einzusetzen, zu erproben und zu fühlen. Häufig seien Materialien mit einem Ort verbunden. «Wir erinnern uns, wo wir dieses erlebt haben, und können so leichter eine Verknüpfung zu einem Bild herstellen.»
Das Prinzip des Materialarchivs, das die physische Anwesenheit von Materialproben mit einer multimedialen Datenbank verbindet, sei an sich nicht aussergewöhnlich, wohl aber seine Umsetzung, sagte Ann-Sophie Lehmann (Bild), Professorin für Kunstgeschichte an der Universität Groningen (NL). Hier seien digitale und analoge Materialpräsenz keine Gegensätze, sondern unterschiedliche Positionen innerhalb eines gemeinsamen Spektrums: der Materialwelt.
Für Mareike Gast (Bild), Professorin für Industrial Design an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (D) soll eine digitale Plattform «eine kritische, ehrliche und ergebnisoffene Auseinandersetzung mit dem Material, der Materialität, dem Kontext und der eigenen Verantwortung beim Nutzer provozieren und initiieren». Es sei möglich, haptische Eindrücke digital zu vermitteln, oft aber gar nicht nötig. Eine Online-Datenbank sei vielmehr die Grundlage, um Wissen zu bündeln und Materialien in einen Kontext einzuordnen.
Anthon Astrom (Bild), Mitinhaber des Designstudios Astrom, Zimmer & Tereszkiewicz in Zürich, erklärte, dass die technologische Grundlage der Online-Datenbank zwar komplex erscheine, tatsächlich aber der realen Welt entspreche. Denn, wie auch Spielmann bereits betont hatte, erfahre man Materialien immer im Kontext, verbunden mit einem speziellen Ort und dies sowohl in einer digitalen als auch in einer analogen Welt.
Das Netzwerk Materialarchiv hat seine Datenbank neu konzipiert. Die auf dem Wissensportal angebotenen Inhalte lassen sich nun besser finden und filtern, Werkstoffthemen werden so leichter verständlich. Die Datenbank steht in enger Verbindung zu den neun physischen Werkstoffmuster-Sammlungen der Schweizer Bildungseinrichtungen, welche den Verbund tragen. Dazu gehört seit Anfang des Jahres auch die Schweizer Baumuster-Centrale Zürich.
www.materialarchiv.chVeröffentlichung: 24. September 2020 / Ausgabe 39/2020
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